Thomas Gottschalk präsentierte im Buch & Medienhaus Hübscher seine Autobiografie und begeisterte sein Publikum.
Der "Herbstblonde" live! Wie nicht anders zu erwarten war, präsentierte sich Thomas Gottschalk im Buch & Medienhaus Hübscher, nur ein paar Gehminuten von seiner Geburtsstätte entfernt, bestens gelaunt als Entertainer der Sonderklasse. Die 200 Zuhörer - die Tickets waren in drei Tagen vergriffen - sind zum Großteil mit dem Franken, dem fast vier Jahrzehnte zuerst die Radio-, dann die Fernsehwelt zu Füßen lag, aufgewachsen und bereiteten ihm einen Empfang wie zu "Wetten, dass ?"-Zeiten, nur dass die Eurovisionsmelodie fehlte.
Diese Vorschusslorbeeren erwiesen sich letztlich auch als gerechtfertigt, denn er bewies eindrucksvoll, dass er nicht nur unnachahmlich erzählen kann, sondern auch schreiben. Kein Ghostwriter für seine Autobiografie "Herbstblond": "Ich bin für jedes Wort zuständig!" Nachdem sein Lebensweg "relativ geerdet" begonnen hatte, habe er ein "gutes Gefühl für Erdung" und sei nicht dem "Wahn der Promis" verfallen. Das Fränkische in ihm dominiert, Kulmbach und Bamberg statt Los Angeles und Malibu.
Zufallsgeschichten
Ihm gelang es geschickt, nach den Lesephasen immer wieder Zufallsgeschichten einzubauen, so traf er bei seinen Lesungen auch den Lehrer, der ihn beim Abitur unterstützte, oder die oder andere Liebschaft aus Kulmbacher Tagen. Und es sollte in Bamberg nicht anders sein: Als er sich nach der Lesung einer lockeren Fragerunde stellte, ergriff FT-Leser Klaus Rakette das Wort und erinnerte Gottschalk daran, dass er ihm seit Juni 1976 noch eine schwarze Memorex-Cassette schulde. Der Kulmbacher erinnerte sich sofort daran, es war zu "Pop-nach-Acht"-Zeiten, als Rakette ihm die neuesten englischen Hits zukommen ließ und er dann vergeblich auf die Rücksendung wartete. " Ich habe ihn 100-mal angemahnt, es ist nichts passiert", so der Walsdorfer, der dann in der letzten Gottschalk-Sendung am 20. Dezember 1980 von ihm sogar persönlich verabschiedet wurde.
Nun 35 Jahre später, das Wiedersehen auf der Bühne: Gottschalk beglich seine "Schulden" mit einer "Herbstblond"-Ausgabe. Doch Rakette war nicht der Einzige, der von ihm in den Arm genommen wurde. Der Ansturm auf den Franken war nach der Lesung riesengroß: Mit einer Engelsgeduld signierte er und erfüllte alle Fotowünsche, so dass die Nachspielzeit fast der Lese- und Erzählzeit gleich kam. Gottschalk-Euphorie pur in seiner Geburtsstadt.
Man kam ihm bei seinem gut einstündigen Bühnenauftritt gedanklich sehr nahe, denn er stellte nicht die Begegnungen mit allen Größen der Welt oder seinen rasanten Aufstieg zum Show- und Werbestar in den Mittelpunkt, sondern seine Zeit in Kulmbach, das er mit der Hochschulreife und als "erfahrener Liebhaber" verließ ("des hod gepasst!").
Erste Liebesaffäre
Zum Erzähl-Höhepunkt avancierte seine erste Liebesaffäre. "Ich musste grausame Zurückweisungen erfahren, ich war kein Draufgänger und verlor erst mit 20 meine Unschuld", plauderte er frei weg und gestand auch, dass die Geschichte mit der "liebestollen Hausfrau" nur erfunden war, um bei seinen Mitschülern zu prahlen. Der romantische Sommerabend mit Vera ("sie hatte nur das Radio an") dagegen war Realität!
Seine jüngeren Kindheitserinnerungen sind stark mit Bamberg verbunden: "Über den Würgauer Berg in die Exotik der Großstadt. Bamberg war ein Gedicht für uns Kinder", so der "Hertie-Rolltreppen-Fahrer" aus der Provinz, in der er mit zwölf Jahren ein zweijähriges Martyrium durchmachen musste. Der Tod seines an Krebs erkrankten Vaters war das einzige Mal in seinem Leben, dass er nicht mehr wusste was er sagen sollte. Für ihn, ausgestattet mit großer Vaterliebe und der sich geordnete Bahnen wünscht, brach eine Welt zusammen.
Seine anfängliche Schulzeit hat er als "tagtägliche Brautschau auf dem Schulweg" in Erinnerung, auch der Tanzkurs und das "Verknalltsein in eine Friseurin" gehören dazu. Mit zunehmender Alter wurde er in der modisch rückständigen Kleinstadt zum "Exoten". Er lebte seine modischen Fantasien aus!
Dennoch sind die Mädchen ihm nicht in den Schoß gefallen ("aber ich kann mich nicht beschweren") und auch in der Schule ging alles nicht optimal. "Schlecht bis unfähig in manchen Fächern, in Mathe ungenügend und in Deutsch voll befriedigend", fasste Gottschalk zusammen und im Abitur war das große Zittern angesagt. Eine vorgeschobene "Krankheit" verhalf erst einmal zum Nachtermin in "Altgriechisch" und auch dann bedurfte es schon einiger Unterstützung.
Dass er der Musik schon immer stark verbunden war, rührt sicher aus seiner Jugendzeit. So verwundert es nicht, dass auch seine Buchkapitel mit Songtitel überschrieben sind. Mit 27 Jahren "marschierte er ins Radio ein" und präsentierte die Musik, die ihn Spaß machte. Der BR war seine Wiege und erste Station seines ereignisreichen Lebens. Während er seine 151 "Wetten, dass?"-Sendungen nahezu ganz ausklammerte, beleuchtete er seine Film-Karriere näher. Der Radio-Discjockey mit dem "unübersehbaren Zinken" startete mit Piratensender Powerplay", erzählte von den "Supernasen"-Filmen und den "Zärtlichen Chaoten", während das Publikum in Kinoerinnerungen schwelgte. Trotz Anlaufschwierigkeiten eine erfolgreicher Karriere-Meilenstein, nicht zuletzt deswegen, dass er "eine Menge Frauen küssen durfte, die sich nicht wehren konnten".
Zwei Welten
Nichtsdestotrotz: Hinsichtlich seiner Popularität lebte er in zwei verschiedenen Welten. In Deutschland besitzt er fast einen 100er-Bekanntheitsgrad und Kult-Status, kann sich im Alltag kaum frei bewegen, in Amerika kannte ihn Keiner ("Who ist that?"), wie Gottschalk bekräftigte. In Bamberg genoss er das Bad in der Menge, immer wieder wurde er frenetisch beklatscht von einem Publikum, das viele Sofa-Abende mit ihm verbrachte und am Radio hing, um "Pop nach Acht" in der "Cassetten-Zeit" zu genießen und aufzunehmen. Da ist es schon verzeihlich, dass man eine Memorex-Cassette mal verliert. Nun hat er diese "Schuld" getilgt und seinen Fans einen unvergesslichen Lese- und Geschichten-Abend geschenkt.
toller Bericht, ich hätt's nicht besser schreiben können...