Stern-Warte(n): Bamberger Studenten sind Jäger des Lichts

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Vom neuen Spiegelteleskop der Sternwarte in Bamberg schwärmen alle, die damit arbeiten. Foto: Matthias Hoch
Vom neuen Spiegelteleskop der Sternwarte in Bamberg schwärmen alle, die damit arbeiten. Foto: Matthias Hoch
 
Prof. Ulrich HeberFoto: Matthias Hoch
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Foto: Matthias Hoch
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"Ich seh' den Sternenhimmel..." Oder auch nicht. Warum ein Praktikum in der Bamberger Sternwarte zur Geduldsprobe werden kann.

Der uralte Chef eines Löwenrudels grollt da. Ganz tief in der Kehle. Ein Segment der Kuppel geht auf, die ganze Rundkonstruktion kommt in Bewegung und die Öffnung positioniert sich dort, wohin das Teleskop ausgerichtet ist. Wir sehen: Wolken. Nicht, dass wir sie draußen nicht auch schon registriert hätten. Das ist ja das Problem.

"Jetzt mal nicht erschrecken!", hatte Professor Ulrich Heber vorgewarnt. Das Schmunzeln hört man nur in seiner Stimme, denn bis auf das Licht, das von einem Computerbildschirm in den Raum fällt, ist es finster in der Spitze eines der beiden Beobachtungstürme der Bamberger Sternwarte.

Forschen im Finstern

"Ein ganz simpler Motor, der seit Jahrzehnten seinen Dienst tut", stellt der Wissenschaftler den Urheber des Löwengebrülls vor. Für die jungen Leute, die da gerade im Dunkeln forschen, ist das seit mehr als einer Woche Alltag. Die schummrige Beleuchtung und das Warten. Darauf, dass die Wolken verschwinden.

Praktikanten unterm Sternenzelt, die bis tief in die Nacht beobachten und berechnen. Da gibt's doch kaum was Idealeres für "Ach, schon wach?".

Erster Versuch am Dienstag vergangener Woche. "Wenn, dann heute oder morgen. Für den Rest der Woche sind die Wetteraussichten miserabel" - Professor Ulrich Heber kann es auch nicht ändern. Aber er will Bescheid sagen.

Es hat keinen Zweck, die Wolken weichen nicht. Erste Absage am späten Abend am Dienstag, zweite Absage am frühen Abend am Mittwoch. Ganz, ganz spät wäre es dann doch gegangen...

Vielleicht Montag? Gutes Beobachtungswetter sieht anders aus. Aber am Dienstag muss es was werden. Und wenn es schneien sollte!

Astrophysik ist was für Fans

Für uns ist die Verschieberei nur ein kleines Problem. Für die 20 Physikstudenten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (alles künftige Drittsemester) ein richtig großes. In Vierer-Gruppen aufgeteilt, müssen sie an zehn Praktikumstagen fünf Projekte "durchziehen". Ihnen läuft die Zeit davon.

80 Plätze bietet die Dr.-Karl-Remeis-Sternwarte pro Jahr an. Bevor die Studierenden nach Bamberg kommen, haben sie schon Vorübungen absolviert. Daten sammeln und Daten auswerten nimmt den größten Teil der Zeit in Anspruch. Die 17 jungen Männer und die drei Frauen lernen unter anderem, mit den hochkomplizierten Beobachtungsinstrumenten umzugehen und ein Laborbuch zu führen.

Für alle fünf Versuche müssen Protokolle angefertigt werden. "Das ist fast wie ein Kochrezept. Man muss es so schreiben, dass jemand anderes das Experiment später genauso durchführen kann", erklärt Student Oskar Schuster es möglichst laiengerecht.

Fast so fern wie die Sterne ist das Thema einer Schreiberin, die heilfroh war, nach der elften Klasse Physik abgeben zu können, und einem Fotografen, der immerhin Physik-Leistungskurs hatte.

Und doch ist es faszinierend zu sehen, wie begeistert Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren von Pünktchen und Strichen auf Computerbildschirmen, von Tabellen und endlos scheinenden Zahlenreihen sein können. Astrophysik ist was für Fans.

Laserpunkt als Sternersatz

Bis die Wolken an diesem Dienstagabend sich dann doch so weit verziehen, dass die Studenten mit dem Sternenhimmel arbeiten können, behelfen sie sich in dem Turm, in dem das kleinere der beiden Spiegelteleskope steht, mit einem grünen Laserpunkt. Hier geht es darum, zu üben, wie man mit dem Spektrografen arbeitet.

"Wer" in den allermeisten Bereichen der Astronomie und Astrophysik heutzutage das Auge auf Planeten, Nebel und Sternhaufen richtet, ist der Computer und nicht der Mensch. Über Rechner steuern die großen Teleskope die Position der zu beobachtenden Objekte an. Und Rechner setzen auch die Aufnahmen zusammen.

Wie diffizil die Feinjustierung ist, können auch Laien nachvollziehen. Im Fall des Versuchs, den wir gerade sehen, fällt das vom Stern ausgesendete und zu analysierende Licht durch ein 25 Mikrometer großes Loch (dünner als ein menschliches Haar) auf den Speicherchip der CCD-Kamera. Dieser ist auf minus acht Grad gekühlt, um das elektronische "Rauschen" zu minimieren. Belichtet wird das Bild bis zu zehn Minuten.

