Wasserkraft und Welterbezentrum machen eine Sanierung möglich, auf die viele in Bamberg seit Jahrzehnten gewartet haben.
Auf den ersten Blick sieht alles so aus wie immer: Vor einem von Spundwänden umfassten schmalen Flussgrundstück stehen die notdürftig zusammengehaltenen Reste der Sterzersmühle, eine Art städtebauliches Mahnmal, das mehrfach heftige Debatten um Architektur in
Bamberg auslöste. Und jede Menge Frust: Generationen von Kommunalpolitikern haben sich erfolglos daran abgearbeitet. Bislang.
Nun scheint der gordische Knoten durchschlagen. Auf dem Gehweg vor der benachbarten Bischofsmühlbrücke kündigen farbige Linien an, dass hier in Kürze Fernwärmeleitungen verlegt werden. Und auch im Rathaus stehen die Unteren Mühlen auf der Tagesordnung. Im Bausenat am Mittwoch wird es darum gehen, die letzten technischen und auch demokratischen Hürden vor dem Baubeginn auszuräumen.
Investor und Bauherr Johannes Kraus hat sich bei seinem Großprojekt offenkundig die Siebenmeilenstiefeln übergestreift. Schon nächste Woche soll mit dem planmäßigen Abbau der Sandsteinquader der Sterzersmühle begonnen werden - ein "vorgezogener Baubeginn!", der eine ganze Reihe von vorbereitenden Arbeiten einläuten würde. Dazu gehören die archäologischen Grabungen ebenso wie die komplizierte Baustelleneinrichtung mitten im Fluss, zur der eine Behelfsbrücke und eine Pontonfläche neben der Bischofsmühlbrücke gehören. Lange wurde laut Architekt Heinz Rosenberg nach einer Standfläche für einen Kran gesucht, um eine 30-Tonnen-Turbine am Stück einzuheben.
Weil dies nicht gelang, ist nun geplant, eine in Einzelteilen einzuhebende Kaplan-Turbine einzubauen. "Eine logistisch komplexe und auch sehr aufwändige Baustelle", sagt Rosenberg.
Maßarbeit ist auch der Abbau der alten Sterzersmühle. Jeder Stein wird maßstabsgetreu erfasst und durchnummeriert eingelagert, um den Gebäuderest hinterher originalgetreu in das Neubauvorhaben einbauen zu können. Glaubt man der städtischen Bauverwaltung, war eine Sicherung vor Ort nicht mehr möglich. In den 17 Jahren, die seit dem Einbau der Stützbalken vergangen sind, hätten sich die bis zu acht Meter hohen Wände großflächig verformt.
Welterbezentrum und Gastrofläche
Möglich geworden ist das Projekt Untere Mühlen durch eine Kombination von drei Nutzungen: Die Stadt will an diesem zentralen Punkt der Altstadt ihrer Verpflichtung nachkommen, ein Welterbezentrum mit Ausstellungsfläche zu schaffen, wofür freilich eine Miete aus dem Stadtsäckel nötig ist. Dazu kommt die Rendite durch eine Gastrofläche mit rund 130 Plätzen innen und außen sowie der Strom, den das Gefälle im Fluss erzeugt: der Bedarf von rund 340 Einfamilienhäusern wird dadurch gedeckt.
Für die meisten Fraktionen im Bamberger Stadtrat ist die Aussicht, dass in den Unteren Mühlen wieder Leben einkehrt, ein großer Schritt nach vorne. Insbesondere die CSU schreibt es sich auf ihre Fahnen, durch den Kontakt mit Investor Johannes Kraus wieder Bewegung in die festgefahrene Angelegenheit gebracht zu haben. "Mit dem Neubau der Unteren Mühlen wird ein großes Anliegen der CSU in die Tat umgesetzt. Wir waren nie für ein Moratorium", sagt der Vorsitzende der CSU-Fraktion Helmut Müller nicht ohne Seitenhieb auf eine von OB Starke (SPD) verordnete Zwangspause 2006. Dass die Bewertung der Architektur zwischen den Urteilen "zu modern" und "zu brav" schwankte, wertet Müller als Hinweis, dass ein guter Kompromiss gefunden wurde. "Es passt und tut nicht weh."
Dieser Sicht kann sich Ursula Sowa beim besten Willen nicht anschließen. Die grüne Stadträtin hat das Projekt aus mehreren Gründen abgelehnt: Weil die Vorschläge des Gestaltungsbeirats abgelehnt worden seien, obwohl der Entwurf deutlich hätte verbessert werden können. Sie kritisiert zudem, dass das Welterbezentrum von einem Investor gebaut und von der Stadt teuer gemietet werden muss. Aus diesem Grund will sie am Mittwoch auch vorschlagen, dem derzeit noch laufendem Wasserrechtsverfahren nicht durch ein Ja zum Baubeginn nächste Woche vorzugreifen. Die genaue Überprüfung sei zwingend, um die Auswirkungen der neuen Turbine auf die Wasserrechte der benachbarten Mühlen einschätzen zu können. "Das muss man ernst nehmen."
Ich finde, in dieser Angelegenheit bräuchte es keine " heftige Debatten um Architektur in Bamberg". Nichts passt sich besser der umliegenden Architektur an wie die blanken Reste der Sterzersmühle. Meinen Blick hatte das Gebäude generell beim Vorbeikommen und für mich war es im Ausdruck immer authentischer anzusehen wie das im Hintergrund stolz prahlende "Alte Rathaus". Man hätte die Ruine sehr wohl, natürlich mit einem nicht geringen finanziellen Aufwand, restaurieren gekonnt und das auch schon vor Jahrzehnten. Wenn dieses antike Gebäude erst zerlegt und an dieser Stelle wieder „hingetetrist“ ist befürchte ich, dass der alter Charme dadurch für immer verloren gegangen sein wird. Verloren zwischen einem Welterbezentrum mit Ausstellungsfläche und malerisch ergänzt durch ein Renditeobjekt mit Gastrofläche von rund 130 Plätzen. Und einem Generator in den Eingeweiden Fische häckselnd brummend wohnt und Strom aus dem Gefälle im Fluss erzeugt. Vielleicht noch erweitert durch einen Verkaufsstand mit goldfarbenen Winkekatzen, dann gefällt es wenigstens den Besuchergruppen aus Fernost.
L. G.