Suizidversuch beschäftigte Bamberger Richter

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In dieser Parkbucht an der Landstraße zwischen Amlingstadt und Strullendorf (Landkreis Bamberg) passierte 2013 der Unfall. Den Baum in der Bildmitte verfehlte das Auto zum Glück. Foto: Ronald Rinklef
In dieser Parkbucht an der Landstraße zwischen Amlingstadt und Strullendorf (Landkreis Bamberg) passierte 2013 der Unfall. Den Baum in der Bildmitte verfehlte das Auto zum Glück. Foto: Ronald Rinklef

Nach einem Suizidversuch mit dem Auto ging es vor dem Landgericht um die Frage, ob der Fahrer wieder ans Steuer darf. Für den Unfall selbst wird der 49-Jährige nicht zur Verantwortung gezogen: Er war schuldunfähig.

"Ich weiß, dass ich an den Baum fahren wollte", sagte Hans F. (Name von der Redaktion geändert) vor dem Landgericht. Und er wisse auch noch, dass seine Frau seinen Namen gerufen habe - als er Gas gab auf der Straße zwischen Amlingstadt und Strullendorf.

Aber er könne sich nicht erinnern, warum er den rund 70 Zentimeter dicken Stamm verfehlt hat und sein Auto schließlich ein Stück weiter gegen zwei dünnere Bäume prallte.

Zum Glück für das Ehepaar aus dem Bamberger Land: Es hätte den Crash mit dem großen Baum nicht überlebt. Daran lässt das Gutachten eines Unfall-Sachverständigen nicht den geringsten Zweifel. Denn F. hatte vorher auf 111 Stundenkilometer beschleunigt: Der 49-Jährige wollte aus dem Leben scheiden und seine Beifahrerin mitnehmen.

Er war schuldunfähig

Das war im Mai 2013, als der Mann die dunkelste Phase seines Lebens durchmachte. Er litt an einer schweren Depression, hatte Wahnvorstellungen, fühlte sich überfordert und nutzlos zugleich. "Völlig neben der Kappe" sei ihr Mann gewesen, sagt seine Frau rückblickend. "Wie schlecht es einem 'gangen is, des kann man gar ned wiedergeben", sagt er heute.

Objektiv hat F. mit dem absichtlich herbei geführten Unfall einen versuchten Totschlag, einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und eine gefährliche Körperverletzung begangen. Zur Verantwortung gezogen werden kann er dafür nicht: Er befand sich in einem schuldunfähigen Zustand. Das geht aus den psychiatrischen und psychologischen Gutachten hervor.

Eine Gefahr für sich und Dritte?

Dass das dramatische Geschehen jetzt trotzdem Gegenstand einer öffentlichen Verhandlung vor der Zweiten Strafkammer war, lag an der Frage, ob ihm die eingezogene Fahrerlaubnis wieder ausgehändigt werden kann.

Anders ausgedrückt: Ist F. noch eine Gefahr für sich und andere Verkehrsteilnehmer? Die Kammer glaubt das nicht. Vorsitzender Richter Manfred Schmidt händigte noch im Gerichtssaal den Führerschein an F. s Rechtsanwalt Manfred Hofmann aus. Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb wäre es lieber gewesen, wenn das Dokument noch ein halbes Jahr länger bei den Akten geblieben wäre, "aus Sicherheitsgründen, auch für die Allgemeinheit".

Die Richter teilen die Auffassung der beiden Gutachter, wonach F. seine Krankheit inzwischen akzeptiert hat und mit ihr umgehen kann. Er scheint auch eingesehen zu haben, dass es mit der rechtzeitigen Behandlung seiner Depression gar nicht so weit hätte kommen müssen.

Auf Heimfahrt vom Arzt passiert

In der akuten Phase hatte er auf Drängen seiner Frau zwar einige Anläufe genommen, sich medizinisch helfen zu lassen. Frühere schlechte Erfahrungen mit Ärzten hätten ihn aber immer wieder abgeschreckt. Lange Wartezeiten auf Behandlungstermine scheinen das Ihre beigetragen zu haben.

So passierte der Unfall auf dem Nachhauseweg von einem Besuch beim Hausarzt, wo das Ehepaar einen Überweisungsschein zum Neurologen geholt hatte. Der Termin wäre zwei Wochen später gewesen.

Frau F. (48) steht zu ihrem Mann. Vorwürfe macht sie ihm keine. Sie wisse ja, dass die Kurzschlusshandlung einer gesundheitlichen Ausnahmesituation geschuldet war. "Jetzt läuft wieder alles", sagte die Zeugin. Gefragt, ob sie sich erneut ins Auto setzen würde, wenn der Ehemann am Steuer sitzt, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen: "Freilich!"

Glaubt man dem psychiatrischen Gutachter im Verfahren, dann kann eine schwere Depression eine einmalige Sache im Leben sein. Im konkreten Fall habe der Tod des Vaters beim Sohn das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht.