Großer Bahnhof für Bambergs neueste Großplastik

2 Min
Fiona Freifrau von Colberg am Rednerpult, das neben den hockenden roten Männern mitten in der Grünanlage stand.Foto: Matthias Hoch
Fiona Freifrau von Colberg am Rednerpult, das neben den hockenden roten Männern mitten in der Grünanlage stand.Foto: Matthias Hoch
Fiona Freifrau von Colberg, OB Andreas Starke, Alexander Ochs und Bgm. Christian Lange (v.l.) am "Meeting" Foto: Matthias Hoch
Fiona Freifrau von Colberg, OB Andreas Starke, Alexander Ochs und Bgm. Christian Lange (v.l.) am "Meeting" Foto: Matthias Hoch
 
Barbara Kahle, Vorsitzende des Kunstvereins, bei ihrer AnspracheFoto: Matthias Hoch
Barbara Kahle, Vorsitzende des Kunstvereins, bei ihrer AnspracheFoto: Matthias Hoch
 
Alexander Ochs bewundert ein Marzipankunstwerk von Theresia Worch, das ihm Ursula Sowa (l.) überreichte. Foto: Matthias Hoch
Alexander Ochs bewundert ein Marzipankunstwerk von Theresia Worch, das ihm Ursula Sowa (l.) überreichte. Foto: Matthias Hoch
 
 
Kurator Ochs wohnt hockend dem Festakt bei. Foto: Matthias Hoch
Kurator Ochs wohnt hockend dem Festakt bei. Foto: Matthias Hoch
 
Bgm. Wolfgang Metzner und die frühere Stadtheimatpflegerin Karin Dengler-Schreiber mögen die roten Männer. Foto: Matthias Hoch
Bgm. Wolfgang Metzner und die frühere Stadtheimatpflegerin Karin Dengler-Schreiber mögen die roten Männer. Foto: Matthias Hoch
 

Ein Stück China mitten im Weltkulturerbe Bamberg: Das ist die Großplastik "Meeting" von Wang Shugang, bestehend aus acht Hockenden.

CSU-Stadtrat und Exil-Chinese You Xie war tatsächlich nicht gekommen - zur Begrüßung der acht roten Männer, die nun einen festen Platz auf dem Schönleinsplatz haben. Von ihm abgesehen sah man am Freitagmittag jedoch viele Bambergerinnen und Bamberger, die sich für Gegenwartskunst interessieren und die rot lackierten Bronze-Skulpturen des chinesischen Bildhauers Wang Shugang als Neu-Bamberger willkommen hießen.
Die am Freitag in dieser Zeitung veröffentlichte kritische Auseinandersetzung You Xies mit der Position des Hockens griffen nahezu alle Redner auf. Einig waren sie sich darin, dass es gut ist, wenn über Kunst diskutiert und im positiven Sinn gestritten wird.
Der aus Bamberg stammende Berliner Galerist Alexander Ochs, ohne dessen Initiative heute kein Wang-Shugang-Exponat am Schönleinsplatz stünde, demonstrierte auf seine Weise Solidarität mit den roten Männern: Er wohnte der Feier zeitweise hockend statt stehend bei.
240 000 Euro kostete der Ankauf der Installation namens "Meeting". Den größten Teil steuerten die Bürger bei. 157 838,50 Euro seien dank vieler kleiner und großer Spenden eingegangen, so Ochs. Er macht sich stark für eine Spendertafel, die diese breite Beteiligung dokumentiert.
Auch der Galerist selbst hat tief in die Tasche gelangt, um die Finanzierung zu sichern. Das erwähnte Fiona Freifrau von Colberg in ihrer Ansprache. Als Vorsitzende des Vereins Freunde des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia, dem das Kunstwerk inzwischen gehört, sprach sie von einem "Tag der Freude für alle, die sich für zeitgenössische Kunst interessieren". Die Großplastik von Wang Shugang erweitert den Skulpturenweg durch Bamberg.
Colbergs Vorstands-Kollegin Ursula Sowa würdigte den Standort und die Gestaltung des "Meetings". Den beteiligten Firmen attestierte sie: "Es ist perfekt geworden."
Anders als 2013, als das "Meeting" bei der von Ochs initiierten Skulpturenausstellung "Circles" erstmals in Bamberg zu sehen war, hocken die roten Männer nicht mehr mitten im Grünen sondern in einem Rondell aus unterfränkischen Steinen und wildem Thymian. Darunter befindet sich ein Betonfundament, in dem die Figuren verankert sind. Sie stehen angeblich "bombenfest" und entführungssicher. Schon ihr Gewicht von jeweils 80 Kilogramm würde potenziellen Kunstdieben das Handwerk schwer machen.
Die hockende Männerrunde war vor drei Jahren schnell zum Lieblingsobjekt der Bamberger avanciert. Was die Faszination des Kunstwerks ausmacht, erklärte gestern Barbara Kahle, die Vorsitzende des Kunstvereins, so: "Sie begegnen uns auf Augenhöhe - wenn sie aufstehen könnten." Die Menschen hätten keine Berührungsängste. Deshalb biete das Exponat auch "Leuten, die keine Museumsgänger sind, den direkten Zugang zur modernen Kunst".
Für die Kunsthistorikerin Birgit Kastner stellt Bambergs neues Kunstwerk auch den Ausdruck einer neuen Beziehung zwischen Deutschland und China dar. Sie ging ausführlich auf die Symbole ein, die Wang Shugang in diesem 2002 geschaffenen und 2007 - beim G 8-Gipfel in Heiligendamm - erstmals in Deutschland gezeigten Werk verarbeitet hat. Die Acht sei die chinesische Glückszahl, das tiefe Hocken die Haltung der armen Leute, die Farbe Rot "ein Stück chinesischer Realität": Die chinesische Braut trage rot, die Farbe stehe aber genauso für das Blut, das beim Massaker auf dem Tiananmen-Platz 1989 geflossen sei.
Das Serielle, das Uniforme in Wang Shugangs Schaffen ist laut Kastner eine Art diplomatischer Akt. Seine Kunst sei eine "bitter-ironische Brechung zwischen Gegenwart und Rückbesinnung auf Traditionen", ein Spagat zwischen der Uniformität und Unfreiheit vieler Künstler in China, und der Einsamkeit, die der Bildhauer in der deutschen Kunstszene kennen gelernt habe.
Alexander Ochs kündigte an, dass Wang Shugang bei seinem nächsten Berlin-Besuch einen Abstecher nach Bamberg planen würde.