Anna Kanis absolvierte als erste Mitarbeiterin bei der Firma Greiff ihre Ausbildung in Teilzeit. Zum "Tag der Ausbildung" besuchte der oberfränkische Regierungspräsident Wilhelm Wenning auch das Unternehmen Kaspar Schulz, das besonders viele junge Menschen ausbildet.
Es ist nachvollziehbar, was Jens Möller sagt: "In einem Haus mit einem Frauenanteil von 70 bis 80 Prozent, sind die Themen Schwangerschaft, Elternzeit und Teilzeit natürlich präsent." Möller ist ist einer der beiden Geschäftsführer der Greiff Mode GmbH, einem traditionsreichen Bamberger Bekleidungsunternehmen.
Eines, das seit 2007 Auszubildende auch in Teilzeit beschäftigt - weil die Firma damit gute Erfahrungen gemacht hat. Hans-Peter Beck, ebenfalls Geschäftsführer, merkt an: Die Teilzeit-Azubis seien besonders motiviert, loyal, dankbar für die Stelle. Und: "Sie wollen nicht der Sozialkasse auf der Tasche liegen, sondern selbst etwas verdienen."
So wie Anna Kanis. Heute ist sie 32, damals, bei ihrem Ausbildungsbeginn im Jahr 2007, war sie 24 Jahre alt. Es sei typisch, dass die Teilzeit-Azubis etwas älter seien als ihre Kollegen in der Ausbildung, berichtet Geschäftsführer Möller.
Viele hätten auch schon ein ausgeprägteres Verantwortungsbewusstsein.
Vielleicht, weil zuhause Nachwuchs wartet. Das Töchterchen von Anna Kanis war damals zweieinhalb, die Mutter auf sich allein gestellt. Mit der Mittleren Reife machte sie sich auf Ausbildungssuche. Über ein Projekt des Beruflichen Fortbildungszentrums der Bayerischen Wirtschaft (BFZ) erfuhr sie von der Möglichkeit, eine Ausbildung in Teilzeit zu machen - und landete schließlich bei der Firma Greiff, die mit dem BFZ in Kontakt steht.
"Es ist schon eine Herausforderung. Man hat ein Kind, muss zusätzlich für die Berufsschule und Prüfungen lernen", sagt Anna Kanis heute. Sie ist im Haus geblieben, als ausgebildete Industriekauffrau arbeitet sie nach wie vor in Teilzeit. Heute 33 Stunden pro Woche, in ihrer Ausbildung waren es 25. Ein gutes Netz aus Freunden unterstützt sie nach wie vor. Auch für das Entgegenkommen des Arbeitgebers ist sie dankbar.
Die Teilzeit-Ausbildung sei für die Bambergerin "total wichtig. In Vollzeit hätte ich wahrscheinlich keine Ausbildung machen können, sondern nur gejobbt, weil meine Tochter noch so klein war".
Weil die Chefs mit ihrer ersten Teilzeit-Azubine gute Erfahrungen gemacht haben, haben sie das Modell weiterverfolgt. Aktuell absolviert die fünfte Mitarbeiterin ihre Ausbildung zur Industriekauffrau in Teilzeit.
Gibt es Spannungen im Verhältnis zu den Vollzeit-Auszubildenden? "Nein", sagt Anna Kanis. Stattdessen habe es immer "positives Feedback" gegeben.
Wie man sich so eine Teilzeit-Ausbildung vorstellen könne, wollte Wilhelm Wenning, Regierungspräsident von Oberfranken, wissen. "Schultage gelten ganz normal als Arbeitstage. Im Betrieb sind die Auszubildenden dann fünf Stunden", erkärt Geschäftsführer Jens Möller. Die Wochenarbeitszeit bewege sich bei um die 30 Stunden, einer Dreiviertel-Stelle.
Und: Ja, die Vergütung ist entsprechend geringer.
Dauer bleibt die Gleiche Die Dauer der Ausbildung bleibt im Übrigen bei zwei bis drei Jahren. "Wir müssen zusehen, dass die Azubis in der Praxis alles mitbekommen", sagt Möller. Die Organisation sei für die Personalabteilung etwas aufwendiger, auch seien die Ausfallzeiten vielleicht häufiger, ergänzt der zweite Geschäftsführer, Hans-Peter Beck. Aber: Die Azubinen seien sehr motiviert.
Insgesamt zehn bis 15 Auszubildende hat das Unternehmen nach Aussage der Geschäftsführer ständig im Haus, im kaufmännischen Bereich zwei bis drei pro Jahr. Mehr als eine Teilzeit-Azubi-Stelle sei allerdings nicht zu organisieren.
Das Unternehmen Greiff, das sich auf Berufsbekleidung spezialisiert hat, ist eines der wenigen, die eine Teilzeit-Ausbildung überhaupt anbieten.
Genaue Angaben zur Anzahl solcher Betriebe in Bamberg waren weder von der Industrie- und Handelskammer (IHK), noch von der Agentur für Arbeit Bamberg/Coburg zu erfahren.
Bei letzter schätzt man, dass es in Bamberg wohl insgesamt drei Unternehmen sind, es könnten aber auch mehr sein. Warum keine konkreten Zahlen genannt werden können, hängt nach Aussage beider Institutionen damit zusammen, dass die Teilzeit- Ausbildungsform nicht speziell registriert wird.
Hohe Quote bei Kaspar Schulz Was sich dagegen gut in Zahlen ausdrücken lässt, sind Ausbildungsquoten. Der Bamberger Brauereimaschinenhersteller Kaspar Schulz etwa hat "eine sehr hohe von 17 Prozent", wie Regierungspräsident Wenning sagte. Es war das zweite Unternehmen, dass er mit Thomas Engel, Bereichsleiter Wirtschaft bei der Regierung von Oberfranken, am Tag der Ausbildung in Bamberg besuchte.
Wenning lobte, dass Kaspar Schulz erweitert und eine eigene Lehrlings-Werkstätte für Anlagenmechaniker geschaffen habe.