Stefan Hartmann muss Geld verdienen. Der ehemalige Oberhaider Pfarrer ist aus dem Klerikerstand ausgeschieden, um mit seiner großen Liebe zu leben.
Die Waschmaschine kann er schon länger bedienen und kochen auch. Krankenversichert hat er sich inzwischen, jetzt muss er vor allem eines: rasch Geld verdienen. Stefan Hartmann, der momentan bekannteste Ex-Pfarrer in der Regionn, der Liebe, Offenheit, Freiheit und Zweisamkeit vor Sicherheit und Einsamkeit gestellt hat. "Ich habe diese fürchterliche Einsamkeit nicht mehr ausgehalten!"
Naheliegend, dass er nun gemeinsam mit seiner Liebe und Lebensgefährtin Sandra Dorn zum Redaktionsgespräch kommt, nachdem er wieder einmal nach einer Nachtcafé-Sendung im SWR für Aufsehen gesorgt hat. Vor zwei Jahren hat sich der promovierte Theologe und Oberhaider Pfarrer öffentlich, also im Fernsehen, zu seiner Tochter bekannt. Es folgte eine Zeit der Anfeindungen, Diskussionen, Hoffnungen. Dem Geistlichen wurde in der Zwischenzeit klar, dass er fortan nicht mehr alleine durchs Leben gehen wollte. Er schrieb an den Papst, wollte einerseits die Befreiung vom Zölibat und zugleich die Erlaubnis, weiterhin Pfarrer sein zu dürfen. Was er erhalten hat, war die Befreiung vom Gelübde und die Erlaubnis - ohne Pomp - kirchlich zu heiraten.
Dann kam Sandra Dorn, in der er seine große Liebe sieht. Mit ihr möchte Stefan Hartmann sein weiteres Leben verbringen. Seit Anfang dieses Monats ist der 61-Jährige sozusagen arbeitslos: Er wurde offiziell aus dem Klerikerstand entlassen, darf nun zwar heiraten, aber keine Seelsorge mehr betreiben. Zumindest nicht in Diensten der katholischen Kirche und nicht im Erzbistum Bamberg. Auch Religionsunterricht ist tabu, da er dafür die Missio des Erzbischofs bräuchte. Was eher als unwahrscheinlich gilt. Bis zur Rente, für die das Erzbistum die Beiträge nachbezahlt hat, sind es noch über vier Jahre. Derzeit lebt Hartmann, der nun auch nicht mehr als Pfarrer bezeichnet wird, von Erspartem.
Nun ist er intensiv auf der Suche nach Arbeit, mit der er, der promovierte Theologe, Geld verdienen kann. Lebensgefährtin Sandra, freie Uni- und VHS-Dozentin, Journalistin und Buch-Autorin, hat für ihn einen Flyer entworfen, in dem der Theologe seine Dienstleistungen beschreibt: als freier Redner oder Textgestalter bei freudigen wie trauervollen Anlässen oder auch seelsorgerische Beratung und Begleitung. Letzteres hat er in den letzten Jahrzehnten professionell und ausgiebig getan, aber eben "nur" für die katholische Kirche.
Dienste angeboten
Stefan Hartmann hat Verbindung zum Schulamt aufgenommen und sich als Ersatz-Lehrer für Ethik und Philosophie angedient. Die Dinge hier müssen sich entwickeln, sagt er. Speziell bei Trauerinstituten zumindest scheinen seine Dienste (als Trauerredner) eine Lücke zu schließen.
Insgeheim hatte er freilich gehofft, dass Erzbischof Ludwig Schick ihn doch noch mit einer Aufgabe betrauen würde. Dennoch, trotz der beruflichen Ungewissheit: "Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen", schildert er seine emotionale Situation, "ich bin erleichtert." Es war diese grenzenlose, gnadenlose Einsamkeit, die ihm zugesetzt hat. Genau dieser Aspekt war es, der den Wunsch nach einer Ehe festigte. Geht alles seinen Gang, so könnte er mit Sandra Dorn noch in diesem Jahr vor den Altar treten. Selbstverständlich wolle er nicht nur standesamtlich heiraten.
Was hat die Zwei zusammengeführt? Letztlich ein Buch: Sandra Dorn brauchte noch Bamberger Prominente für ihr Buchprojekt. Ein interessantes Interview. Sie fand ihn sympathisch, er sie nett. Nach dem zweiten Treffen zum Buchprojekt entdeckte man gemeinsame Interessen. Es folgte eine (platonische) Freundschaft, man ging spazieren oder in Konzerte. Das ging ein Jahr. Dann wurde zuerst der Bambergerin klar, dass es mehr war. Später entdeckte Hartmann seine Gefühle. Im Gegensatz zu anderen katholischen Pfarrern wollte er sich nicht verstecken, sich nicht durchmogeln, wie er es nennt, sondern sich öffentlich frei bewegen, mit seiner Liebe.
