Ein Fehlwurf, der ihn heute noch wurmt, ereignete sich im Viertelfinale der Universiade Anfang Juli in Neapel. Die A2-Nationalmannschaft hatte die USA am Rande einer Niederlage, verlor aber letztlich unglücklich mit 74:76. "Ich hatte mit einem Floater die Chance für die Verlängerung, doch der Ball ging 'in-and-out'. Das war schon sehr frustrierend", erzählt Sengfelder. "Mit Platz 5 kann man zufrieden sein, stolz sollte man darauf aber nicht sein." Mächtig stolz war der Rheinländer hingegen, als er im Februar dieses Jahres im WM-Qualifikationsspiel in Israel zum ersten Mal für das A-Nationalteam auflaufen durfte. "Das war eine enorme Ehre, die ich jeden Tag wieder annehmen würde", sagt Sengfelder, der bei der 77:81-Niederlage in Tel Aviv vier und zwei Tage später gegen Griechenland in Bamberg (63:69) zwei Punkte beisteuerte.
Der perfekte Mitspieler
Auch wenn es in diesem Sommer noch nicht für eine Nominierung für das WM-Team reichte, ist der Leverkusener langfristig als wichtiger Faktor des DBB-Teams vorgesehen. "Christian hat eine perfekte Einstellung und ist damit genau der Spielertyp, den sich jeder Trainer in seinem Team wünscht", sagt DBB-Vizepräsident Armin Andres. "Er ist ein Mannschaftsspieler, der alles für seine Kollegen tut und immer kämpft. Bei der A2 hat er bewiesen, dass er zu den Besten gehört. Für Spieler wie ihn haben wir beim DBB immer Platz."
Seinen Landsleuten drückt Sengfelder bei der am Samstag startenden Weltmeisterschaft die Daumen: "Wir haben einen sehr tiefen Kader und mit Dennis Schröder einen super Anführer. Wir können und sollten uns auch bei diesem Turnier einiges zutrauen." Anknüpfungspunkte mit Schröder hatte Sengfelder bereits in der vergangenen Saison. Als Gesellschafter der Basketball Löwen begleitete der NBA-Star das Team in den Play-offs auf Schritt und Tritt. "Dennis unterstützt das Braunschweiger Team sehr gut. Wir haben auch ein-, zweimal miteinander gesprochen, wie denn mein Plan für diese Saison ausschaut", sagt Sengfelder.
Vom Schwabenland in die Bronx
Während Schröder sein Basketball-ABC in Braunschweig gelernt hatte und 2013 über den großen Teich Richtung NBA zog, war es bei Sengfelder umgekehrt. Nach einer Saison bei Ehingen Urspring in der ProA wagte er 2014 den Sprung ans College, zunächst landete er an der privaten Fordham University in New York City. "Vom kleinen Ehingen im Schwabenland nach New York in die Bronx, das war schon ein extremer Wechsel und eine große Umstellung", erinnert sich Sengfelder. "Der Campus war eingezäunt und behütet, aber als ich dann das erste Mal in Manhattan war und man 30 Sekunden an ein und demselben Gebäude vorbeiläuft, war das schon beeindruckend. Es ist einfach immer was los, auch nachts, man kann nie einschätzen, welche Uhrzeit ist."
Nach drei Jahren hatte Sengfelder seinen Bachelor-Abschluss in Psychologie in der Tasche und wollte sportlich in seinem "Senior"-Jahr noch einmal bei einem ambitionierten College angreifen. So zog es ihn 2017 auf die staatliche Boise State University in den Bundesstaat Idaho. "Da ging es dann wieder von der Großstadt aufs Land. Die Unterstützung dort war unglaublich, es waren 5000 Leute bei unseren Spielen. Es gab drumherum nichts anderes außer College-Football und College-Basketball. Auf der Straße wurde man von jedem sofort erkannt", erzählt Sengfelder. Sportlich blieb der große Wurf aber aus, das Team verpasste den Sprung in das College-Finalturnier "March Madness" knapp.
Mit leeren Händen kehrte Sengfelder nach vier Jahren in den Staaten trotzdem nicht zurück. Nach seinem Psychologie-Bachelor ließ er noch einen Master-Abschluss in Sportpsychologie folgen. "Ich lese auch heute noch viel in der Richtung. Ich denke, dass die mentalen Fähigkeiten auf dem höchsten Level des Profisports den Unterschied ausmachen. Vom Talentlevel unterscheiden sich Spieler oft nur um ein, zwei Prozent", sagt Sengfelder, der trotz seiner erst 24 Jahre schon einen genauen Plan für die Karriere nach der Karriere hat. "Ich möchte mal als Performance Coach arbeiten. Da wird mentales Coaching mit Themen wie Ernährung und Schlaf kombiniert."
Bis es in gut zehn Jahren so weit ist, hat der Rheinländer aber auf dem Parkett Großes vor - bis mindestens 2022 in Bamberg: "Für ein Powerhouse wie Bamberg auflaufen zu dürfen, ist natürlich eine Chance, die man nicht alle Tage bekommt. Wir können in der kommenden Saison definitiv eines der besten drei oder vier Teams der Bundesliga sein."
Christian Sengfelder
Geboren am 28. Februar 1995 in Leverkusen Größe/Gewicht 2,06 Meter/112 Kilogramm Vertrag bis 2022 Trikotnummer 43 Position Power Forward/Center Statistiken 2018/19 11,3 Punkte, 5,9 Rebounds, 0,9 Assists im Schnitt in 27 Minuten; 50,5 % Feldwurfquote (Dreier: 36,1 %, Freiwürfe: 80,3 %) Bisherige Vereine Bayer Leverkusen (bis 2013), Team Ehingen Urspring (2013/14), Fordham University (2014 bis 2017), Boise State University (2017/18), Basketball Löwen Braunschweig (2018/19)