Ventilationsfenster-System "ClimaWin" soll Energieverbrauch senken

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"Das Leben macht einfach mehr Spaß in Wohnungen, die eine gute Luftqualität haben", sagt Joseph Rauh und führt durch seine Firma in Sassendorf. Fotos:Ronald Rinklef
"Das Leben macht einfach mehr Spaß in Wohnungen, die eine gute Luftqualität haben", sagt Joseph Rauh und führt durch seine Firma in Sassendorf. Fotos:Ronald Rinklef
 
 
 
 
 
 
 

Mit ihrem neuen Ventilationsfenster-System "ClimaWin" will die Firma Rauh SR Fensterbau den Energieverbrauch senken und trotzdem für genug Frischluft sorgen.

Damit die Luftqualität im Raum stimmt, muss regelmäßig gelüftet werden - das war zumindest bisher so üblich. Die neuen Ventilationsfenster der Firma Rauh SR Fensterbau aus Sassendorf erledigen das von selbst und sparen dabei sogar noch Energie.

"Wir verbessern kontinuierlich und nutzerunabhängig die Luft im Raum", erklärt Seniorchef Josef Rauh selbstbewusst in Bezug auf "ClimaWin". Die Nutzerunabhängigkeit ist dabei ein besonders wichtiger Punkt.
Im Mai 2009 wurde die Lüftungsnorm DIN 1946-6 veröffentlicht. "Diese Norm schreibt per Baugesetz vor, dass der Fensterbauer den Mindestlüftungsstandard einer Wohnung erfüllen muss - und zwar nutzer unabhängig.

Es ist dabei also egal, ob sich jemand in der Wohnung befindet oder nicht", fasst Josef Rauh den Inhalt kurz zusammen.
Durch die zunehmende Dämmung in den letzten Jahren - nicht nur bei Fenstern, sondern unter anderem auch bei Dachstühlen - wurde die Luftqualität im Wohnraum nämlich zunehmend schlechter.

Vor genau diesem Hintergrund ist das Lüftungssystem ClimaWin entstanden. Grundlage dafür war das Holz-Alu-Verbundfenster, für das die Firma Rauh bereits 2008 den Bayerischen Staatspreis gewonnen hat. Der Mehrfachnutzen dabei: Der Freiraum zwischen den beiden Glasscheiben hat einen großen Wärme- und Schalldämmeffekt.

Nutzerunabhängig lüften
Genau diese im Zwischenraum entstandene Wärme wird jetzt bei ClimaWin genutzt. Im Winter, wenn es draußen kalt ist, wird die Wärme ins Wohnungsinnere gelenkt. Im Sommer dagegen wird die Wärme nach draußen und stattdessen kühle Frischluft nach innen gelenkt.

"Unser Ventil lässt nur so viel Luft herein, dass die Luftqualität im Wohnraum passt", stellt Josef Rauh den Unterschied zu anderen Lüftungsventilen heraus, die es am Markt bereits gibt. Die verfügen nämlich nur über den "Bypass-Modus", der Frischluft direkt nach innen transportiert. Bei ClimaWin kommen der heizende und der kühlende Modus hinzu. Die Verwendung des neuartigen Ventils wird sich auf 150 bis 250 Euro pro Fenster belaufen.

Solarenergie und Funksensorik
Solarstrom durch Photovoltaikmodule und eine intelligente Funksensorik machen es möglich, dass das neue Lüftungssystem ganz automatisch funktioniert. Ein Raumkontroller misst dabei CO2 -, Temperatur- und Feuchtewerte. Die werden alle 15 Minuten zum Fensterkontroller kommuniziert.

In den Berechnungen für die Voreinstellungen der Software werden auch noch Werte wie Standort, Nord- oder Südseite und Dämmung des Hauses mit einberechnet. Es muss also nicht mehr zwingend gelüftet werden, da die Luft ohnehin permanent kontrolliert wird. Wenn die Pufferbatterie, die durch Sonnenenergie gespeist wird, mal keinen Strom mehr haben sollte, kann sie alternativ auch per Kabel geladen werden.

Jalousie ist wetterunabhängig
Im Zwischenraum der beiden Glasscheiben wurde außerdem eine Jalousie integriert, die von Wind und Regen unabhängig ist. Ein Lichtsensor an der Außenseite des Fensters sorgt dafür, dass sie rechtzeitig herunterfährt, bevor der Raum sich nennenswert erhitzen kann. Durch eine App auf dem Smartphone - auch von unterwegs - oder per Fernbedienung kann der Nutzer aber auch selbst Hand anlegen.

Durch das steuerbare Lüftungssystem können etwa 30 Prozent an Energie gespart werden, wie Stefan Rauh, Geschäftsführer von Rauh Fensterbau, einräumte. "Es braucht auch nicht jedes Fenster im Raum beziehungsweise in der Wohnung ein Ventil. Wir können berechnen, wo und wie viele benötigt werden", fügt er noch hinzu.
"In dieser Form ist das System eine Weltneuheit", sagt Stefan Rauh.

Bestätigung für die patentierte Entwicklung gibt es auch aus der bayerischen Landeshauptstadt: Auf der diesjährigen Handwerksmesse in München wurde das "Verbundfenster neuer Generation" mit dem "Bundespreis für hervorragende innovatorische Leistungen für das Handwerk" ausgezeichnet.

Momentan wird die Marktreife für das Ventil erzielt. "Von der Idee bis hierhin hat es sieben Jahre gedauert", erinnert sich Stefan Rauh. Im Oktober vorigen Jahres wurde dann eine eigene Firma für das intelligente Ventilationsfenster-System gegründet: Die ClimaWin GmbH. Die Mitarbeiter und der Unternehmenssitz sind mit denen der Firma Rauh identisch.

1,5 Millionen Euro Fördermittel
Im Rahmen des siebten EU-Forschungsprogramms wurde die Entwicklung der Technik mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert. Bei der Entwicklung unterstützt wurden die Firmen Rauh und ClimaWin vom dänischen Fensterbaubetrieb Horn Vinduer, von Solearth Ecological Architecture aus Irland sowie von den Universitäten Aalborg in Dänemark und Minho in Portugal. Leistungsparameter und Kenndaten wurden von der Frauenhofer Gesellschaft in Stuttgart und Holzkirchen bestätigt.

Um das Ventil und somit das vollständige Ventilationsfenster letztendlich auf den Markt zu bringen, müssen die notwendigen Press- und Fräswerkzeuge serienreif gemacht werden. Für diese Produktion werden noch Kosten von etwa 250 000 Euro anfallen.