Seehofer in die Schusslinie

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In der CSU werden Forderungen nach Konsequenzen aus den Stimmenverlusten laut. Fränkische Politiker fordern den Rücktritt des Parteichefs.

Die schwarz-gelb-grüne Fahne Jamaikas wird in der CSU zum roten Tuch: Zu den Stimmenverlusten bei der Bundestagswahl kommt die Angst vor dem Identitätsverlust in einer möglichen Koalition mit FDP und Grünen - vor allem mit Blick auf die Landtagswahl 2018. Der Unmut an der Parteibasis (und nicht nur dort) richtet sich gegen Horst Seehofer.
Am Dienstag fanden in München die ersten Sitzungen nach der Sommerpause des Landtags statt. Allzu groß dürfte das Interesse an den Themen im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes oder im Untersuchungsausschuss "Ei" aber nicht gewesen sein. Besonders in der 101-köpfigen CSU-Fraktion gab es fast nur ein Thema: das Debakel bei der Bundestagswahl.

"Wir haben die Stimmung von der Parteibasis mit nach München genommen, und diese Stimmung ist mehr als gedrückt", sagt im Gespräch mit der Redaktion der Abgeordnete Peter Winter aus Aschaffenburg. Der hatte zuletzt in der Diskussion um einen Nationalpark im Spessart einen Strauß mit Parteichef Horst Seehofer ausgefochten und nimmt kein Blatt vor den Mund. "Es gibt Dinge, über die man jetzt reden muss. Horst Seehofer hat den Kurs im Wahlkampf vorgegeben. Dazu habe ich schon ein paar Fragen."

Aus anderen Ecken Frankens kommen Ausrufezeichen. Alexander König, Abgeordneter aus Hof, hat sich am Dienstag an die Spitze der Seehofer-Opposition in der CSU gestellt: "Wir brauchen einen anderen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl", sagt König. Die Abgeordnete Petra Guttenberger aus Fürth hob wie König Markus Söder als Nachfolger aufs Schild.

Der Chef des CSU-Kreisverbands Nürnberg West, Jochen Kohler, forderte den Rücktritt Seehofers via Facebook: "Auch wenn Herr Seehofer selber gesagt hat, dass er keine Sekunde an einen Rücktritt denke, wir tun dies!" Zuvor hatte der mittelfränkische CSU-Ortsverband Großhabersdorf den Kopf des Parteichefs gefordert. "Horst Seehofer hat ... das historisch katastrophale Abschneiden der CSU bei der Bundestagswahl persönlich zu verantworten."

Die meisten Fraktionsmitglieder, die sich am Dienstag in München getroffen hatten, zogen es vor, nichts zu sagen, einige wie Jürgen Baumgärtner aus Kronach riefen zur Mäßigung auf. "Wir müssen die Nerven behalten", sagt er; eine Personaldebatte sei "unglücklich und nicht klug". Als Franke halte er natürlich viel von Markus Söder. "Aber alles zu seiner Zeit."

Der wiederholt als potenzieller Nachfolger Seehofers gehandelte Finanzminister vermied in Interviews jedes kritische Wort in Richtung Seehofer. "Es rumort an der Basis", sagte Söder salomonisch im "Morgenmagazin" von ARD und ZDF. Er mahnte zur Ruhe vor den Koalitionsverhandlungen in Berlin. "Wir müssen auch zwischen CDU und CSU jetzt einmal richtig reden." Was allerdings nicht eben nach einem Vertrauensvotum für Seehofer klingt.