Neben regelmäßigen Gebeten schaut sich Carrera in seiner Freizeit viele Videos seines Lieblingspfarrers Ruddy Gracia an. Thematisiert wird Carreras Glaube sogar in einem Song, den ein venezolanischer Rapper vor kurzem für ihn schrieb.
Facettenreich ist nicht nur sein Privatleben. "Als Basketballer bin ich ein Allrounder. Ich bin ein sehr guter Verteidiger, der die Positionen 2 bis 4 abdecken kann. In der Offensive habe ich mich im Laufe meiner Karriere zu einem guten Schützen entwickelt, agiere aber auch gerne aus dem Post-up heraus", beschreibt der Forward seine Fähigkeiten. "Ich spiele dort, wo mich der Coach sehen möchte. Wenn er mir sagt, ich soll den größten Spieler des Gegners verteidigen, tue ich alles dafür, diesen zu stoppen."
Die für seine Position relativ geringe Körpergröße (1,96 Meter) gleicht er mit seiner unglaublichen Armspannweite (2,15 Meter) und Beweglichkeit aus. Für aufmerksame Bamberger Basketball-Fans ein kleines Déjà-vu: Kyle Hines (2010/11 bei Brose) hat die identischen Körpermaße und trägt die gleiche Trikotnummer (42).
Mit der Nummer 23 stellte Carrera im venezolanischen Nationalteam unlängst bei der Weltmeisterschaft seine Qualitäten an beiden Enden des Spielfelds unter Beweis. Seine beste Partie mit 19 Punkten und nur einem Fehlwurf lieferte er in der Zwischenrunde gegen den späteren Finalisten Argentinien (67:87-Niederlage) ab. "Gegen eine Mannschaft mit solch tollen Spielern wie Luis Scola oder Facundo Campazzo zu spielen und dann noch so einen Tag zu erwischen, ist etwas, was ich mein Leben lang nicht vergessen werde", sagt Carrera. In seinem Haus in Venezuela hat er direkt nach seiner Rückkehr aus China ein großes Foto von diesem Spiel aufgehängt.
An der Galionsfigur des südamerikanischen Basketballs, dem 39-jährigen Scola, schätzt Carrera vor allem seine professionelle Einstellung. "Er macht eine verrückte Diät, verzichtet teilweise auf das Frühstück, um in seinem Alter noch in toller Form zu sein. Das ist ein Spieler, zu dem man aufschauen kann."
Während sich die Karriere des argentinischen Vorzeigeathleten trotz seiner Rückkehr nach Europa zum Euroleague-Klub Armani Mailand vor drei Wochen langsam dem Ende entgegenneigt, will Carrera jetzt erst richtig durchstarten. "Bamberg ist der nächste Schritt für mich, auf diesem hohen Level habe ich bisher noch nicht gespielt", erklärt das Energiebündel. "Ohne Vorbereitung mit der Mannschaft (Anm. d. Red.: Carrera stieß erst wenige Tage vor Pflichtspielauftakt zum Team) ist es schon hart, all die Systeme zu lernen. Aber dafür sind wir Profis und werden gut bezahlt."
Mit Champions League vertraut
Seinen ersten Profivertrag unterschrieb Carrera nach seiner vierjährigen Collegezeit in den USA 2016 beim russischen Klub Avtodor Saratov. Der Durchbruch (4,3 Punkte, 3,8 Rebounds pro Spiel in der Champions League) in Europa blieb dem damals 23-Jährigen verwehrt. "Die Umstellung vom College in South Carolina zu Russland war riesig für mich. Es war sehr kalt und ich kannte niemanden. Aber die Vergangenheit interessiert mich nicht mehr, jetzt zählt nur Brose Bamberg", sagt Carrera.
Trotz des großen personellen Umbruchs möchte der Venezolaner am liebsten bereits in dieser Spielzeit um Titel mitspielen - vielleicht ja auch in der Champions League. "Das Niveau war bereits damals zu meiner Zeit in Russland sehr gut. Das ist ein Wettbewerb, auf den ich mich definitiv freue."
Freuen würde sich Carrera auch, wenn er nach vielen Kurzstationen in Venezuela, Australien, USA, Mexiko und Argentinien längerfristig eine sportliche Heimat findet. "Deutschland ist eines der besten Länder der Welt. Ich kann mir gut vorstellen, länger hier zu bleiben. Ein Traum ist es natürlich, irgendwann meine Familie hierherzuholen." Ein Teil dieses Traums geht bereits im November in Erfüllung, wenn Carrera seine Freundin Glendis in Franken begrüßen kann.
Zur Person
Geboren am 7. Januar 1993 Größe/Gewicht 1,96 Meter/97 Kilogramm Vertrag bis 2020 Trikotnummer 42 Position Small Forward/Power Forward Statistiken 2018/19 5,8 Punkte, 4,4 Rebounds, 0,4 Assists im Schnitt in 14,4 Minuten; 48,3 % Feldwurfquote, 71,4 % Freiwurfquote (1. Liga Argentinien)
Bisherige Vereine South Carolina (College/USA, 2012 bis 2016), Avtodor Saratov (Russland, 2016/17), Marinos de Anzoategui (Venezuela, 2017), Cairns Taipans (Australien, 2017), Oklahoma City Blue (G-League/USA, 2018), Soles de Mexicali (Mexiko, 2018/19), Obras Basket Buenos Aires (Argentinien, 2019), Trotamundos de Carabobo (Venezuela, 2019)
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