Zehn Studentinnen, eine Projektleiterin und ihr Professor Michael Müller von der FH Coburg arbeiten seit Wochenbeginn an einer Inszenierung von Hallstadts Zentrums. Ab Freitagabend zeigt es sich "im neuen Licht".
Nachtaktiv sind sie: Frühstück ist um 12, Mittagessen um 18 Uhr und ins Bett geht's frühestens um 5 oder 6 Uhr morgens. Maximal zwei bis drei Stunden Schlaf kriegt Michael Müller dieser Tage. Was hält den 44-Jährigen auf den Beinen - "Adrenalin". Der Spiegel steigt wohl ständig an. Seit Montag sind die "Coburger" in Hallstadt. Freitagnacht muss alles fertig sein: Damit die Stadt sich "im neuen Licht" präsentiert. Deswegen verkabeln Professor Müller, Projektleiterin Friederike Altdörfer sowie zehn Studentinnen alles Beleuchtenswerte im "Dunstkreis" von Kirche und Rathaus.
Tagsüber traf man die Truppe nicht an. Wie bereits erwähnt, waren die Studentinnen nachtaktiv, besonders, wenn's dunkelte. Man fand die Studierenden der FH Coburg meist in der Nähe des Miet-Lkw mit Coburger Kennzeichen, der gegenüber des Rathauses positioniert war. Der Dreh und Angelpunkt der ganzen Aktion. Denn im Inneren des Trucks lagerte das, was Hallstadt ganz anders erscheinen lassen soll: Jede Menge Leuchten und Lampen und insgesamt fünf Kilometer Kabel. "Wir werden am Ende aber nur zweieinhalb bis drei Kilometer gebraucht haben ", dozierte der Professor für Lichtgestaltung und Lichttechnik. Von den 250 Lichtpunkten wurden schätzungsweise 200 "verbaut". Aus sechs bis sieben Stromkästen wird der Saft gezogen. Die FH Coburg braucht in Hallstadt 10 000 Watt Gesamtleistung.
Dafür schleppten die Studentinnen alles vom Lichtpunkt bis zur Mega-Leuchte in Maurerbottichen an Ort und Stelle. Gut zu erkennen waren die Studentinnen im Hüftbereich: Jede führte ein Bündel Kabelbinder an der Gürtelschlaufe mit. Wohl das fundamentale Arbeitsmittel bei diesem Einsatz. Wofür und was sollen die Damen des zweiten und sechsten Semesters eigentlich lernen?
Sie werden wohl später einmal Innenarchitektinnen sein und da geht es auch um das Thema Beleuchtung und in Hallstadt darum, welchen Effekt erzielt welches Licht an welcher Stelle mit welcher Wattage und welcher Farbe. "Alles wird genau dokumentiert und später vor Kommilitonen und Professoren präsentiert und natürlich benotet", ließ der Professor wissen. Der ganz praktische Lerneffekt besteht unter anderem darin, zu erkennen, dass für die Wirkung weniger das Licht, als der Schatten entscheidend ist und dafür müssen die "richtigen Sachen hell gemacht werden".
Um es den Presseleuten zu erklären, brauchte Müller seine Taschenlampe. Ein Monster, das ganz bestimmt in keine Tasche passt. Professor Müller grinste verschmitzt. Es handelt sich schließlich um einen kleinen Suchscheinwerfer vom Militär. Mit dem leuchtete er vom Standort beim Transport-Lkw mal eben hoch zur Spitze des Turms der Kiliankirche und fuhr dessen Konturen nach. Dennoch wirkte die Art, wie die Studentinnen ihn anstrahlen ließen, ein bisschen unausgewogen.
Stimmiger Gesamtkontext "Es muss sich ein roter Faden durchziehen," verriet Müller das, was bis Freitagnacht als stimmiger Gesamtkontext inszeniert sein wird. Die architektonische Struktur soll deutlich werden, "besser als am Tag", erklärte der Professor weiter. Ein Panoramablick ist das Ziel. Das hat den Studentinnen einiges abverlangt, weiß Müller aus langer Erfahrung. Da musste der Professor auch den Psychologen geben: bremsen, motivieren, loben, kritisieren, aufbauen und so weiter. Die jungen Damen waren das eine oder andere Mal bei diesen 18- bis 20-Stunden-Arbeits-Tagen an ihre Grenzen gekommen. Aber auch das gehörte wohl dazu.
Anstrengender als früher Auch für Müller werden diese Aktionen anstrengender als noch vor etwa zehn Jahren. Denn Hallstadt ist in etwa Müllers 100. Beleuchtungsprojekt und das 25. in Kooperation mit dem Verein Oberfranken Offensiv. Der unterstützt Hallstadt deswegen, weil diese Aktion sozusagen der Auftakt für die Innenstadtgestaltung sein soll, erklärte Bürgermeister Thomas Söder (CSU), der mit der Dunkelheit und nach anderen Terminen immer wieder am Marktplatz auftauchte.
In der kommenden Woche werden die Bürger gefordert sein, sich in Workshops mit der Neugestaltung rund um den Marktplatz zu beschäftigen. Parallel dazu wird eine ganze Reihe von Veranstaltungen rund um die zehn Tage dauernde Lichtinszenierung geboten. Die zugleich Lust auf das "neue Hallstadt" machen soll.
Nach diesem Freitagabend braucht Michael Müller das Wochenende zur Erholung. Erst am Sonntag werde er das Bett wohl wieder verlassen. Und dann muss er das nacharbeiten, was an regulärem Uni-Betrieb ausgefallen ist. Dann wieder Beleuchtungsprojekte, bis Dezember.
Aber dem Professor macht das auch Spaß, weil er dabei richtige Talente entdeckt, die ihrerseits bei weiteren Lichtinszenierungen der FH Coburg mit dabei sein werden - weil sie ein Gefühl für Licht entwickelt haben. Ach ja, ab nächster Woche wird Müller sicher nicht mehr um 12 Uhr frühstücken.