Nicht schuldfähig für brutale Tat

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Die JVA Ebrach Archivfoto: Ronald Rinklef
Die JVA Ebrach Archivfoto: Ronald Rinklef

Ein ehemaliger Insasse der JVA Ebrach muss dauerhaft in die Psychiatrie. Am fünften Verhandlungstag sprach das Landgericht Bamberg das Urteil.

Als Vorsitzender Richter Manfred Schmidt zur Urteilsverkündung
wieder den Verhandlungssaal betrat, war dem Beschuldigten Markus A. (Name
geändert) die Anspannung deutlich anzusehen. Schließlich stand seine Zukunft
auf dem Spiel. Gefängnis? Entziehungsanstalt? Sicherungsverwahrung? Oder
Psychiatrie? Letztere hatte seine Wahlverteidigerin Gabriele Steck-Bromme in
nunmehr fünf Prozesstagen immer wieder als richtigen Aufenthaltsort für den
21-Jährigen ehemaligen Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ebrach
angezweifelt.

Nun das Urteil "im Namen des Volkes": Markus A. muss dauerhaft in einem
psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden und die Verfahrenskosten
tragen. "Die Voraussetzung des Paragrafen 63 Strafgesetzbuch liegt vor",
erklärte Richter Schmidt. Dieser Paragraf bedeutet eben die Unterbringung in
der Psychiatrie wegen Schuldunfähigkeit oder verminderter Schuldfähigkeit,
in der eine rechtswidrige Tat begangen worden ist. "Der Angeklagte ist
schuldunfähig und kann für seine brutale Tat nicht bestraft werden", so
Schmidt. Bei Markus A. liege eine paranoide Schizophrenie mit überdauernder
Negativsymptomatik vor, in der sich unkontrolliert Psychosen entwickeln
könnten.

Nach dem medizinischen Gutachten des Sachverständigen, Psychiater Christoph
Mattern, hat Markus A. im Zustand einer akuten Psychose mit Wahnerleben und
akustischen Halluzinationen - wohl ausgelöst durch Drogenkonsum - am 16.
August 2016 in der JVA die Beamtin Sabine A. (Name geändert) mit einem
messerähnlichen Bruchstück eines Kunststofftellers im Gesicht und am Hals
schwer verletzt. Konkrete Lebensgefahr bestand zwar nicht, doch die
Verletzungen hätten aufgrund ihrer Nähe zu lebensnotwendigen Nerven und
Gefäßen bedrohlich werden können. "Dauerhafte Narben bleiben aber im
Gesicht, der Ausgang einer Korrektur ist ungewiss", hatte Oberstaatsanwalt
Otto Heyder in seinem Plädoyer ausgeführt.

Heyder betonte die gegebenen Voraussetzungen für den Paragrafen 63, zumal
weitere Gefährlichkeit für die Allgemeinheit von Markus A. zu erwarten sei.
Rechtsanwältin Steck-Bromme plädierte dagegen, "ohne die Tat beschönigen zu
wollen", wie sie sagte. Die Verteidigerin sprach von einer
"drogeninduzierten Psychose", die keineswegs eine "dauerhafte Schizophrenie"
sei. "Markus A.s Drogenabhängigkeit muss bekämpft werden", wollte
Steck-Bromme auf den Paragrafen 64 Strafgesetzbuch hinaus.

Ihr Plädoyer wie auch der an diesem letzten Prozesstag noch einmal
unternommene Versuch, ein neues medizinisches Gutachten von einem
Sachverständigen für Jugendpsychiatrie einzufordern, fruchteten jedoch
nicht. Das dreiköpfige Richterteam und die beiden Schöffen kamen zunächst zu
dem Beschluss, dass an dem vorliegenden Mattern-Gutachten keine Mängel
ersichtlich und von einem weiteren Gutachten keine relevanten Erkenntnisse
zu erwarten seien.

Gegen das abschließende Urteil "Psychiatrie" wird Markus A. keine Beschwerde
einlegen, für die er eine Woche lang Zeit gehabt hätte. Vorsitzender
Richter Schmidt hatte ihn darauf hingewiesen, was der Verurteilte mit einem
Zerknüllen des entsprechenden Infoblattes quittierte. Die einzigen Worte,
die ihm zu entlocken waren, hatte der junge Mann nach den Plädoyers
gesprochen und nach der richterlichen Aufforderung: "Das letzte Wort hat
der Angeklagte". Markus A. sagte: "Es tut mir leid, was ich getan habe. Ich
will nie wieder Drogen nehmen."