Spezielles Bamberger Kunstwerk: Freunde des Wirts standen Modell

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Ausschnitt aus dem Tympanon, das seit rund 25 Jahren eine Bamberger Gaststätte ziert. Foto: Ronald Rinklef
Ausschnitt aus dem Tympanon, das seit rund 25 Jahren eine Bamberger Gaststätte ziert. Foto: Ronald Rinklef
Das Bild aus Heils Besitz entstand während der Vorarbeiten zu dem Kunstwerk: Der Teufelskopf und erste andere Abgüsse sind fertig.
Das Bild aus Heils Besitz entstand während der Vorarbeiten zu dem Kunstwerk: Der Teufelskopf und erste andere Abgüsse sind fertig.
 
Der Bamberger Bildhauer Adelbert Heil in seinem Atelier
Der Bamberger Bildhauer Adelbert Heil in seinem Atelier
 
Ab und zu staubt "Toni", der Wirt, das Tympanonon ab, das lange vor ihm im Haus Heinrichsdamm 7 war. Foto: Ronald Rinklef
Ab und zu staubt "Toni", der Wirt, das Tympanonon ab, das lange vor ihm im Haus Heinrichsdamm 7 war. Foto: Ronald Rinklef
 

In einem kleinen Bamberger Lokal sorgt ein ungewöhnliches Kunstwerk immer wieder für Gesprächsstoff. Geschaffen wurde es um das Jahr 1990 durch Bildhauer Adelbert Heil. Als "Modelle" fungierten damals Leute aus der örtlichen Gastro- und Künstlerszene.

Ein Vierteljahrhundert ist es her. Und doch mag Bildhauer Adelbert Heil nicht die Namen derer öffentlich nennen, die er um 1990 herum in einem ganz speziellen Kunstwerk verewigt hat. Es ist in die Nische eines kleinen Bamberger Kellerlokals gemauert und veranlasst Gäste bis heute zu Spekulationen, wer da wohl und warum abgebildet worden ist.

Es handele sich nahezu ausnahmslos um Leute, die in den "wilden 1980er Jahren" in der örtlichen Künstler- und Gastroszene unterwegs waren, sagt Heil im Gespräch mit der Lokalredaktion. Die aus einer rötlichen Kunstsandsteinmasse geformten Köpfe und Körperteile gehören demnach früheren Musikern, Wirten, Köchen und Kellnern sowie Theaterleuten.

Von einigen hat der Bildhauer die Namen gar nicht mehr parat.
Denn es waren nicht Freunde von ihm, sondern Bekannte eines Mannes namens Knut, der um 1990 herum im Keller des Eckhauses Heinrichsdamm 7 eine Bar eröffnete und von Heil ein paar Gipsköpfe als Dekoration haben wollte.

Heute betreibt Antonio Dello Russo im Keller ein Speiselokal. Er mag das Kunstwerk, das lange vor ihm da war. Ein Foto davon findet sich in seiner Speisekarte zum Mitnehmen. Wenn Gäste Näheres zu der ungewöhnlichen Arbeit wissen wollen, müsse er jedoch passen, räumt "Toni" ein. Lange habe er nicht einmal gewusst, von wem es stammt. Eine Signatur gibt es nicht.

Das Fürstenportal am Bamberger Dom habe auch keine, antwortet Adelbert Heil schmunzelnd auf die Frage, warum er diese Nischen-Kunst nicht gezeichnet hat.
Das Fürstenportal, genauer gesagt das Tympanon, also das künstlerisch gestaltete Bogenfeld darüber, stand gewissermaßen Pate für die Arbeit: "Da die Hochkunst am Dom, dort die Subkultur im Keller."

Knuts Wunsch an ihn seien ja eigentlich Gipsköpfe gewesen, berichtet Heil im Rückblick. Er habe in jener Zeit zwar viele davon produziert, um die menschliche Anatomie zu studieren. Aber als reine Dekoration wollte er sie nicht verwendet wissen.

Also habe er sich den Kopf zerbrochen und zur Inspiration die künftige Bar besichtigt: "Als ich da die Nische gesehen habe, kam mir die Idee für ein Tympanon." Es erschien ihm als passende künstlerische Form in einem Gewölbe, das mit seinen Bögen und Säulen "viele romanische Zitate" aufwies.

Modell standen ihm schließlich Freunde des Wirts. Meistens abends oder nachts seien sie in seinem Atelier vorbei gekommen. Er machte Gipsabdrücke von Köpfen, anderen Körperteilen und speziellen Gesten - ganz so, wie es die Besucher wünschten.

Das rötliche Material, aus dem später die Abgüsse entstanden, war dem Zufall geschuldet: Heil hatte es damals gerade übrig von einem Restaurierungsauftrag für Skulpturen, die aus rotem Main-Sandstein bestanden.

Seine Anordnung der Köpfe, Büsten, Arme und eines Hinterteils sei aus praktischen Gründen so und nicht anders erfolgt, erklärt der Bildhauer: Er habe sehen müssen, wie sich alle Einzelteile auf dem vorgegebenen Raum zusammenfügen ließen.

Anders als beim "Jüngsten Gericht" im Tympanon des Fürstenportals wolle sein Arrangements nichts über den Lebenswandel oder die Charaktere der Modelle aussagen.

Heils Lieblingsgestalt ist der "Teufel" in der vordersten Reihe: ein fratzenhaftes Männergesicht auf einem weiblichen Oberkörper und mit übergroßen Ohren, die sich bei genauem Hinsehen als Hände entpuppen - es sind die des Bildhauers.

Pate für den "Teufelskopf" stand ein Bamberger, der heute in Leipzig lebt und das Spiel wohl gern mitgemacht hat. Als Zunge diente eine Scheibe Kohlrabi, die der Künstler dem Modell zwischen die geschlossenen Lippen schob, ehe er die Gipsmasse auftrug.

Ab und zu ist der Bildhauer selbst zu Gast "bei Toni" im Keller. Wie das Kunstwerk dort in Ehren gehalten wird, freut ihn. Sein einziger Wunsch wäre eine bessere Beleuchtung. Die plastische Wirkung der Skulpturen käme mit Licht von oben (statt wie jetzt von seitlich unten) besser zur Geltung, sagt Heil.