Neudorf bei Ebrach
Steigerwald
Naturschützer fürchten um die Buchen
In einem Wald bei Ebrach sollen gezielt die dicken Bäume abgeräumt worden sein, sagen Naturschützer. Der Staatsforstbetrieb behauptet das Gegenteil. Einem Einschlagsmoratorium steht das Forstministerium reserviert gegenüber.

Für dieses Waldgebiet bei Ebrach läuft auf Betreiben des Landkreises Bamberg ein Unterschutzsstellungsverfahren. In diesem Winter wurde noch einmal kräftig ausgeholzt. Jetzt fordern Naturschützer ein Einschlagsmoratorium. Foto: pr..
Die dicke Buche Emma ist der Symbolbaum der Naturschützer im Kampf um einen Nationalpark Steigerwald. In den letzten Monaten konnte man viele Emmas fein säuberliche portioniert und gestapelt an den Forststraßen nördlich von Ebrach liegen sehen: Dicke Buchen, von denen ein beträchtlicher Teil für die großen Sägewerke Bayerns zum Abtransport bereitgelegt war: Für die Firma Pollmeier etwa, die von Aschaffenburg den Weltmarkt bedient, oder das Holzwerk Obermeier südlich von München.
Die Ernte eines Winters wäre wohl kaum einer größeren Zahl von Menschen zu Bewusstsein gelangt, wenn es sich nicht um eine eben jener Flächen handelte, auf die die Gemeinde Ebrach und der Landkreis Bamberg ein Auge geworfen haben: Das Forstrevier Schmerb mit seinen Abteilungen Rabenbrunnen und Fuchsholz. Es könnte einmal Teil jenes Waldschutzgebietes sein, mit dem sich der Landkreis Bamberg um den Titel Weltnaturerbe bewirbt.
Zwar ist der bedeutende Unesco-Titel für den Steigerwald derzeit nicht mehr als ein Traum. Er lebt aber erheblich davon, dass es genug alte Buchen gibt, die die Würdigung durch der Vereinten Nationen rechtfertigen. Genau dieses Erbe ist es nun, um das die Naturschützer fürchten, sollte es mit den Einschlägen des Staatsforstbetriebs Ebrach so weitergehen wie bisher.
Einer von denen, die sehr genau hinschauen, ist Georg Sperber, der frühere Forstamtsleiter und einer der besten Kenner des Gebiets.
Befragt man die Vertreter der Bayerischen Staatsforsten, dann könnte man glauben, es gehe um einen ganz anderen Wald. Ulrich Mergner, Leiter des Forstbetriebs Ebrach, rechnet vor, dass in den Ebracher Wäldern in den vergangenen sechs Jahren jährlich über 40 000 Festmeter Holz weniger entnommen wurden als nachgewachsen seien. Dies werde durch die Ergebnisse der Forstinventur 2010 eindrucksvoll bestätigt: "Unser Holzvorrat ist von 270 auf 304 Festmeter pro Hektar gewachsen.
"Außerordentlich schonend"
Freilich, räumt Mergner ein, könne der Eindruck, der sich entlang einer Forststraße biete, über die tatsächlichen Verhältnisse leicht hinwegtäuschen: "Wir bearbeiten ja eine ganz große Fläche am Stück." Wer sich genauer im Bestand umsehe, müsse erkennen, dass es um den ökologischen Zustand der Ebracher Wälder, gerade auch in der Abteilung Rabenbrunnen, sehr gut bestellt sei. Der dortige Hieb sei außerordentlich schonend gewesen.
Doch wird dies von Wanderern oder Radfahrern im Wald nicht immer so empfunden. Die erste Klage über das Schicksal vieler Starkbuchen im Forstrevier Schmerb kam auch in Ebrach nicht von Naturschützern, sondern von einem zufälligen Waldbesucher. Beschwerden, dass in Bayerns Wäldern stärker und intensiver als in den vergangenen Jahren abgeholzt wird, kennt auch Hubert Weiger, Chef der Naturschutzorganisation BN, zur Genüge. "Das hören wir überall. Der Staatsforstbetrieb reagiert auf die steigende Nachfrage und die höheren Preise für den Rohstoff Holz ganz offensichtlich mit verstärktem Einschlag. Und es sind gerade auch ältere Bäume, die häufig genutzt werden."
Eine politische Entscheidung
Was den Vorfall in Ebrach aus der Sicht des Naturschutzexperten bemerkenswert macht, ist die Tatsache, dass ein Gebiet, für das ein großes Naturschutzverfahren läuft, durch die Holzentnahmen direkt in seiner Qualität verschlechtert wird. Denn es sind vor allem die alten Bäume, die den ökologischen Wert eines Waldes ausmachen.
Den Forstleuten vor Ort macht der BN-Chef aber keinen Vorwurf: "Das ist eine politische Entscheidung, die das Landwirtschaftsministerium treffen muss. Wir fordern, dass die Entnahme von alten Bäumen auf der beantragten Schutzfläche eingestellt wird, solange die Entscheidung noch nicht getroffen ist."
