Polizeichef von Bamberg wünscht sich längere Sperrzeit: Kneipen sollten früher schließen

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Thomas Schreiber, Leiter der Polizei in Bamberg, beantwortete bei einer aktuellen Stunde im Verlagshaus der Mediengruppe Oberfranken Fragen von Lesern zur Kriminalitätsstatistik. Foto: Ronald Rinklef
Thomas Schreiber, Leiter der Polizei in Bamberg, beantwortete bei einer aktuellen Stunde im Verlagshaus der Mediengruppe Oberfranken Fragen von Lesern zur Kriminalitätsstatistik. Foto: Ronald Rinklef
35 Zuhörer kamen in die Räume der Mediengruppe Oberfranken, um Fragen an den Polizeichef von Bamberg loszuwerden. Foto: Ronald Rinklef
35 Zuhörer kamen in die Räume der Mediengruppe Oberfranken, um Fragen an den Polizeichef von Bamberg loszuwerden. Foto: Ronald Rinklef
 

In Bamberg sind die Straftaten im Jahr 2017 auf über 7400 angestiegen. Der Polizeichef erklärt, warum das nicht nur mit der Aufnahmeeinrichtung zu tun hat.

Die Polizei in Bamberg musste im Jahr 2017 im Schnitt zu mehr als 40 Einsätzen am Tag ausrücken. Damit ist die Dienststelle unter allen oberfränkischen Inspektionen am stärksten gefordert. Hochgerechnet auf 100.000 Einwohner rangiert Bamberg bei der Kriminalitätsbelastung noch vor den bayerischen Großstädten wie München und Nürnberg. Schnell stellt sich die Frage, ob das an der Aufnahmeeinrichtung (AEO) im Bamberger Osten liegt. Immer wieder kommt es schließlich zu Problemen in der Einrichtung, in der rund 1400 Bewohner unterschiedlicher Herkunft aufeinander treffen.

stadt bamberg: zapfenstreich um zwei uhr nachts


Doch gibt es noch andere Erklärungen, wie Thomas Schreiber, Leiter der Polizei Bamberg-Stadt, am Montagabend ausführte. Der 57 Jahre alte Leitende Polizeidirektor stand im Verlagshaus der Mediengruppe Oberfranken den Moderatoren Michael Memmel, Leiter der Lokalredaktion, und Frank Förtsch, Chefredakteur der MGO, sowie rund 35 Lesern Rede und Antwort. Die wichtigsten Fakten zusammengefasst.

1. Die Straftaten in Bamberg sind im vergangenen Jahr um zehn Prozent gestiegen. Liegt das nur an der Aufnahmeeinrichtung?
"Wir stellen fest, Bamberg ist als Welterbestadt und Anziehungspunkt voller Menschen. Es ist immer Gewusel, das gibt immer Konflikte", erklärt Schreiber. Flüchtlinge trügen zwar einen Teil dazu bei. "Aber auch der Sauftourismus, wo manche nicht mehr steuerbar sind: Wir zählen 140 Angriffe auf Polizisten in Bamberg." Von sexueller Belästigung von Kolleginnen bis zum versuchten Tötungsdelikt sei alles dabei. "Der Alkohol führt auch dazu, dass die Zahl der Straftaten nach oben geht", so der Polizeichef. Asylsuchende könne man also nur für einen Teil verantwortlich machen.

2. Die Polizei muss oft in die Aufnahmeeinrichtung ausrücken. Was sind die Gründe dafür?
Etwa 700 Mal musste die Polizei im vergangenen Jahr zur AEO fahren. "Bei 16.000 Einsätzen insgesamt im Jahr 2017 ist das bei der schwierigen Belegung relativ wenig", sagt Schreiber. Einsätze wegen Schlägereien seien davon in etwa die Hälfte. Das sind 282 Fälle von insgesamt 1173 Rohheitsdelikten, die in Bamberg im Jahr 2017 geschehen sind. Dabei geht es laut Schreiber um Geld, Handys, Frauen oder politische Überzeugungen. "Das sind Dinge, von denen bekommen die Bürger aber nichts mit. Wir fahren nicht nur wegen Schlägereien zur AEO, sondern auch wegen anderer Dinge, wenn eine falsche Urkunde vorgelegt wird oder wir jemanden vernehmen müssen."

3. Von 747 Ladendiebstählen sollen 381 von Bewohnern der AEO begangen worden sein - eine hohe Zahl.
Ladendiebstähle kommen laut Schreiber im Umfeld von großen Asylunterkünften vor, so auch in den Geschäften im Osten von Bamberg. Das habe unterschiedliche Gründe: "Es gibt auch Leute, die Asyl beantragen, die zur Begehung von Straftaten hier sind", verdeutlicht Schreiber. Das sei etwa bei der Gruppe der Georgier zu beobachten, von denen derzeit noch rund 250 in der AEO sind. Über 100 wurden zuletzt abgeschoben. Andere dagegen begingen Armutsdiebstähle. Der Polizeidirektor stellt klar: " Viele Personen in der AEO sind total nett und friedlich. Man muss natürlich bedenken, dass dort auch viele alleinreisende junge Männer sind, die völlig entwurzelt sind." Was der Polizei Sorge bereite, sei die wechselnde Besetzung der AEO. Prävention sei somit kaum möglich. Aber: "Wenn AEO-Bewohner auftreten, dann nur bei Klein- und Kleinst-Kriminalität." Straßenkriminalität habe mit Zuwanderern relativ wenig zu tun.

