Sie heißt Elisabeth und kann wunderschöne Vögel nähen. Mehr ist nicht bekannt von einer Frau, die mit ihren Handarbeiten ein Lächeln in die Gesichter von Spaziergängern zauberte.
"Ist das nicht schön?" "Das ist Weihnachten!" Zwei Frauen, Mutter und Tochter, stehen am Nachmittag des 24. Dezember im Pavillon unter der Hainbrücke und erfreuen sich am Anblick ausgestopfter Stoff-Vögeln. Sie baumeln an einer Leine, die durch das "Tempelchen" gespannt ist. In ihrer Mitte hängt ein liebevoll gestalteter Karton, auf dem zu lesen steht: "Friedvolle Weihnachten wünscht Elisabeth".
Die Frauen rätseln, wer die Unbekannte wohl sein mag und ob ihre Vögel Friedenstauben darstellen könnten. Einig sind sie sich darin, dass Elisabeth ausgesprochen fingerfertig sein muss und ihr eine echte Weihnachtsüberraschung gelungen ist: Wo gibt es das noch, dass jemand seine Mitmenschen beschenkt, Wildfremden eine Freude bereitet, einfach so?
Kleines Weihnachtswunder Die Stoff-Vögel zaubern nicht nur ein Lächeln auf die Gesichter derer, die sie sehen; sie
bringen Unbekannte auch ins Gespräch miteinander. Ein kleines Weihnachtswunder in einer Zeit, in der immer weniger Menschen voneinander Notiz zu nehmen scheinen.
Am Vortag wären noch viel mehr dieser hübschen Handarbeiten da gehangen, weiß die ältere der beiden Spaziergängerinnen. Sie ist zum Weihnachtsbesuch aus München angereist und hat bei einer Runde durch den Hain schon am 23. diese ganz besondere Bescherung gesehen.
Was sie sich da noch nicht traute, macht sie an Heiligabend: Sie nimmt Elisabeths Geschenk an und sucht sich einen Vogel aus. Jeder sieht ein bisschen anders aus und ist mit einem Aufhänger für Christbaumschmuck an der Leine befestigt. Man kann sie ganz leicht abnehmen, wie es wohl gedacht ist.
Mit einem roten Bändchen hat jemand schon eine Grußkarte befestigt und bedankt sich bei der unbekannten Näherin für die liebevolle Idee. Am Nachmittag des Ersten Feiertags sind alle Vögel ausgeflogen und die Schnur spurlos verschwunden.