Die harmlosen Münchner werden von den Bambergern im ersten Halbfinalspiel nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen.
Nur wenige Stunden nach dem 82:59-Kantersieg von Brose Bamberg gegen Bayern München im ersten Play-off-Halbfinalspiel der Basketball-Bundesliga fand in Istanbul das Euroleague-Endspiel zwischen Fenerbahce und Olympiakos Piräus (80:64) statt. Gegen beide Finalteilnehmer hatten die Bamberger in der Königsklasse auf Augenhöhe agiert, gegen Piräus ihr Heimspiel sogar gewonnen. An manch glorreichen Auftritt in der Euroleague fühlten sich die Brose-Fans am Sonntag bei der Galavorstellung des Meisters gegen seinen Herausforderer erinnert, obwohl etliche zweifelten, ob die Mannschaft von Trainer Andrea Trinchieri dieses Niveau noch einmal erreichen würde. Doch der Titelverteidiger zerlegte seinen Erzrivalen nach allen Regeln der Kunst.
"Bamberg hat uns heute gezeigt, wie Spielaufbau geht. Sie haben immer den Extrapass gespielt, immer den freien Mann gefunden, wir hingegen konnten uns nicht mal auf den Beinen halten, sind hingefallen und hatten keinerlei Ideen", meinte Sasa Djordjevic nach der "Lehrstunde" für sein Team ernüchtert. In der Tat konnten die Münchner die Bamberger Guards nicht stoppen: Fabien Causeur (16 Punkte), Maodo Lo (13), Nikos Zisis (12) und Janis Strelnieks (8) erzielten mehr als die Hälfte der Bamberger Zähler.
Bayern-Trainer Djordjevic, eigentlich ein ruhiger Vertreter seiner Zunft, war schon nach acht Minuten restlos bedient. Zu diesem frühen Zeitpunkt der Partie sah er sich bei einem 2:19-Rückstand bereits zu seiner zweiten Auszeit gezwungen, in der er ein Handtuch auf den Boden warf und seine Spieler zusammenstauchte. Später schüttelte der einstige Weltklasse-Aufbauspieler bei jedem Ballverlust seines Teams nur noch frustriert den Kopf. Sein Vorgänger, Svetislav Pesic, verfolgte derweil die einseitige Partie regungslos am Spielfeldrand.
Dort saß auch weitere Basketball-Prominenz. Dirk Nowitzkis Mentor Holger Geschwindner hatte eine dreiköpfige Delegation der Dallas Mavericks mit Geschäftsführer Donnie Nelson im Schlepptau, neben Nationalspieler Dennis Schröder saß dessen Trainer bei den Atlanta Hawks, Mike Budenholzer. Er sehe ein Basketballspiel "auf hohem Niveau", sagte Budenholzer in der Halbzeit bei
telekombasketball.de. Der NBA-Coach dürfte mit dieser Einschätzung aber nur auf die Bamberger abgezielt haben, denn was die Münchner boten, war unterirdisch. Und so standen nach der Abreibung frustrierte und vor allem ratlose Bayern-Spieler auf dem Parkett. Um die Gründe für die Abreibung zu finden, müsse man erst Video-Analyse betreiben, meinten Anton Gavel, Danilo Barthel und Devin Booker unisono.
Center Booker, einziger Münchner mit zweistelliger Punkteausbeute (15), monierte die mangelnde Einstellung seines Teams: "Die Bamberger waren bereit für dieses Halbfinalspiel, wir nicht." Und der Ex-Bamberger Gavel antwortete auf die Frage, was die Bayern im zweiten Duell am Donnerstag (17.30 Uhr) besser machen müssten, treffend: "Alles"!