Absolut erschütterungsfrei

In dieser Zeit muss die Optik, angepasst an die Erdbewegung, nachgeführt werden. Mit dem Höchstmaß an Präzision. Auch die allerwinzigste Erschütterung würde das Ergebnis verderben. Deshalb stehen die Podeste, auf denen die Teleskope ruhen, in den Türmen der Sternwarte (gewissermaßen völlig unabhängig vom Rest des Gebäudes) auf Pfeilern, die bis zu acht Meter ins Erdreich bis auf den Felsboden gehen. "Man sollte mindestens soviel Geld in die Errichtung der Säulen stecken, wie in die der Bauten drumherum", sagt Professor Ulrich Heber.

Im zweiten Beobachtungs turm steht der ganze Stolz der Bamberger Sternwarte: das neue Planewave CDK 20 aus den USA auf einer 10Micro GM4000 Montierung aus Italien. "Das ist unter Teleskopen der Praktikumsklasse der Chevrolet Corvette plus Ferrari unter den Sportwagen", erklärt Ulrich Heber.

Es hat einen Namen und ist nach Ernst Hartwig, dem Gründungsdirektor der Sternwarte benannt. Auch hier erklärt man uns, wie die Aufnahmen von den Sternenhaufen, die in Blickpunkt des Interesses stehen, zustande kommen und zu welchen Ergebnissen der Versuch führen soll. Uns bleibt nicht anderes übrig als daheim Begriffe wie "Falschfarben-Bilder" zu googeln und ansonsten zu kapitulieren.

Warten heißt nicht Nichtstun

Wie glücklich waren wir doch zu Anfang im Sternwarte-Garten bei der Studentengruppe, zu der uns Professor Heber im Taschenlampenlicht geführt hat. Hier sah es zumindest noch ein bisschen nach von Hand gemachter Wissenschaft aus. Beim kleinen, transportablen Teleskop, wo der Betrachter das Objekt seiner Wahl per Aufsuchkarte lokalisieren und dann selbstständig ins Blickfeld rücken muss.

Begleitet von Musik, die von den Bierkellern herüberschallt, haben wir tatsächlich viel von dem verstanden, was man uns erzählt hat. Und auch an dieser Projekt-Station war für die Studenten Geduld die größte Herausforderung. Die Wolken haben sich erst sehr spät am Abend verzogen.

Warten heißt für die Studenten aber nicht Nichtstun. Einen großen Teil des Praktikums verbringen sie vor dem Computer. "Falls wir immer feiern gegangen wären, wenn wir mit den Instrumenten nicht arbeiten konnten, hätten wir jetzt ein echtes Zeitproblem", sagt Oskar Schuster.

Gelegentlich wird es deshalb dann schon mal weit nach 1 Uhr, bis die Matratzen, Isomattten und Schlafsäcke in den Bibliotheksräumen der Sternwarte ausgerollt werden.

Was es dort und in den Beobachtungstürmen zu entdecken gibt, kann sich übrigens jeder Interessierte selbst anschauen (und anhören): beim "Tag der offenen Tür", der am 24. Oktober aus Anlass des 125. Jubiläums stattfindet.

1889 gegründet

Die Dr.-Karl-Remeis-Sternwarte ist das Astronomische Institut der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie wurde 1889 als private Institution gegründet und 1962 in die Universität Erlangen-Nürnberg als Astronomisches Institut in der Naturwissenschaftlichen Fakultät I für Mathematik und Physik integriert.

Die Wissenschaftler an der Sternwarte sind sowohl für die Lehre der Astronomie und Astrophysik an der Universität Erlangen verantwortlich, als auch an der Forschung an verschiedenen astrophysikalischen Themen beteiligt.

Veranstaltungen zum 125. Jubiläum

Im September und Oktober sind viele Aktionen rund um das 125. Jubiläum der Sternwarte geplant. Wissenschaftlich herausragend ist dabei die internationale Tagung "The variable sky: from tiny variations to big explosions" vom 22. bis 26. September in den Räumen der Universität Bamberg am Markusplatz. Er erwartet werden über 300 Teilnehmer aus aller Welt.

Am Donnerstag, 25. September, hält Prof. Joachim Wambsganß (Zentrum für Astronomie, Heidelberg) einen öffentlichen Vortrag zum Thema "Auf der Suche nach der zweiten Erde" im großen Hörsaal des Neubaus in der Markusstraße.

Am 22. September findet eine Astronomiegeschichtliche Tagung an der Sternwarte zum Thema "Astronomie in Franken - Von den Anfängen bis zur modernen Astrophysik" statt.

An die wissenschaftliche Tagung schließt sich eine Vortragsreihe zur modernen Astronomie mit vier Vorträgen an (Mitveranstalter ist das Franz-Ludwig-Gymnasium).

Die Themen sind am 30. September "Rätsel unseres dunklen Universums", am 6. Oktober "Die Entstehung des Sonnensystems", am 13. Oktober "Das galaktische Zentrum: Ein schwarzes Loch und seine Umgebung" und am 20. Oktober"Die Rosetta-Mission und der schmutzige Schneeball mit dem unaussprechlichen Namen - Fragen und Antworten zur Kometenforschung heute". Der Eintritt ist frei.

Außerdem wird ein Planeten- und Milchstraßenweg an der Sternwartstraße und am Milchweg eingeweiht, der von Bamberger Schülern gestaltet wurde. Am 24. Oktober lädt die Sternwarte zu einem "Tag der offenen Tür" ein.