Bamberg
Verkehr

Radentscheid Bamberg: Wie sieht es mit den Folgekosten aus?

Der Stadtrat hat das Bürgerbegehren"Radentscheid Bamberg" einstimmig für zulässig erklärt. Doch das Vorhaben könnte Millionen kosten.
Auch eine Forderung der Bürgerinitiative: Mehr Rad-Abstellanlagen für Bamberg.  Ronald Rinklef
Auch eine Forderung der Bürgerinitiative: Mehr Rad-Abstellanlagen für Bamberg. Ronald Rinklef
Große Freude bei den Initiatoren für das Bürgerbegehren "Radentscheid Bamberg": Über 6500 gültige Unterschriften hat die Gruppe gesammelt und bei der Stadt eingereicht. Nun steht fest: Das beantragte Begehren hat die erste Hürde hinter sich gebracht. Die Mehrheit der angestrebten Ziele ist auch rechtlich zulässig.

Das bedeutet: Nach dem einstimmigen Beschluss im Stadtrat steht einem Bürgerentscheid unter den über 50 000 wahlberechtigten Bambergern nichts mehr im Weg, wenn sich die Initiatoren tatsächlich dafür entscheiden sollten. Als spätester Termin eines solchen Bürgerentscheids wurde in der Stadtratssitzung der letzte Märzsonntag genannt.

Die Befragung aller Bürger, ob der Radverkehr besser gefördert werden soll - mit diesem Ziel sind die Macher des Begehrens angetreten. Das verfolgen sie nach eigenem Bekunden immer noch: "Auf einen Kuhhandel lassen wir uns nicht ein", sagte Christian Hader, einer der Initiatoren. Hader beantwortete damit die mehrfach im Stadtrat geäußerte Hoffnung, dass sich die Stadt die Kosten von 80 000 Euro für die Abstimmung auf dem Verhandlungswege sparen könnte, um das Geld besser in den Radverkehr zu stecken. Hader stellt dazu klar, dass mit solch kleinen Beträgen dem Radverkehr nicht wirkungsvoll zu helfen sei. Wer den Radverkehr in Bamberg fördern, wer ihn sicherer und komfortabler machen wolle, der müsse über die Jahre hinweg zweifellos Millionen in die Hand nehmen.


Gutachten mit Kritikpunkten

Vor einer endgültigen Entscheidung wollen die Macher des Begehrens allerdings erst das Gutachten prüften, das die Stadt in Auftrag gegeben hatte, um die komplexe Frage der Zulässigkeit von zehn Einzelzielen zu klären. Es gibt der Initiative nicht in allen Punkten recht. So stellt der Berliner Verwaltungsrechtler Gernot Schiller fest, dass drei von zehn Zielen des Bürgerbegehren nicht die rechtlichen Bedingungen erfüllen, die an einen Bürgerentscheid geknüpft sind.

So sieht das Gesetz unter anderem vor, dass ein Bürgerbegehren nur über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises beantragt werden dürfe, und es dürfe auch nicht gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen. Unzulässig ist aus Sicht von Schiller die Forderung, jährlich zehn Kilometer Fahrradstraßen auszubauen, mehr Disziplin im Straßenverkehr durch eine Fahrrad-Polizeistaffel zu erreichen oder das das Vorhaben, eine grüne Welle für den Umweltverbund zu erreichen. Trotz aller Kritik stellte aber auch der Gutachter fest, dass die "teilweise Unzulässigkeit nicht zu einer Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens insgesamt führt".

Der Stadtrat folgte der Bewertung des Rechtsexperten und der Verwaltung mit einem einstimmigen Votum. Dennoch war aus den lobenden Worten für die Initiative auch die Befürchtung herauszuhören, dass die Forderungen Bamberg finanziell über Gebühr belasten könnten.

Helmut Müller (CSU) interpretierte das Votum einer "respektablen Zahl" von Bürgern als Appell, die Verkehrsformen künftig ausgewogener zu fördern. Es sei doch unbestritten, dass für den Autoverkehr ein Vielfaches an Geld ausgegeben werde. Dies müsse sich ändern.

Lob hatte für die Unterschriftensammler auch Klaus Stieringer (SPD) übrig. Doch wie Müller setzt auch er darauf, dass die Ziele des Bürgerbegehrens erreicht werden, "ohne die Handlungsfähigkeit des Stadtrats in Frage zu stellen". Schon die 80 000 Euro, die der Bürgerentscheid in der Verwaltung koste, könnten für erste Maßnahmen verwendet werden.


FDP: Kein Spielraum mehr

Der großen Freude bei Bambergs Grünen ("Sie bringen den Stadtrat in Schwung") stand die zurückhaltende Sicht von Andreas Triffo (BBB) und Daniela Reinfelder (BuB) gegenüber. Die Stadt dürfe nicht finanziell "eingedrosselt werden". Es gebe auch andere wichtige Aufgaben, sagte Triffo. "Nicht alles, was wünschenswert ist, ist immer und sofort umsetzbar", machte Daniela Reinfelder klar. Am deutlichsten formulierte Martin Pöhner (FDP) seine Skepsis. Auch die FDP wolle den Ausbau der Radwege, aber man müsse den Bürgern sagen, dass es dann keinerlei Spielraum mehr für den Neubau von Kitas und die Sanierung von Schulen gebe.

Christian Hader vom Radentscheid ließ diese Attacke nicht auf sich sitzen: Die Kosten für Radverkehr und den Bau von Kindertagesstätten gegeneinander aufzurechnen, sei eine unnötig polemische Sichtweise, warf er Pöhner vor. In der Stadt Bamberg würden auch viele Millionen für Projekte ausgegeben, die nicht sozial sind.
Als Beispiel nannte Hader das Acht-Millionen-Projekt Bürgerrathaus.

Standpunkt des Autors:

Neue Prioritäten?

Wer die zehn Ziele des Radentscheid Bambergs aufmerksam durchliest, der zuckt erst einmal zusammen. Was da vollmundig gefordert wird, ist nicht mehr und nicht weniger als eine radikale Abkehr von der bisherigen Prioritätensetzung in Bamberg.

Die Bürger der Stadt nützen das Rad zwar für rund 30 Prozent aller Wege. Das ist mehr als in den meisten Städten Deutschlands. Doch was die finanzielle Förderung betrachtet, dreht sich das Rad gewissermaßen in die andere Richtung.
Die Förderung der umweltfreundlichen Fortbewegungsart ist auch in einer wenig autogerechten Stadt wie Bamberg eher Stief- als Lieblingskind der Haushaltspläne.

Jahrelang wurden in Bamberg Fahrradvorhaben auf die lange Bank geschoben und als finanzpolitische Verfügungsmasse betrachtet. In diese Lücke sind die Macher des Bürgerbegehrens gestoßen und haben offenbar viel Resonanz verspürt. Ohne die Details zu kennen, möchten viele Bürger, dass es auf Bambergs Straßen sicherer zugeht. Dabei ist es ebenso wenig sinnvoll, Sozial- gegen Radprojekte auszuspielen wie Verkehrsteilnehmer untereinander. Die meisten von uns sind Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger.