Der 20-jährige Litauer ist nach einem lehrreichen Jahr in Sizilien zurück in Bamberg - und ist kaum wiederzuerkennen.
Eine knappe Stunde nachdem Arnoldas Kulboka an 55. Stelle des NBA-Drafts in Brooklyn von den Charlotte Hornets ausgewählt worden war, meldete sich der Litauer über den Kurznachrichtendienst Twitter zu Wort. "Ich habe schon immer gewusst, dass ich mal ein Hornet werde", schrieb der 20-Jährige aus Los Angeles, wo er Ende Juni bei den Lakers ein Probetraining absolvierte.
Ein etwas kitschig anmutender Satz, der durch das beigefügte Foto an Bedeutung gewann. Darauf zu sehen ist ein kleiner, blonder Junge in einer türkis-lilafarbenen Trainingsjacke der Charlotte Hornets: Arnoldas Kulboka vor zehn Jahren. "Um ehrlich zu sein, hat mir das Bild meine Mutter geschickt, direkt nachdem ich gedraftet wurde. Ich selbst war ziemlich überrascht, weil ich mich gar nicht mehr dran erinnern konnte", erzählt Kulboka grinsend.
"Ich liebe es, schnell zu spielen"
Es dauerte keine zwei Wochen, bis der Flügelspieler die "echte" Hornets-Trainingsjacke als Spieler tragen durfte. Gleich in seinem ersten Spiel in der "Las-Vegas-Summerleague" hinterließ er beim 88:87-Sieg über die Oklahoma City Thunder mit zwölf Punkten in 13 Minuten einen bleibenden Eindruck. Eine starker Start im Mutterland des Basketballs, der Kulboka selbst wenig überraschte: "Ich liebe es, schnellen Basketball zu spielen, viele Würfe, besonders Dreier, zu nehmen. Für mich war das keine große Umstellung."
Trotz der vielversprechenden Ansätze war es ebenso keine Überraschung, dass Kulboka noch keinen Vertrag für die NBA-Saison 2018/19 erhielt. Dass Spieler, die in der zweiten Runde (ab Position 31) des NBA-Drafts gezogen werden, noch eine oder mehrere Spielzeiten im Ausland verbringen, um sich körperlich und spielerisch weiterzuentwickeln, ist das übliche Prozedere. Feinschliff, den der 20-Jährige in Bamberg erfahren soll, wo er 2015 als 17-Jähriger einen Vertrag über fünf Jahre unterschrieb. Die ersten beiden Spielzeiten war Kulboka vor allem in der Nachwuchs-Bundesliga (NBBL) für den TSV Breitengüßbach und der 2. Liga ProA für Baunach im Einsatz.
Lehrreiches Jahr in Italien
Im Sommer 2017 wurde Kulboka für ein Jahr zum italienischen Erstligisten und Champions-League-Teilnehmer Capo d'Orlando verliehen. "Das war für mich eine große Chance zu zeigen, dass ich fähig bin, auf einem höheren Level zu spielen. Ich hatte eine große Rolle im Team und konnte viele Erfahrungen sammeln", sagt der Litauer, der in der Champions League knapp über zehn Punkte und fünf Rebounds in 27 Minuten auflegte.
Kulboka war dabei einer der wenigen Lichtblicke im Team der Sizilianer. Nachdem Capo d'Orlando im Vorjahr noch das Überraschungsteam der Liga war, sich für die Play-offs und dadurch auch für den internationalen Wettbewerb qualifiziert hatte, stieg das Team in der vergangenen Spielzeit als Tabellenletzter ab. "Wenn man wettbewerbsübergreifend 20 Spiele in Folge verliert und in jedes Spiel mit der Einstellung reingeht, dass es fast unmöglich ist, zu gewinnen, ist das schon eine schwierige Situation", sagt Kulboka. Auch in der Gruppenphase der Champions League gab es für die Sizilianer mit zwei Siegen aus 14 Spielen wenig zu holen.
Kulboka ist der einzige Spieler im Brose-Kader, der die neue "internationale Heimat" der Bamberger schon hautnah erlebt hat. "Die Champions League ist ein sehr junger Wettbewerb, der von Jahr zu Jahr besser wird. Ich würde das Niveau in der kommenden Saison genauso hoch wie im Eurocup einschätzen. Es ist natürlich noch kein Euroleague-Niveau, aber es bewegt sich immer mehr in die Richtung", lautet die Einschätzung des 20-Jährigen, der die letztjährige Bamberger Saison in der Euroleague und Bundesliga aus der Ferne aufmerksam verfolgte.