"Nitratproblem ist nicht ein Düngeproblem"

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Edgar Böhmer setzt auf organische Düngung, er hat viel in moderne Agrartechnik investiert.Foto: Stefan Fößel
Edgar Böhmer setzt auf organische Düngung, er hat viel in moderne Agrartechnik investiert.Foto: Stefan Fößel

Neue gesetzliche Regelungen sollen unter anderem für niedrigere Nitratwerte sorgen. Doch den Bauern entsteht viel Mehrarbeit.

Für den Medlitzer Landwirt Edgar Böhmer hat die Gülle zu Unrecht einen schlechten Ruf. "Der organische Dünger ist doch das, was der nachhaltig wirtschaftende Landwirt haben will, Gülle hat viele Grundnährstoffe, die ich sonst nirgends herbekomme", sagt Böhmer. Er hat 160 Kühe und bewirtschaftet eine Fläche von 260 Hektar. Für jede Kultur und jeden Boden muss er nun Düngebedarfsermittlungen ausfüllen. Die neue Gülleverordnung bedeutet für ihn mehr Bürokratie und weniger Flexibilität. "Man bräuchte mehr Freiheiten, das oberste Gebot für uns ist immer das Wetter", sagt Edgar Böhmer. Viel hat er in moderne Technik investiert, um den aktuellen Anforderungen gerecht zu werden.

"Die Verordnung regelt die gute fachliche Praxis beim Düngen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen und vermindert die stofflichen Risiken, beispielsweise für Gewässer durch die Anwendung von Düngemitteln auf landwirtschaftlich genutzten Flächen", erläuter Martin Hecht, Pressesprecher beim Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. "Die Änderung der Düngegesetzgebung war zwingend erforderlich, um die von der EU vorgegebene Nitratrichtlinie in Deutschland umzusetzen."


Erheblicher Mehraufwand

"Wenn man bei uns ein Nitratproblem hat, heißt das nicht, dass es auch ein Düngeproblem ist", sagt Wilhelm Böhmer, Direktor der oberfränkischen Hauptgeschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Bamberg. Er weist unter anderem auf geringere Niederschlagsmengen und Grundwasserbildung in Teilen Oberfrankens hin. "Die Verordnung wirkt sich überall aus", sagt Wilhelm Böhmer. "Gerade die kleinen Landwirte ohne Lagerkapazitäten stehen vor größeren Problemen und auch die Bürokratie ärgert viele." Die Vorgabe zur Dokumentation des Düngebedarfs bedeute erheblichen Mehraufwand. Die Vorgaben dazu seien erst im Frühjahr gekommen, da gebe es aber auch schon Kontrollen. "Wer sich nicht an die Vorgaben hält, dessen Prämien werden gekürzt. Das kann sich keiner leisten."

Martin Hecht vom Landwirtschaftsministerium weist darauf hin, dass es bereits zahlreiche Ausnahmen gebe: "Von den Verschärfungen der neuen Düngeverordnung sind insbesondere größere und viehintensive Betriebe betroffen. Für kleinere Betriebe wurden im Gesetzgebungsverfahren bereits einige Ausnahmen verankert. So sind Betriebe bis 15 Hektar unter bestimmten Voraussetzungen von den Aufzeichnungspflichten (Düngebedarfsermittlung und Nährstoffbilanz) befreit."


Mehr als 100 Anzeigen

Die Einhaltung der Vorgaben kontrolliert für den größten Teil des Landkreises Bamberg das Fachzentrum Agrarökologie in Bad Staffelstein. "Wir hatten von November bis März 44 Informationsveranstaltungen in ganz Oberfranken", sagt Hauke Petersen vom Fachzentrum Agrarökologie.

Die Verordnung versuche, dem Nitratproblem in bestimmten Gebieten zu begegnen, indem Güllemengen reduziert, die Ausbreitung technisch verändert und die Bilanzierung nochmals verschärft würde. Jeder Landwirt mit über 15 Hektar Fläche muss nun eine Düngebedarfsermittlung erstellen. "Das macht Arbeit, aber es wird gemacht", sagt Petersen. Gerade junge Landwirte zeigten aber auch Interesse, diese Dokumentation betriebswirtschaftlich zu verwerten. Zugleich weiß Petersen aber auch: "Keiner ist begeistert, wenn er zu etwas gezwungen wird."

Jedes Jahr würden oberfrankenweit 100 Betriebe kontrolliert, ob sie ihrer Aufzeichnungspflicht nachgekommen sind. Daneben hat es seit Januar auch schon mehr als 100 Anzeigen gegeben, die in gerade fünf Fällen aber auch zu Sanktionen geführt hätten. "In der Regel sind es besorgte Bürger, die schon denken, es passiert eine Umweltkatastrophe, wenn sie ein Güllefass sehen", sagt Petersen. So hätten viele Anrufer Landwirte gemeldet, die im Januar mit Gülle unterwegs waren. Tatsächlich hätten die aber nur den Inhalt einer vollen Güllegrube umverlagern wollen. "Man verlangt den Landwirten schon sehr viel ab", sagt Petersen in Bezug auf die neue Anlagenverordnung, die vorgibt, wie eine Güllegrube auszusehen hat.

Viele Beschwerden erreichen Petersen auch wegen Geruchsbelästigungen. "Dabei wollen die meisten Landwirte ein gutes Verhältnis zur Dorfbevölkerung und fahren zum Beispiel nicht am Samstag. Auf der anderen Seite nimmt leider das Verständnis für die Bedürfnisse der Landwirtschaft eher ab."

"Das Schlimmste ist, wenn die Güllegrube voll ist und der Landwirt bekommt sie nicht weg", sagt Edgar Böhmer, der auch BBV-Kreisobmann ist. Er geht davon aus, dass die Düngeverordnung noch weiter angepasst wird. Das Landwirtschaftsministerium hat auf unsere Nachfrage erklärt, dass eine umfangreiche Evaluierung der Düngegesetzgebung für 2021 vorgesehen ist.