Oft über 1000 Euro pro Familie: Was Bamberg für Asylbewerber zahlt

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Hartnäckig halten sich Gerüchte, Asylbewerber müssten keine Fahrscheine bezahlen. Doch sie stimmen nicht: die häufig frequentierte Linie 902 am Balkanzentrum. Foto: Ronald Rinklef
Hartnäckig halten sich Gerüchte, Asylbewerber müssten keine Fahrscheine bezahlen. Doch sie stimmen nicht: die häufig frequentierte Linie 902 am Balkanzentrum.  Foto: Ronald Rinklef

10 Millionen plant Bamberg für die Flüchtlingskrise 2016 ein. Was beim einzelnen Asylbewerber ankommt, darüber wurde im Stadtrat berichtet.

Ulrike Siebenhaar spricht von urbanen Mythen. Ob in den sozialen Netzwerken oder an Stammtischen: Hartnäckig halten sich auch in Bamberg Gerüchte, dass es für Asylbewerber Sonderrechte gebe - kostenloses Busfahren zum Beispiel oder Gratisbesuche im Bambados. "Das ist alles völliger Blödsinn. Es gibt definitiv keine Freifahrtscheine für Flüchtlinge", stellt die Pressesprecherin klar.


Volle Busse auf der Linie 902

Tatsächlich ist es so, dass Asylbewerber und ebenso Bewohner des so genannten Balkanzentrums viel Bus fahren oder auch Bambergs Bäder besuchen. Besonders die Linie 902 von der Kastanienstraße zum ZOB ist regelmäßig gut besucht. Teilweise kommt es wegen des Ansturms dort sogar zu Verzögerungen beim Einsteigen.

Das ist auch nicht verwunderlich neben einer Einrichtung mit über 1100 Menschen, die sich frei bewegen können. Ebenso dass auch Flüchtlinge über Bargeld verfügen.

Um wie viel Geld es dabei genau geht, war kürzlich im Stadtrat zu erfahren. Das Sozialreferat listete auf, welche Leistungen die derzeit 688 in den Gemeinschafts-, Ausweichunterkünften und externen Wohnungen lebenden Menschen erhalten.

Laut Stadt bekommen die 646 Asylbewerber und 42 anerkannten Asylbewerber das Geld einmal im Monat im Rathaus ausbezahlt. Seine Höhe richtet sich mehrheitlich nach Paragraph 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes und zum kleineren Teil nach Paragraph 2. In der Praxis unterscheiden sich die Summen aber kaum. Die Beträge entsprechen im Wesentlichen den Leistungen für Hartz-4-Empfänger, eine Gleichsetzung, über die das Bundesverfassungsgericht 2012 entschieden hat.


Zwischen 212 und 330 Euro

Das sind die ab Januar gültigen Summen: Erwachsene erhalten einen um die Kosten für Strom und Ersatzbeschaffungen geminderten Betrag von 330 Euro, Ehepaare je 297 Euro, erwachsene Personen ohne Hausstand 263 Euro und Kinder je nach Alter zwischen 212 und 269 Euro.

Richard Reiser vom Sozialamt bestätigt, was man sich an einer Hand ausrechnen kann, dass dabei häufig Summen über 1000 Euro herauskommen, die etwa einer vierköpfigen Familie für Essen, Trinken und Kleidung zur Verfügung stehen.

Bis Dezember 2015 profitierten auch die so genannten Balkanflüchtlinge von diesen Leistungen, vorausgesetzt, sie hatten Asyl beantragt und lebten in einer Bamberger Unterkunft außerhalb des Rückführungszentrums (Are). Seit sie an die Pödeldorfer Straße umziehen mussten, hat sich das geändert: Wegen des dort vorherrschenden "Sachleistungsprinzips" u.a. für das Essen gibt es nur noch ein gestaffeltes "Taschengeld", das zwischen 85 und 145 Euro liegt.

Langjährige Verwaltungsfachleute wie Richard Reiser sind überzeugt, dass die Verringerung des finanziellen Anreizes ein wichtiger Grund für den Rückgang von Flüchtlingen aus dem Balkan ist.

In der Politik wird dieser Zusammenhang kontrovers diskutiert - auch im Bamberger Stadtrat. Ohne den Flüchtlingen einen Vorwurf machen zu wollen, wertet Helmut Müller (CSU) die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als schweren Fehler. Dadurch seien falsche Anreize für Wirtschaftsmigranten geschaffen worden, Anreize, die wegen der einheimischen Hilfeempfänger nun für sozialen Sprengstoff sorgen.


Grüne: Das ist Mindestniveau

Ganz anders sehen die Grünen diese Frage. Stadträtin Petra Friedrich verteidigt die Zahlungen nach dem Leistungsgesetz als Mindestniveau, "um in Deutschland ein menschenwürdiges Leben führen zu können". Die Festsetzung eines Taschengeldes wie in der Bamberger Großunterkunft gehandhabt lehnt sie dagegen ab.
Freilich wollen die Grünen auch, dass Flüchtlinge arbeiten können und niemandem zur Last fallen. Auch mit der Hartz-Gesetzgebung, von der rot-grünen Bundesregierung 2005 durchgesetzt, hadert die Bamberger Grüne: "Menschen so extrem runterzustufen, war unverschämt", sagt Friedrich.