Michael Stoschek präsentiert sich am Ende als moralischer Sieger. Er muss nur etwa ein Zehntel der ursprünglichen Summe zahlen und gilt als unschuldig.
Eigentlich muss Amtsrichter Wolfram Bauer davon überzeugt werden, dass Michael Stoschek weder Urkundenfälschung noch Kennzeichenmissbrauch begangen hat. Doch genauso wichtig scheint dem Unternehmer das Urteil der Medien. Auch ihnen gilt seine Einlassung zu Beginn des Prozesses. Und als er gar eine Fotografie in Richtung der Journalisten hält, muss Richter Bauer den Angeklagten ermahnen: "Wir machen hier keine Presseveranstaltung."
"Stimmungsmache"
Aber das Medieninteresse ist da, von Anfang an, hervorgerufen und befeuert durch die Ermittlungsbehörden, wie Stoscheks Anwalt Rainer Brüssow sagt. Die Behörden hätten die Medien schon während des Ermittlungsverfahrens informiert. Brüssow spricht von "Stimmungsmache" durch die Behörden, "indem man über die vermeintliche Unbelehrbarkeit meines Mandanten redete". Stoschek sei einer "massiven Vorverurteilung" ausgesetzt gewesen. Auch, weil in den Medien über eine mögliche Millionenstrafe spekuliert wurde. Die gab es dann tatsächlich - per Strafbefehl. Doch Stoschek akzeptierte diesen nicht, deshalb lief gestern im Sitzungssaal D des Amtsgerichts Coburg der Prozess.
Es hätte ein langer Tag werden können: Elf Zeugen waren geladen, einige erst am frühen Nachmittag. Doch Richter Wolfram Bauer machte deutlich, dass er darauf verzichten würde, nachdem er einen zwölften und nicht vorgesehehen Zeugen gehört hat: Eckart Staritz, für Stoschek seit 1985 immer wieder als Anwalt tätig gewesen, bestätigt, dass er von Stoschek frühzeitig eingeschaltet worden sei. Nämlich schon am ersten Tag: Am Abend des 29. April 2013 belehrt ein Polizist Stoschek darüber, dass das Klebekennzeichen eine Urkundenfälschung darstelle, weil auch der amtliche Zulassungsstempel nur eine Kopie sei. Der Polizeibeamte riss das Klebekennzeichen ab, Stoschek rief seinen Anwalt Eckart Staritz an. Der versicherte, dass keine Straftat vorliege und im Vertrauen darauf ließ Stoschek neue Klebekennzeichen anbringen. Diesmal ohne Kopie des Zulassungsstempels. Das wollen aber weder Stoschek noch Staritz veranlasst haben - und die Frage wird im Prozess auch nicht mehr geklärt.
Keine weiteren Zeugen
Nach einer ersten Prozesspause verkündete Richter Bauer, dass er auf weitere Befragungen verzichten wolle, weil zum Sachverhalt nichts Neues zu erwarten sei. Michael Stoschek hatte auch gleich zu Anfang eingeräumt, dass er das Klebekennzeichen beim Brose-Fuhrpark bestellt habe, aus ästhetischen Gründen. Den Vorwurf, er habe es verwendet, weil es auf Beweisfotos schwer erkennbar sei, weist er zurück. Er sei zweimal mit dem Porsche geblitzt worden, das Kennzeichen war lesbar. Jahrelang sei es nicht beanstandet worden.
Gelegenheit hätte es gegeben: Im Korso zur Meisterschaftsfeier der Brose-Baskets 2013 fuhr Stoschek direkt hinter einem Polizeiauto. Überhaupt: Zahllose Fahrzeuge seien anstandslos mit vergleichbaren Klebekennzeichen unterwegs. Auch er, Stoschek, habe immer das amtliche Kennzeichen im Auto dabeigehabt, um es vorzeigen zu können.
Das alles hatte Stoschek schon mehrfach geltend gemacht, zumindest gegenüber den Medien. Aber eine Einigung mit der Staatsanwaltschaft habe er ausgeschlagen, sagt Staatsanwalt Martin Dippold. Zu den Vorwürfen von Brüssow sagt er nichts.
Der Prozess gedeiht bis zu dem Punkt, wo Stoschek über seine Einkünfte Auskunft geben muss. "Zurzeit" halte er zehn Prozent am Brose-Kapital, sagt er, als einer von fünf Gesellschaftern und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung. Ein festes Gehalt beziehe er nicht, aber seine Lebensverhältnisse seien "geordnet". Dass er regelmäßig zu den reichsten Deutschen gezählt wird, entspringe "der Spekulation von Journalisten" und sei nicht korrekt.
