Theater im Bamberger Gärtnerviertel: Im Bett, ums Bett und ums Bett herum

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Wortgefecht im Bett: Szene mit Stephan Bach (rechts) und Benjamin Bochmann Foto: Werner Lorenz
Wortgefecht im Bett: Szene mit Stephan Bach (rechts) und Benjamin Bochmann Foto: Werner Lorenz
 
 
 

Im neu gegründeten Theater im Gärtnerviertel wurde die erste gelungene Premiere gefeiert. Mit "Dreier" wird ein morbides Verwirrspiel auf die Bühne gebracht.

Die Bühne ist nur einen Meter von der ersten Zuschauerreihe entfernt. Von denen gibt es ohnehin nicht allzu viele, zumal sie, für ein Theater ungewöhnlich, von fein säuberlich auf Bügeln aufgehängten Bettlaken und Nachthemden eingerahmt werden, umzingelt von Bettgestellen, Matratzenaufbauten und Kleiderpuppen.

Der Spielort für die erste Premiere des neu gegründeten Theaters im Gärtnerviertel (TiG) ist kein gewöhnliches Schauspielhaus, sondern das Geschäft "Betten Friedrich" in der Oberen Königstraße. In eben jenem Stadtteil also, der zum Namensgeber für das von Regisseurin Nina Lorenz und Schauspieler Stephan Bach ins Leben gerufene Theaterprojekt in "ihrem" Viertel wurde.

Schon verwundern die Betten neben der Bühne im Verkaufsraum des Bettengeschäfts gleich weniger.
Dass im Premierenstück "Dreier" aus der Feder des Dramatikers Jens Roselt ein türkisfarbenes, knarzendes Metallbett eine der Hauptrollen der Tragikomödie spielt, macht die Wahl des Spielorts umso sinnfälliger.

Morbides Spiel um Macht

Rund eine Stunde geht es in "Dreier", 2002 am Staatstheater Stuttgart uraufgeführt, um die Irrungen und Wirrungen einer Affäre zwischen gelangweilter Ehefrau, sarkastischem Liebhaber und dem gleichermaßen abgebrühten wie latent wahnsinnigen Ehemann. Das kommt zunächst als sattsam bekanntes Beziehungsdrama im Stile einer Boulevardkomödie daher, entpuppt sich aber schon nach kurzer Zeit als morbides Spiel um Macht mit etlichen Täuschungsmanövern, in dem sich die Figuren und mit ihnen das Stück selbst zitiert. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer ist gefragt: Wer sagt wann die Wahrheit?

Solide, mit großer Körperlichkeit präsentiert Benjamin Bochmann den spöttelnden Liebhaber, dessen Stiche gegen den gehörnten Ehemann sich bald gegen ihn wenden. Ursula Gumbsch gibt eine zunächst abgestumpfte Ehefrau, deren Verwandlung zur wahrhaft Liebenden noch stärker herausgearbeitet werden könnte. Mit seiner Bühnenpräsenz dominiert Stephan Bach die Dreieckskonstellation. Sein diabolisches Mienenspiel, seine starke Stimme und seine mit Szenenapplaus bedachte Interpretation von James Browns "I feel good" tragen die Darbietung.

Regisseurin Nina Lorenz hat mit begrenzten Mitteln ein gut getimtes Stück inszeniert, das Lust macht auf weitere Arbeiten des TiG als ernstzunehmende Alternative zur bereits etablierten Bühne des Stadttheaters. Naturgemäß nicht derart renommiert wie der Namensvetter, das Münchner Theater am Gärtnerplatz, aber durchaus mit dem Potential einer anspruchsvollen Kleinkunstbühne in Bamberg, die in der Weltkulturerbe-Stadt gleich ein ganzes Viertel bespielt.

Idee
Ziel des TiG ist es, als freies Theater möglichst viele Orte im Bamberger Gärtnerviertel zu bespielen, die dort ansässigen Bewohner zusammenzubringen und auf das Gärtnerviertel aufmerksam zu machen.

Ensemble
Das Team des TiG besteht aus Theaterleuten, die sich auf Initiative der Regisseurin Nina Lorenz und des Schauspielers Stephan Bach, beide im Gärtnerviertel ansässig, zusammengefunden haben.

Stück
"Dreier", eine Tragikomödie von Jens Roselt, wird im Geschäft "Betten Friedrich" in der Oberen Königstraße 43 gespielt. Termine sind noch der 21., 22., 24., 26. Oktober sowie der 13. und 14. November.