Weltkulturerbe oder Weltnaturerbe? Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) bringt eine verfahrene Diskussion wieder in Gang. Auch wenn noch kein Ergebnis vorliegt. Es wird wieder geredet im Steigerwald. Und es ist wieder (fast) alles offen.
Es sind wenige Worte in einer kaum 15-minütigen Pressekonferenz, und sie machen vielen Mut, die sich bisher beim Thema Steigerwald ohne Erfolg die Köpfe heiß geredet haben: Transparenz, Dialog und Bürgerbeteiligung. Umweltministerin Ulrike Scharf spricht von einem offenen Prozess, der im Steigerwald beginnen soll - erstmals unter der Moderation von unabhängigen Experten.
Wie schwer das ist, eine verfahrene Diskussion wieder in Gang zu bringen, das kann jeder verstehen, der an diesem Montagmorgen auf dem Weg zur Regionalkonferenz Steigerwald im Bamberger Landratsamt ist. Er wird empfangen von einer Doppel-Phalanx von Demonstranten, die sich etwa gleichstark und ziemlich unversöhnlich gegenüberstehen. Alt bekannte Vorwürfe und Ideologien prallen aufeinander. Die einen wollen einen Nationalpark als millionenstarkes Förderinstrument für eine unter Bevölkerungsrückgang leidende Region. Die anderen lehnen jeden zusätzlichen Naturschutz wie Teufelszeug ab. Sie fürchten drastische Arbeitsplatzverluste.
Mit Vorschusslorbeeren war der Versuch der Umweltministerin, einen Befreiungsschlag in einer mittlerweile achtjährigen Debatte zu platzieren, nicht gerade bedacht worden. Kritik kam vom Parteifreund und oberfränkischen Bezirkstagspräsidenten Günther Denzler (CSU), der merkwürdigerweise nicht eingeladen wurde, obwohl er es war, der die Debatte um den Nationalpark Steigerwald 2007 angestoßen hatte. Auch Ebrachs Bürgermeister Max-Dieter Schneider (SPD) geißelte die Veranstaltung als Farce und kritisierte, dass die Medien ausgesperrt werden sollten.
Dazu kam es tatsächlich. Die Vertreter zweier auflagenstarker fränkischer Tageszeitungen, die sich für die mit Spannung erwarteten Ergebnisse zweier Studien zur Frage Weltkulturerbe oder Weltnaturerbe interessierten, wurden aus dem Saal hinauskomplimentiert - aus ihrer Sicht ohne triftigen Grund.
Es spricht für das Moderationsgeschick von Ulrike Scharf, dass sich das Urteil der Kritiker drei Stunden später dennoch wohlwollend anhörte. Viele Teilnehmer zeigten sich angenehm überrascht, dass es gelungen sei, eine Debatte zu versachlichen, die lange Zeit an einem Mangel an unabhängigen Informationen litt. Wie Bambergs Landrat Kalb (CSU). Er sprach von einem neuen Kapitel, das aufgeschlagen sei.
Auch die Naturschutzverbände haben wenige Minuten nach dem Ende der Veranstaltung ein vorsichtig positives Fazit gezogen. WWF, Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz begrüßen, dass die Debatte von Regierungsseite erstmals mit sachlichen Informationen unterfüttert wird. "Hier für ehrliche, unabhängige Erkenntnisse zu sorgen, ist eine Aufgabe, die der Staat leisten muss", sagt BN-Chef Hubert Weiger.
Scharf: Keine Vorfestlegung
Zum positiven Echo hat beigetragen, dass sich die Ministerin wohlweislich nicht auf eine Seite schlug. "Weltnaturerbe oder Weltkulturerbe - es gibt noch keine Vorfestlegung", lautete ihr Fazit am Montagmittag. Beide Varianten seien nach wie vor möglich, beide Wege müssten in vertieften Studien weiter erforscht werden, sagte die Ministerin - und verwies auch auf die Stimmung im Saal. Etwa die Hälfte der Redner habe für ein Weltnaturerbe, die andere für ein Weltkulturerbe plädiert.
In welche Richtung die Reise geht, scheint also wieder offen, sieht man von der Idee eines Nationalparks ab und davon, dass der Bamberger Landrat Kalb und die stellvertretende Schweinfurter Landrätin Christine Bender (beide CSU) ihre Sympathien für ein Welt
kulturerbe bereits formuliert haben.
Fragt man die Teilnehmer der Konferenz, ist dieser Weg aber ein steiniger und langer, weil derzeit nur die Kulturlandschaft im Steigerwald und das ehemalige Zisterzienser-Kloster Ebrach als Ansatzpunkt dienen könnten. Genug für den singulären Anspruch einer Welterbestätte? Diana Pretzel, die für den WWF Empfehlungen für die Unesco abgibt, schüttelt den Kopf.
Vertreten war bei der Regionalkonferenz auch die Stadt Bamberg, größte Kommune im Umkreis und selbst Waldeigentümerin vor Ort. Bambergs OB Andreas Starke (SPD) macht aus seiner Sympathie für eine neue fränkische Marke kein Geheimnis: Ein Weltnaturerbe Steigerwald zwischen den Weltkulturerbestädten Würzburg und Bamberg würde Starke sehr begrüßen.