Weil die privat versicherte Frau ihren Hausarzt in Bad Staffelstein hat, wurde sie von der Scheßlitzer Bereitschaftspraxis dorthin verwiesen. Für das Gesundheitsnetz Jura wie für die Betroffenen ein "unerklärlicher Vorgang".
Sehr gut angenommen wird auch im zweiten Jahr ihres Bestehens die ärztliche Bereitschaftspraxis in Scheßlitz. Das "Gesundheitsnetz Jura", eine Ärztegemeinschaft mit mehr als 40 Medizinern e.G. hält hier an Mittwochnachmittagen und an Wochenenden sowie an Feiertagen einen allgemeinärztlichen Bereitschaftsdienst vor. Im wöchentlichen Wechsel versehen die Mitglieder der Ärztegemeinschaft ihren Dienst am Patienten.
Doch kommen wirklich alle Rat und Heilung Suchenden in den Genuss einer Behandlung? Seit mehr als zwei Jahren läuft der Betrieb problemlos, die Behandlungszahlen stiegen im vergangenen Jahr auf 9000 Fälle. Doch ein 64-jähriger Mann aus Scheßlitz, der seine - privat versicherte - Schwester am Vormittag eines Bereitschaftstages zur Bereitschaftspraxis brachte, wo sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen wollte, hat andere Erfahrungen gemacht. Wegen starker Hals- und Ohrenschmerzen hatte die Frau in der Nacht zuvor kaum geschlafen.
Doch bei der Anmeldung zeigte sich, dass der Hausarzt der Patientin - ein Verwandter von ihr - nicht Mitglied der Ärztegemeinschaft ist und auch nicht im Landkreis Bamberg praktiziert, sondern im Landkreis Lichtenfels. Weshalb sie nach eigener Aussage darauf hingewiesen wurde, dass man sie in der Bereitschaftspraxis nicht behandeln könne, weil für sie eine andere Ärztegemeinschaft mit deren Bereitschaftsdienst in Lichtenfels zuständig sei. Auch die Antwort der Patientin, dass sie in Scheßlitz wohnt und eine Notfallpraxis doch für alle da sein müsse, ließen die Arzthelferin unbeeindruckt.
Ein "gravierender Vorgang" "Eine Bereitschaftspraxis sollte eigentlich für jedermann ärztliche Hilfe bereitstellen", findet der Bruder der 59-Jährigen. Dies sei bei der Eröffnung der Bereitschaftspraxis auch so verlautbart worden. "Man hätte hinzufügen sollen, dass es - ganz unabhängig vom Krankheitsbild - scheinbar nicht für diejenigen Einwohner gilt, die - bei freier Arztwahl - einen Hausarzt in einem benachbarten Landkreis haben", so der indirekt Betroffene, der in dem Geschehen einen "gravierenden Vorgang" sieht.
"Was ist dann zum Beispiel mit Urlaubern, die ja vermutlich ihren Hausarzt auch nicht im Bamberger Land haben?", wird gefragt. Man hätte volles Verständnis gehabt, hätte man warten müssen, bis alle anderen Patienten behandelt waren, doch die Abweisung schmerzte fast noch mehr als die körperlichen Leiden.
In einer Scheßlitzer Apotheke fand man schließlich Rat und Hilfe, auch wenn man die Medikamente auf eigene Kosten erstehen musste. Inzwischen ist die Krankheit übrigens ausgestanden.
"Notfälle werden nicht weggeschickt" Beim "Gesundheitsnetz Jura" wundert man sich zunächst über den Vorfall, der so kaum zu erklären sei. "Unser potenzieller Patientenkreis ist die Einwohnerschaft des Bereitschaftsgebietes", sagt der Vorsitzende Wolfgang Steinbach. Zwar seien Ärzte aus dem Landkreis Lichtenfels beim Gesundheitsnetz Jura nicht beteiligt und für deren Patienten streng genommen ein eigener Notfalldienst eingerichtet, aber "wir drücken da doch immer ein Auge zu, sogar wenn jemand von auswärts kommt." Und Notfälle schicke man schon auf gar keinen Fall weg.
Der Arzt, der an diesem Tag Dienst hatte, kann sich die Sache ebenfalls nicht erklären - oder höchstens damit, dass an diesem Tag der Andrang in der Bereitschaftspraxis sehr groß gewesen sei. "Ich kann es nur der Stresssituation anlasten, dass vielleicht ein Hinweis auf die ärztlichen Strukturen nicht ausführlich genug erfolgt ist", sagt er. In jedem Fall sei die Sache falsch gelaufen: "Wenn jemand in Scheßlitz wohnt, können wir ihn nicht wegschicken."
Man behandele nicht selten auch Personen aus anderen Landkreisen, zum Beispiel aus den Räumen Hollfeld oder Weismain. Lediglich der Fahrdienst der Ärztebereitschaft - ein zweiter Mediziner ist während der Bereitschaftszeiten für Hausbesuche zuständig - bleibe innerhalb der Grenzen des nordöstlichen Landkreises bis zur Autobahn 73 im Westen, ergänzt der Koordinator des Gesundheitsnetzes Jura, Günter Kraus. Warum da etwas schief gelaufen ist, kann auch er sich nicht erklären.
will wieder mal keiner Schuld gewesen sein, so kennen wir das doch...