4. Müssen Frauen abends allein auf der Straße Angst haben?
Keine Frau müsse Angst haben, beruhigt Schreiber. Man solle auch nicht verängstigt sein. Bei sexuellen Straftaten würden sich Opfer und Täter meist kennen. So seien Sexualstraftaten zwar auch schon einmal in der Stadt passiert. "Aber das sind keine Überfälle, wo der Täter aus dem Busch springt." Allerdings merken Zuschauerinnen an, dass sie sich in dunklen Ecken schon fürchteten und eine bessere Beleuchtung forderten. Schreiber verweist an dem Punkt an die Stadt, die zuständig sei.

5. Warum fährt die Polizei mit mehreren Fahrzeugen in die AEO? Die Einsatzkräfte fehlen dann woanders.
Schreiber bestätigt, dass die Polizei mit mehreren Einsatzkräften in die AEO fährt. "Das ist vergleichbar mit dem Sandgebiet. Wenn da eine Gruppe in Streit gerät, dann besteht die Gefahr, dass die auch auf uns losgehen." Die Sicherheitsdienste in den Kneipen seien angehalten, möglichst schnell die Polizei zu rufen, sollte eine Straftat vorfallen. Schreiber lobt auch den Sicherheitsdienst, der in der AEO einen sehr guten Job mache und erst aufgestockt wurde. So sollen dort derzeit rund 65 Sicherheitsdienstler am Tag und 35 in der Nacht im Einsatz sein, bestätigt auch Stefan Krug, zuständig für die AEO bei der Regierung von Oberfranken, der am Montag im Publikum saß.

6. Sind jetzt alle geforderten zusätzlichen 20 Polizeistellen besetzt?
"Wir haben niemals in Bamberg 20 zusätzliche Polizisten gehabt, aber permanent von anderen Dienststellen Unterstützung bekommen", erklärt Schreiber. So seinen sechs Stellen wechselnd besetzt, 14 Polizisten der Inspektion dauerhaft zugeteilt worden. Für die Verteilung sei der Polizeipräsident von Oberfranken zuständig, doch könne dieser nur verteilen, was er an Personal zur Verfügung habe. "Im Vergleich zu anderen Dienststellen sind wir gut aufgestellt. Natürlich hätte ich gerne mehr, aber das Primat hat die Politik."

7. Es gibt mehr Probleme mit alkoholisierten Personen - hat Schreiber in dieser Hinsicht Wünsche an die Politik?
Der Polizeichef würde sich eine Verlängerung der Sperrzeit wünschen: "Mir wäre es recht, wenn die Bamberger Kneipen früher zumachen." Die ruhigste Zeit sei während der Sandkerwa, denn dann machten die Lokale im Sand bereits um 1 Uhr zu.

8. Die Wohnungseinbrüche sind im Jahr 2017 auf 19 zurückgegangen, liegt das daran, dass sich die Leute besser schützen oder werden die Einbrüche tatsächlich weniger?
Schreiber erklärt, dass vielleicht die Hälfte der 19 Wohnungseinbrüche "echte Einbrüche" seien. Die andere Hälfte sei oftmals mit Streitigkeiten verbunden. Den Rückgang erklärt er mit einer aufmerksamen Nachbarschaft, der Präsenz der Polizei, mit besseren Schutzmaßnahmen, aber auch durch eine Verlagerung von Wohnungseinbrüchen in den Landkreis.

9. Anwohner haben Angst, die Polizei wegen Ruhestörung zu rufen, schließlich könnte man von den angezeigten Personen bedroht werden...
Dass jemand Probleme bekam, weil er die Polizei gerufen habe, sei ihm bisher nicht bekannt geworden, sagt Schreiber. Zum Thema Ruhestörung: "Ich habe Verständnis für alle, die sich gestört fühlen. Ich bitte aber um Nachsicht, bei allen Straftaten, die wir haben, müssen wir Ruhestörungen auf unserer To-Do-Liste ganz nach unten schieben."



Welche Nummer für welchen Vorfall?

Notruf Wenn akut eine Straftat passiert, bei der es wichtig ist, dass die Polizei möglichst schnell vor Ort ist, etwa um die Täter zu schnappen, sollte die 110 gerufen werden. Bei medizinischen Notfällen sollte die 112 gewählt werden.

Inspektion Wenn es um Vorfälle wie Falschparken geht, ruft man die Polizeiinspektion direkt unter der 0951/9129-0 an.