Der deutsche Meister startet mit einer 92:93-Heimpleite ins Play-off-Viertelfinale. Die Verteidigung gegen Mayo, Thompson & Co. war eine Katastrophe.
Am Mittwoch wurde die Sandkerwa abgesagt, am Samstag fiel die erste Basketball-Party aus -
Bamberg befindet sich im Schockzustand. Nach der Schlusssirene waren in der Frankenhölle nur noch die etwa 30 Bonner Anhänger zu hören, die sich über den nicht für möglich gehaltenen Auswärtssieg freuten. Dass Brose-Center Leon Radovic beim zweiten Angriff nach Pass von Nicolo Melli der Ball durch die Finger rutschte, war nicht so schlimm, das gleiche Missgeschick von Daniel Theis nach genialem Anspiel von Fabien Causeur zwei Sekunden vor dem Ende dagegen hatte fatale Folgen - die klar favorisierten Bamberger kassierten gegen entfesselt aufspielende Bonner im ersten Play-off-Spiel der Saison eine 92:93-Heimniederlage.
Die Telekom Baskets stellten in der Brose Arena ihre Offensiv-Qualitäten unter Beweis und sorgten für eine faustdicke Überraschung. Möglich machte das der deutsche Meister, der sowohl in der Eins-gegen-eins- als auch in der Pick-and-roll-Verteidigung die gewohnte Intensität zu wünschen übrig ließ und dem krassen Außenseiter in der Frankenhölle 93 Punkte ermöglichte. Das gab es in der Trinchieri-Ära in den Play-offs noch nie und war selbst in der Euro-league in dieser Saison nur drei Gästeteams gelungen. Weiter geht's jetzt in der Best-of-five-Serie am Mittwoch (20.30 Uhr) in Bonn. Spiel 3 findet am Sonntag, 14. Mai, um 15 Uhr wieder in Bamberg statt.
Den Bonnern war anzumerken, dass sie die letzten Pleiten vergessen machen wollten. Sie demonstrierten ihre Offensivstärke, wobei vor allem der Ex-Bamberger Ryan Thompson nach seiner Nullnummer gegen Oldenburg aufdrehte. Die Gastgeber hatten in der Verteidigung ihre liebe Not, die Rheinländer um ihren Wirbelwind Josh Mayo, der 40 Minuten auf dem Feld stand, zu stoppen.
Zu Beginn des zweiten Abschnitts (22:25) drehte auf Bamberger Seite Jerel McNeal, der den angeschlagenen Nikos Zisis vertrat, auf und schoss den Meister mit 31:28 in Front. Doch die Bonner schlugen postwendend zurück.
Unter der Regie von Janis Strelnieks zog der Gastgeber nach dem Seitenwechsel mit einem 10:0-Lauf auf 56:47 davon. Der starke Ken Horton, der 13 seiner 16 Punkte im dritten Viertel verbuchte, hatte zusammen mit Mayo (25 Punkte, 9 Assists) aber etwas gegen eine frühe Vorentscheidung.
Mit einem 81:81-Gleichstand ging es in die nervenaufreibenden letzten drei Minuten. 63 Sekunden vor dem Ende lag der hohe Favorit sogar mit 88:92 hinten, weil er gegen Mayo & Co. einfach keinen Stopp hinbekam. Theis und McNeal brachten die Brose Arena dann zum Beben (92:92). Nach einem taktischen Foul der Gastgeber traf Dileo nur einen Freiwurf, doch der reichte zum Sieg, weil Theis beim letzten Angriff der Ball durch die Finger flutschte.
Zehn Freiwürfe verballert
Bambergs Center schlich mit gesenktem Kopf vom Feld, doch die alleinige Schuld an der Pleite an ihm festzumachen, wäre falsch. Insgesamt leistete sich der Gastgeber doppelt so viele Ballverluste (12:6) wie die Bonner, verschenkte zehn Punkte an der Freiwurflinie und versäumte es, in den letzten zehn Minuten erfolgversprechende Würfe (kein Dreier bei acht Versuchen) herauszuspielen.
Trotz der Pleite hat das Brose-Team alles noch in eigener Hand: Auch 2012 gab es zum Viertelfinal-Auftakt eine Heimniederlage gegen Bonn - und nach den neun Siegen in Serie herrschte Partystimmung in Freak City.
Andrea Trinchieri: Wir haben das Spiel in der Verteidigung verloren
Andrea Trinchieri (Brose-Trainer): "Das Wichtigste an einer Play-off-Serie ist, gut reinzukommen - das ist uns nicht gelungen. Wenn du zu Hause 93 Punkte zulässt, dann heißt das, dass unser Fokus in der Verteidigung nicht stimmte. Wir haben das Spiel in der Abwehr und bei den 50:50-Bällen verloren. Bonn hat elf Mal die freien Bälle erkämpft und dadurch gepunktet. In solchen Situationen ist es einfach so, dass der den Ball bekommt, der ihn mehr will. Wir blieben in der Verteidigung und von der Intensität deutlich unter unseren Möglichkeiten. Es steht 1:0 für die Bonner, die den Sieg verdient haben. Wir müssen uns wieder zu einem starken Team zusammenzufinden und zu allererst verstehen, was passiert ist - dann können wir nach Lösungen suchen."
Predrag Krunic (Bonns Trainer): "Wir haben verdient gewonnen, weil wir an uns geglaubt haben. Jeder hat versucht, das Maximum zu geben. Es ist etwas Besonderes, in den Play-offs spielen zu dürfen, insbesondere für eine Mannschaft, die so unerfahren ist wie unsere. Mein Team hat gegen eine starke Mannschaft gut gekämpft."
Patrick Heckmann (Brose-Flügelspieler): "Bonn hat sehr stark gespielt und schwierige Würfe getroffen. Sie haben gute Schützen, für die der Korb heute sehr groß war. Da kann es schon passieren, dass ein so offensiv orientiertes Team heiß laufen kann. Wir haben dagegen nicht gut verteidigt und in den entscheidenden Momenten nicht die richtigen Entscheidungen getroffen. Dennoch hatten wir die Chance, das Spiel für uns zu entscheiden. Mit ein bisschen Glück hätten wir am Ende fast noch gewonnen. Wir müssen das Spiel abhaken und uns auf Mittwoch konzentrieren."
Darius Miller (Brose-Scharfschütze): "Die Bonner waren heute sehr entschlossen. Sie haben um jeden Ball gekämpft und sehr gut verteidigt. Um unsere Freiwurfquote mache ich mir keine Sorgen. Wir sind an der Linie eigentlich sehr sicher. Aber wir müssen härter spielen, denn es darf nicht passieren, dass uns jemand in eigener Halle besiegt. Die Serie ist nicht nach einem Spiel beendet. Wir haben ein Team mit starkem Charakter und werden am Mittwoch zurückschlagen."
Josh Mayo (Bonns Topscorer): Wir gingen sehr fokussiert in die Partie und wollten vor allem unsere Ballverluste so gering wie möglich halten. Das ist uns gelungen, am Ende waren es im ganzen Spiel nur sechs Turn-overs, und unsere Offensive war großartig. Wir haben ein tolles Spiel abgeliefert."
Nicolo Melli (Bambergs Bester): "Das Problem war, dass wir 93 Punkte zugelassen haben. Wir haben heute nicht verteidigt. Wenn es uns gelingt, unsere Abwehr zu verbessern, dann ist alles gut. Wir haben in der zweiten Halbzeit etwas verändert, aber es fehlte weiter die Intensität. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir das in den nächsten Spielen besser machen." kg/ps