Unberührtes Tal um Bamberger Ottobrunnen ist weiter in Gefahr

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Etwa dort, wo sich in der Bild-Mitte die Wege kreuzen, liegt der Ottobrunnen, der dem noch unbebauten Tal den Namen gab. Rechts oben sieht man das Klinikum am Michelsberg, links das ehemalige Kloster St. Michael. Foto: Ronald Rinklef
Etwa dort, wo sich in der Bild-Mitte die Wege kreuzen, liegt der Ottobrunnen, der dem noch unbebauten Tal den Namen gab. Rechts oben sieht man das Klinikum am Michelsberg, links das ehemalige Kloster St. Michael. Foto: Ronald Rinklef
Das Labyrinth vor der Kulisse von St. Getreu und St. Michael liegt im Tal um den Ottobrunnen. Foto: Matthias Hoch/Archiv
Das Labyrinth vor der Kulisse von St. Getreu und St. Michael liegt im Tal um den Ottobrunnen. Foto: Matthias Hoch/Archiv
 

Der Verein "Bewahrt die Bergstadt" ist angetreten, in Bamberg den Bau einer Straße zu verhindern. 25 Jahre später sorgt sich der Verein nach wie vor um die historische Kulturlandschaft am Michelsberg. Bei seinem Ottobrunnenfest am Sonntag dürften deutliche Worte fallen.

Kommt die "Bergverbindung" durch die Hintertür? Im Dezember 1998 lehnte eine knappe Mehrheit der Bambergerinnen und Bamberger per Bürgerbegehren einen Straßenbau durch den Ottobrunnen ab. Doch die Gefahr ist nicht gebannt.

Glaubt man dem Verein "Bewahrt die Bergstadt" müssen sich Denkmal- und Naturschützer sogar wieder große Sorgen um die noch weitgehend unberührte Kulturlandschaft am Michelsberg machen.

Seit inzwischen 25 Jahren kämpft "Bewahrt die Bergstadt" gegen die drohende Zerstörung des Ottobrunnen-Tals. Das Jubiläum löst bei den Verantwortlichen des Vereins keine Freude aus.

Im Gegenteil: "Das größte Geschenk . . . wäre gewesen, wenn sich Vernunft über die Stadt ausgebreitet und einen Verein zur Abwendung von Bedrohungen der Lebensqualität in der Bergstadt überflüssig gemacht hätte", schreiben sie in der Einladung zum morgigen
Herbstfest am Ottobrunnen.

Ohrfeige für Verantwortliche

Die Ankündigung kommt einer Ohrfeige für alle gleich, die die Verkehrs- und Ansiedlungspolitik im Berggebiet zu verantworten haben. Und sie ist eine Kampfansage für die Zukunft.
Erster Vorsitzender Michael Rieger und sein Stellvertreter Achim Hubel, als ehemaliger Professor für Denkmalpflege weit über Bamberg hinaus bekannt, wollen weiterhin "entschieden gegen eine Politik vorgehen, die unser Recht auf eine gesunde Umwelt vermeintlichen wirtschaftlichen Sachzwängen opfern möchte".

Beide engagieren sich seit dem ersten Tag in der Bürger-Initiative, aus der später der Verein "Bewahrt die Bergstadt" wurde. Und beide hätten nicht geglaubt, dass sie nach 25 Jahren noch nicht am Ziel sind.

Das Ziel ist es, die seit 1000 Jahren fast unveränderte Tallandschaft rund um den Ottobrunnen vor weiteren Eingriffen aller Art zu schützen und Bewusstsein für den Wert dieses Stückes Natur zu wecken. Der Verein entstand, als man in Bamberg den Bau einer Straße als Ringschluss (mit Berliner und Münchner Ring) erwog. Sie sollte vom Cherbonhof im Stadtteil Gaustadt quer durch das Berggebiet zur Artur-Landgraf-Straße führen.

Problem erledigte sich nicht

Gegen diese so genannte Bergverbindung machte "Bewahrt die Bergstadt" mit Vorträgen und Veranstaltungen, kreativen Aktionen und harten Demos mobil. Die Niederlage der Befürworter im Bürgerbegehren "war unser großer Sieg", erinnert sich Hubel. Auch Rieger hoffte damals "dass sich das Problem ganz schnell erledigen würde". Sie sollten sich getäuscht haben.

16 Jahre später ist ein Straßenbau durch den Ottobrunnen immer noch Thema. Oder soll man sagen, wieder? Hubel und Rieger berufen sich auf die laufenden Voruntersuchungen für das geplante Sanierungsgebiet St. Getreu.

Das beauftragte Büro spiele alle möglichen Szenarien durch, wie die Probleme mit dem fließenden und ruhenden Verkehr im Berggebiet gelöst werden könnten. Ein Szenario sei die Verlängerung der Frutolfstraße durch den Ottobrunnen zur St. Getreu-Straße.

Rückendeckung der Heimatpflege

Stadtheimatpflegerin Stefanie Eißing, selbst Vorstandsmitglied im Bergstadt-Verein, sieht solche Überlegungen ebenfalls mit Sorge. Dass die Stadt betont "ergebnisoffen" nach einer Lösung sucht, zeigt ihr, dass eine Art Bergverbindung nicht ausgeschlossen wird. Genau das kritisiert sie. Es werde für dieses sensible Gebiet "alles Mögliche" erwogen: "Aber es ist halt da oben nicht alles möglich!"

Hubel ist sicher, dass es bei diesem Stück Straße nicht bliebe. Der Weiterbau nach Süden wäre nur eine Frage der Zeit, weil die vorhandenen Altstadt-Gassen den Verkehr nicht aufnehmen könnten. Er und sein Vorstands-Kollege zeigen sich für den Bergstadt-Verein entschlossen, die Klosterlandschaft weiter gegen Begehrlichkeiten aller Art zu verteidigen. Beim Fest wollen sie Tacheles reden.

"Man beschwichtigt uns immer"

Die Schuld an der verfahrenen Situation im Berggebiet gibt der Verein der Politik. Der Stadtrat habe immer wieder der Ansiedlung von Einrichtungen an Jakobs- und Michelsberg zugestimmt und Warnungen vor dem damit verbundenen Verkehrszuwachs nicht hören wollen.

Bemerkenswert erscheint Hubel im Rückblick, dass der Bergstadt-Verein anfangs von der Stadt vehement bekämpft wurde. Heute werde man "umarmt", was "fast schlimmer ist". Der Verein werde vor Entscheidungen zwar beigezogen, seine Einwände jedoch "auf die sanfte Tour" ausgehebelt: "Man beschwichtigt uns immer."

Dem Schmusekurs der Politik zum Trotz scheint der Vorstand neue Ideen für eine effektive Arbeit zu hegen. Sie sollen demnächst mit den rund 130 Mitgliedern abgestimmt werden.

Für Rieger ist das Weitermachen auch ein "persönliches Herzensanliegen". Er wolle, so der Bamberger, dass seine Kinder und Enkel die Denkmallandschaft rund um den Ottobrunnen noch unversehrt erleben können.