Probezeit für Perego beginnt bei Brose Bamberg

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Federico Perego. Foto: Daniel Löb
Federico Perego. Foto: Daniel Löb

Wie lange der bisherige Assistenzcoach die Rolle des Cheftrainers von Brose Bamberg einnehmen wird, ist völlig offen.

Am späten Sonntagnachmittag verabschiedete sich Ainars Bagatskis in der Trainingshalle in Strullendorf von den Spielern, wenig später leitete Federico Perego bereits das erste Training als Chefcoach von Brose Bamberg. Der 34-jährige Italiener, bislang einer von fünf Assistenztrainern, soll das schlingernde Schiff des Basketball-Bundesligisten nach der Trennung vom glücklosen Letten Bagatskis wieder in ruhiges Fahrwasser führen.

"Ich werde mein Bestes geben. Einerseits bin ich glücklich, weil mir der Verein das Vertrauen schenkt. Andererseits ist es eine große Verantwortung. Es ist eben etwas anderes, ob du in der zweiten Reihe stehst oder als Erster vor allen anderen", sagt Perego, der erstmals in seiner elfjährigen Trainerlaufbahn als Chefcoach tätig sein wird. Viel geschlafen, so gesteht der Italiener, hat er seit seiner Beförderung nicht. Am Mittwoch (18 Uhr) steht er im Champions-League-Spiel beim litauischen Vertreter BC Lietkabelis vor seiner Premiere als Bamberger Coach. Perego ist nach Andrea Trinchieri, Ilias Kantzouris, Luca Banchi und Bagatskis bereits der fünfte Bamberger Coach in den vergangenen zwölf Monaten.

Kein Kontakt mit Obradovic

Ob der 34-Jährige die Chefrolle dauerhaft innehaben oder nur übergangsweise tätig sein wird, ist derzeit noch offen. Brose Bamberg hat nach Angaben von Geschäftsführer Arne Dirks bislang keine Gespräche mit anderen Trainern geführt. Nach Informationen der Fachzeitschrift "BIG" soll der ehemalige Berliner Coach Sasa Obradovic ein heißer Kandidat auf den Job sein. Dirks dementierte jedoch einen Kontakt zu Obradovic, der im November von Kuban Krasndor entlassen wurde, beim russischen Eurcup-Vertreter aber noch einen gültigen Vertrag besitzt.

Kein Notnagel

Nach Darstellung von Dirks soll Perego die Möglichkeit gegeben werden, sich in der Chefrolle zu beweisen. "Wir glauben an Federico und seine Fähigkeiten. Er hat einen großen Basketball-IQ und kennt den Klub. Wir sehen ihn nicht als Notnagel. Er hat jetzt die Möglichkeit, sich zu zeigen und der Mannschaft einen neuen Geist einzuhauchen. Dann wird man sehen, was passiert", sagt der Geschäftsführer. Auf ein Ende der Probezeit will er sich nicht festlegen. "Es gibt kein Datum. Wir werden die Entwicklung abwarten."

Auf Rang 5 abgerutscht

Während das Brose-Team am Mittwoch mit einem Sieg in Litauen das Ticket für das Achtelfinale in der Champions League lösen kann, ist es in der Bundesliga aufgrund der drei Heimniederlagen in Folge gegen München, Bayreuth und Vechta auf den fünften Platz abgerutscht. Gerade nach dem blutleeren Auftritt gegen den Aufsteiger am vergangenen Samstag bei der 67:85-Pleite ist sich Perego bewusst: "Wir müssen ein anderes Gesicht zeigen."

Nach seiner Beförderung zum Chefcoach sei sein Mobiltelefon "explodiert", erzählt Perego. Aus seiner italienischen Heimat hätten ihn viele Freunde und ehemalige Weggefährten beglückwünscht. Unter den Gratulanten sei auch Andrea Trinchieri, sein ehemaliger Chef in Bamberg, gewesen.

Das bisherige Aufgabengebiet von Perego, der viel mit der Videoanalyse beschäftigt war, wird intern auf andere Assistenztrainer verteilt. Individualcoach Stefan Weissenböck soll zudem stärker in die Teamarbeit integriert werden.

Kommentar: Es wird Zeit, den Reset-Knopf zu drücken

Den Entschluss, sich von Trainer Ainars Bagatskis zu trennen, war richtig. Nun gilt es aber für die Verantwortlichen von Brose Bamberg, keine falschen Entscheidungen zu treffen. Denn die jetzige Situation ähnelt frappierend der von vor fast genau einem Jahr. Nach der Trennung von Andrea Trinchieri hatte Brose-Boss Michael Stoschek angekündigt, den Reset-Knopf drücken zu wollen. Mit einem neuen, hungrigen Coach und jungen, hungrigen Spielern wollte er eine neue Ära einläuten. Umgesetzt wurde dies nur halbherzig. Wie sich nun herausstellt: Das vergangene Jahr war ein verlorenes.

Spätestens, als im August 2018 mit der Verpflichtung des 31-jährigen Veteranen Tyrese Rice der Kader für die Spielzeit 2018/19 komplettiert wurde, war klar, dass der große Umbruch ausbleiben würde. Den Spagat, einerseits weiterhin in der deutschen Spitze mitmischen zu wollen, andererseits einen Neuaufbau einzuleiten, hat Brose Bamberg bislang nicht hinbekommen. Dem neunfachen Meister fehlt die klare Linie. Welche Strategie verfolgt das einstige Aushängeschild des deutschen Basketballs, nachdem es seine Dominanz abtreten musste? Was sind die Merkmale des Bamberger Basketballs, wofür steht er?

Die Trainerfrage ist in diesem Zusammenhang eine elementare. Federico Perego wäre ein Coach, der für einen Neuaufbau stünde, auch wenn er bereits seit vier Jahren für Brose tätig ist. Mit seinen 34 Lenzen - und erstmals in der Rolle des Chefs - brächte er das nötige Feuer mit. Würde die Wahl auf Sasa Obradovic fallen, Gerüchten zufolge ein Kandidat für den Trainerjob, wäre das ein Reflex. Bagatskis, der seine Spieler an der langen Leine ließ, würde lediglich durch einem harten Hund ersetzt.

Viele eingefleischte Brose-Fans sehnen nun herbei, dass der Reset-Knopf endlich gedrückt wird. Sie wollen nicht unbedingt eine Mannschaft sehen, die auf Teufel komm raus um die Meisterschaft mitspielt, sondern vor allem ein Team, das Leistung zeigt und sein Herz auf dem Parkett lässt. Gerade mit diesen Tugenden haben die Bamberger Basketballer einst ihren Weg zum Ruhm geebnet.