Seine Partnerin wiederum fand es auch wichtig, Signale an andere Frauen zu senden, indem man Hand in Hand geht. "Zölibatäre Priester sind für manche Damen Freiwild, Zielscheibe romantischer Sehnsüchte", findet die 49-Jährige. Konsequent geht das Paar seinen Weg weiter: Hartmann zieht vom 280 Quadratmeter großen Pfarrhaus in die nun gemeinsame 58-Quadratmeter-Mietwohnung. Ein Viertel seiner Bibliothek muss er einlagern, so viele Bücher wie bislang wird er eh nicht mehr kaufen können. Anfang des Jahres trat man erstmals in
Oberhaid offiziell zusammen auf.
Wie sehen es die Familien der beiden die Beziehung? Positiv. Das gilt für Hartmanns 26-jährige Tochter ebenso wie für Dorns 16-jährige aus einer vorherigen Ehe. Auch das weitere Umfeld reagiere zu 99 Prozent positiv. Die Zeit für ein Umdenken sei reif, finden die Beiden, die nach wie vor in der katholischen Kirche verwurzelt sind und selbstverständlich auch Gottesdienste besuchen. Stefan Hartmann ist vor allem an Weihnachten und anderen großen kirchlichen Festen jetzt viel entspannter. Die Hoffnung ruht weiterhin auf Papst Franziskus.
Der Bibel verpflichtet
Im Rückblick meint der Theologe: "Ich habe mich stark überschätzt mit dem Zölibatsversprechen als 27-Jähriger. Ich wollte den Menschen helfen und beistehen", schon damals, als er vor der Theologie Psychologie studierte.
Das Paar fühlt sich der Bibel verpflichtet und in der Beziehung bestärkt: "Liebe ist ein göttliches Geschenk, die größte Sünde wäre sich dagegen zu stellen." In seinem Inneren, so Hartmann, abschließend, bleibe er weiterhin Seelsorger.
... nichts Wichtigeres gäbe. Es widert mich allmählich an, ständig wasserstandsmeldungen zum Leben des Herrn Pfarrer zu lesen. Lasst uns mit diesem Oberhaider Geschichtchen in Ruhe. Falls er sich einmal scheiden lassen sollte, können Sie ja wieder darüber berichten.
Die katholische Kirche will modern sein, überall mitreden, lebt aber mit Regeln und Gesetze im Mittelalter.
Anstelle sich über Hartmann sich die Mäuler zu zereißen, sollten die, welche in der Kirche Ihren Ehrenamtsdienst tun vor Ihrer eigenen Türe kehren. Da werden Fürbitten gesprochen , man ist im Pfarrgemeinderat und haut andere in die Pfanne.
Zunächst: Den Jungverliebten viel Glück auf dem gemeinsamen Lebensweg. Das Paar kann natürlich jederzeit vor den Altar treten, zum Beispiel um zu beten oder sakrale Gegenstände zu bewundern. Aber eine katholische, sakramentale Trauung wird es nicht bekommen. Denn da die Braut dem Bericht zufolge bereits einmal verheiratet war - egal ob sakramental oder in "Naturehe" - kann sie das Ehesakrament nicht mehr erhalten. Es sei denn: Die beiden geloben, in einer Josefsehe zusammenzuleben, also ohne Sex miteinander zu haben.
Ja, so kompliziert sind die ehelichen Dinge in der katholischen Kirche geregelt, von der Verteufelung aller vor- und außerehelichen Sexualität ganz zu schweigen.
Aber so wie das Paar Hartmann/Dorn hoffen viele Katholiken, deren Lebenspläne in Liebesdingen in die Brüche gegangen sind, auf ein Machtwort von Papst Franziskus. Es gibt das Gerücht, dass er im März seine abschließende Meinung zu dem Ergebnis der Familiensynoden 2014/15 veröffentlichen wird. So unmissverständlich, wie sich der Pontifex kürzlich zur Unauflöslichkeit der Ehe geäußert hat, ist allerdings kaum ein Wunder zu erwarten. Nicht unwahrscheinlich ist sogar ein weiteres Schisma. Vor dieser Gefahr warnen seit geraumer Zeit die Ultrakatholiken für den Fall, dass der Papst in Richtung Luther ("Die Ehe ist ein weltlich Ding.") schwenkt. Hält der Papst den 2000 Jahre alten Kurs, wird es vermutlich viele "in ungeordneten Verhältnissen lebende" Katholiken geben, die nicht länger treu ihre Kirchensteuer zahlen und als "Ärgernis" vom Empfang des Altarsakraments ausgeschlossen sein wollen. Für all jene sind Seelsorger wie Stefan Hartmann eine Hoffnung: Wenn er es darauf anlegt, wird er bald eine Gemeinde um sich geschart haben und an Räumen für Gottesdienste wird es nicht mangeln. Mit Gottes Hilfe wird es gelingen!
nur eine sakramental geschlossene Ehe ist einmalig! Eine "Naturehe" ist für Katholiken ungültig, wenn der Formpflicht nicht genügt wurde, und kein unwiderrufliches Ehehindernis