Streit auf Baustelle im Landkreis Bamberg eskalierte

2 Min
Im Oktober vergangenen Jahres kam es auf einer Baustelle im Landkreis Bamberg zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Die Aufnahme zeigt die Baustelle zum jetzigen Zeitpunkt. Foto: Ronald Rinklef
Im Oktober vergangenen Jahres kam es auf einer Baustelle im Landkreis Bamberg zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Die Aufnahme zeigt die Baustelle zum jetzigen Zeitpunkt.  Foto: Ronald Rinklef

Weil ein Bauhelfer die Kritik an seiner Arbeit nicht verkraftete, schlug er seinem Kollegen nach einer Diskussion mit einer Schaufel auf den Hinterkopf. Das Opfer schwebte über eine Woche in Lebensgefahr.

Ein einfacher Junge vom Lande: Als eben solchen beschrieb der Sachverständige Anatoli Abramovic, Leiter der psychiatrischen Abteilung der JVA Würzburg, am Donnerstag den angeklagten Laurean K. (Name von der Redaktion geändert) in seinem Gutachten. Der 28-jährige Rumäne wurde von der Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Die Staatsanwaltschaft geht von folgendem Szenario aus: Am Morgen des 22. Oktobers 2014 arbeiteten seit acht Uhr vier rumänische Männer auf einer Baustelle in einer Gemeinde im nördlichen Landkreis von Bamberg. Am Tattag waren die Bauhelfer wohl mit den Betonarbeiten für die Bodenplatten des neu zu errichtenden Stalles beschäftigt. Gegen 9.30 Uhr soll es zu einer verbalen Auseinandersetzung unter den Bauarbeitern gekommen sein, weil sie sich nicht einig darüber waren, wie der flüssige Beton richtig verteilt werden solle.

Laut Anklageschrift wurde die Diskussion vom Opfer beendet, weil es sich nicht weiter streiten wollte. Das Opfer selbst kann sich nach dem Schlag auf den Kopf allerdings nicht mehr an Streitigkeiten oder die Tat des Angeklagten erinnern. Die Staatsanwaltschaft berief sich auf Aussagen der Kollegen, die sich in der Nähe aufhielten. Das Opfer soll sich nach der Diskussion vom Angeklagten abgewandt und mit einem Rechen den Beton weiter auf dem Boden verteilt haben.

Der "aufgebrachte Angeschuldigte ging nunmehr mit einer schweren Eisenschaufel von hinten auf den ahnungslosen" Kollegen zu und versetzte ihm, so die Ausführung in der Anklageschrift wörtlich weiter, "mit der Rückseite der Schaufel einen von oben nach unten ausgeführten heftigen Schlag gegen seinen Hinterkopf". Das Opfer sank zu Boden und verlor für einen Augenblick das Bewusstsein. Umgehend eilte ein Kollege heran, der den Schlag selbst nicht beobachtet hatte, "nur den Augenblick davor und danach", wie er gegenüber Vorsitzendem Richter Manfred Schmidt in seiner Zeugenaussage erklärte.

Da sowohl die Kollegen als auch der dazu gerufene Besitzer erst einmal von einer Platzwunde, die genäht werden musste, ausgingen, wurde das Opfer vom Bruder des Besitzers kurze Zeit später mit dem Auto zu einem Unfallarzt nach Bischberg gefahren. Erst während der Autofahrt verschlimmerte sich der Zustand des Arbeiters, so dass er ins Bamberger Klinikum eingeliefert wurde. Hier stellten die Ärzte einen Schädelbruch und akut lebensbedrohliche Blutungen in beiden Hirnhälften fest. Das Opfer wurde notoperiert und anschließend für zwei Wochen ins künstliche Koma versetzt. Dass der Mann überlebt hat - und zum Prozess fünf Monate später in einer so guten Verfassung sei - ist laut Rechtsmediziner und Sachverständigen Peter Betz eine "glückliche Fügung".

Ablauf nicht ganz geklärt

Obwohl der Angeklagte im Laufe des Prozess vor dem Landgericht in Bamberg wiederholt das Geschehen am Unfallort - und somit die Tat selbst - widersprüchlich zu den Zeugenaussagen seiner Kollegen beschrieb, zweifelte Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb nicht daran, dass Laurean K. "von oben nach unten mit der flachen Seite der Schaufel" gegen den Kopf des Opfers "gedonnert hat", so Lieb. Diesen Tathergang sah Lieb sowohl durch die "sachlichen Zeugenaussagen" als auch den Bericht über die Verletzungen durch den Sachverständigen Betz bekräftigt. Aus versuchtem Mord wurde letztlich doch gefährliche Körperverletzung.

Mehrere Faktoren lieferten der Kammer die Antwort auf die Gretchenfrage nach dem endgültigen Strafmaß: Eine handelsübliche Schaufel - mit Holzstil und roter Schaufelfläche - sei "kein typisches Instrument, um einen Menschen umzubringen", so Lieb. Somit schlug Laurean K. nicht geplant, sondern spontan zu. Der Angeklagte beteuerte während der Verhandlung - und auch schon in Gesprächen davor - immer wieder, dass er sich durch die Kritik an seiner Arbeitsweise unter Druck gesetzt, ja sogar bedroht gefühlt habe. Mit den Worten: "Wie ein Blitz, nicht vorhersehbar und nicht zu verhindern", versuchte der Sachverständige Abramovic die affektive Spannung, die Ausnahmesituation in der der Angeklagte sich befand, zu beschreiben. Laurean K., der während der Verhandlung immer wieder mit den Tränen kämpfte, wurde trotz der emotionalen Entladung am Tattag für schuldfähig erklärt.

Da er dem Opfer vor der Tat weder mit dem Tod gedroht, noch ein zweites Mal auf den wehrlosen Kollegen eingeschlagen hatte, handle es sich nicht um einen Tötungsvorsatz, so das Gericht. Der Angeklagte wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.