Dass es so detailliert ums Geld geht, hat seinen Grund: "Der Knackpunkt in dem Verfahren ist die Tagessatzhöhe. Und der Schuldspruch. Aber ein Tagessatz in Höhe von 15 Euro hätte das Medieninteresse nicht geweckt", sagt Richter Bauer.
Bei Stoschek geht es um 55 Tagessätze zu 30 000 Euro, insgesamt 1,65 Millionen. So steht es im Strafbefehl. Am Ende wird eine Geldauflage daraus: 150 000 Euro muss Stoschek zahlen, dass davon 100 000 Euro an die Welthungerhilfe gehen, hatte Stoschek vorgeschlagen. "Das nehme ich in diesem Fall ausnahmsweise hin, weil ich genau weiß, was sonst passieren würde", kommentiert Richter Bauer. Die Überweisung sei übrigens nicht als Spende zu deklarieren.
Stoschek und Brüssow deuten ihr Einverständnis mit der Verfahrenseinstellung in einen moralischen Sieg um. Stoschek habe als unschuldig zu gelten, sagt Brüssow und spricht von "Besonderheiten, die kein rechtsstaatliches Verfahren zuließen". So sei nicht berücksichtigt worden, dass er von einem Anwalt beraten wurde. "Deshalb war es aus meiner Sicht ein politischer Prozess." Die gleichen Worte verwendet Stoschek. Das Verfahren gegen ihn sei "europaweit einmalig", er habe in Coburg unter einem "Promi-Malus" zu leiden.
Die Erklärung von Michael Stoschek im Wortlaut
"Natürlich habe ich mit einem Freispruch gerechnet. Auf Anraten meiner Verteidiger habe ich aber dem Umstand Rechnung getragen, dass es sich um einen politischen Prozess in meiner Heimatstadt Coburg handelt, der eigene Regeln hat. Ich sehe in dem Verfahren gegen mich eine eindeutige Ungleichbehandlung gegenüber anderen Autofahrern. Ich habe der Einstellung des Verfahrens gegen Geldzahlung letztlich zugestimmt, weil ich dem Steuerzahler weitere Kosten ersparen wollte und etwas Gutes tun konnte. Der Welthungerhilfe habe ich schon vor längerer Zeit eine Spende zugesagt, die sie nunmehr bekommt."
(Anmerkung: Die Erklärung wurde am Nachmittag von der Brose-Pressestelle versandt.)
Aus der Pressemitteilung des Landgerichts zur Einstellung des Verfahrens
"Die Aussage eines erstmals in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen hatte eine Überprüfung und Neubeurteilung der gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe, insbesondere hinsichtlich des Tatbestandes des Kennzeichenmissbrauchs, erforderlich gemacht.
Nach Erfüllung der Auflage können die dem Angeklagten zur Last gelegten Taten nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Das Verfahren wird dann endgültig eingestellt werden."
.... immer wieder nur peinlich ......!
Hier wollte Herr Stoschek dem Steuerzahler Kosten ersparen. (?)
Wie ist es bei (Ihrem unverständlichem) Chefarzt-Prozess ??
worauf Sie hinauswollen.
Wodurch will bzw. wollte Stoschek dem Steuerzahler Kosten ersparen?
Welcher Chefarztprozess soll etwas mit Stoscheks Gerichtsverfahren zu tun haben und warum?
Hier geht es darum, wie man von einer Summe von 1.65 Mill. Euro auf 150.000 Euro kommt und was man von einem solchen Gericht zu halten hat.
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Ich habe gestern sein Statement im Fernsehen gesehen. Was für ein arrogantes Auftreten, als ob er neben dem Gesetz schwebt!! Was für ein Unsympath!! Ich finde es sehr schade, dass er sich freikaufen konnte. Die Summe in dem Strafbefehl vermochte zunächst hoch erscheinen, sein Verdienst ist es aber auch. Jetzt stellt er sich doch tatsächlich als Retter der Menschheit un der hungernden Weltbevölkerung dar. Wie ekelhaft!
Jedes Verfahren gegen ihn kann also nur ein politischer Prozess sein? Nein, denn vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich, manche anscheinend gleicher! Und in Coburg sind alle so böse zu ihm? Oooh, eine Runde Mitleid, bitte.