Das zuständige Forstministerium zeigt sich gegenüber Vorschlägen, die Nutzung einzuschränken, und sei es auch nur für ein Moratorium, reserviert. Ein offizieller Antrag auf Unterschutzstellung von Waldflächen im Bereich der Staatsforsten liege gar nicht vor und dürfe auch nicht ohne Zustimmung des Eigentümers umgesetzt werden, teilt Presseprecher Martin Hecht vom Forstministerium auf unsere Anfrage mit. Das Forstministerium stehe auf dem Standpunkt, dass der Staatswald in allen Forstbetrieben der Staatsforsten pfleglich und naturnah bewirtschaftet werde. Damit kämen die Betriebe ihrem gesellschaftlichen Auftrag nach. "Neuen großflächigen Flächenstilllegungen steht die Staatsregierung ablehnend gegenüber", sagt Hecht.
Von dem nicht allzu überraschenden Gegenwind aus München lässt sich der Bamberger Landrat Günther Denzler nicht abschrecken. Er verfolgt weiter das Ziel, alle Chancen für ein Weltnaturerbe Steigerwald zu nutzen. Dass in Ebrach wertvolle Waldgebiete in ihrer ökologischen Qualität verschlechtert werden, noch während bei der Regierung in Bayreuth ein Verfahren läuft, diese Wälder unter Schutz zu stellen, bringt den Landkreischef auf die Palme: "Das Gebiet, um das es hier geht, ist weltnaturerbeverdächtig, und ich finde es verantwortungslos, wenn ausgerechnet hier die alten Bäume abgehackt werden. Der Staatsforst könnte auch die jüngeren Bäume nutzen. Dagegen hätte niemand etwas einzuwenden."
Doch auch diesen Vorhaltungen wird vom Staatsforstbetrieb heftig widersprochen. Nach Angaben von Betriebsleiter Ulrich Mergner sind es vor allem die dicken Buchen, die in den letzten Jahren im Forstbetrieb Ebrach zahlenmäßig zugenommen haben. Nach Festmetern bemessen hat sich die Menge der Stämme mit einem Durchmesser von über 60 Zentimetern auf 355 000 Festmeter mehr als verdoppelt. In Bäumen ausgedrückt sind das 40 000 mehr als vor 15 Jahren.
Greenpeace fordert Sofortschutz
Dass die Debatte um den Steigerwald abebbt, ist vorerst nicht zu erwarten. Schon in Kürze treffen sich in Bamberg Vertreter des Forstministeriums mit Landrat Denzler. Neue Unterstützung erfährt der Naturschutzgedanke auch durch die Forderung von Greenpeace, in Deutschland zehn neue Buchenwald-Nationalparks einzurichten. Deutschland müsse endlich ernst machen mit dem Waldschutz, den die Bundesregierung 2007 im Rahmen der Nationalen Biodiversitätsstrategie beschlossen habe.
In einer Buchenwald-Studie der Umweltorganisation wird bemängelt, dass die Bundesregierung noch immer kein Konzept habe, wie sie Lebensräume schützen will, für die sie weltweit besondere Verantwortung hat. Greenpeace fordert drei neue Nationalparks alleine in Bayern: im Steigerwald, im Spessart und im Ammergebirge.
Die Ernte eines Winters wäre wohl kaum einer größeren Zahl von Menschen zu Bewusstsein gelangt, wenn es sich nicht um eine eben jener Flächen handelte, auf die die Gemeinde Ebrach und der Landkreis Bamberg ein Auge geworfen haben: Das Forstrevier Schmerb mit seinen Abteilungen Rabenbrunnen und Fuchsholz. Es könnte einmal Teil jenes Waldschutzgebietes sein, mit dem sich der Landkreis Bamberg um den Titel Weltnaturerbe bewirbt.
Zwar ist der bedeutende Unesco-Titel für den Steigerwald derzeit nicht mehr als ein Traum. Er lebt aber erheblich davon, dass es genug alte Buchen gibt, die die Würdigung durch der Vereinten Nationen rechtfertigen. Genau dieses Erbe ist es nun, um das die Naturschützer fürchten, sollte es mit den Einschlägen des Staatsforstbetriebs Ebrach so weitergehen wie bisher.
Einer von denen, die sehr genau hinschauen, ist Georg Sperber, der frühere Forstamtsleiter und einer der besten Kenner des Gebiets.
"Unübersehbar wurden gezielt die stärksten Buchen gefällt. Im verbliebenen Bestand fehlt jetzt die Schicht dieser bisher vorherrschenden Bäume", stellt Sperber mit Blick auf die Wintereinschläge im Forstrevier Schmerb fest. Der 78-Jährige Waldwissenschaftler, der im benachbarten Neudorf wohnt, hegt den Verdacht, dass wie bereits im Vorfeld der Nationalparkgründung Hainich in Thüringen Fakten mit der Säge geschaffen werden sollen. So seien in diesem Jahr vor allem Bäume mit einem Brusthöhendurchmesser um oder über 80 Zentimetern am Straßenrand gelegen, eigentlich die natürlichen Anwärter auf das Methusalemprojekt genannte Schutzprogramm der Staatforsten. Selbst langjährige Biotopbäume seien abgesägt worden, um Brennholz daraus zu machen.
Befragt man die Vertreter der Bayerischen Staatsforsten, dann könnte man glauben, es gehe um einen ganz anderen Wald. Ulrich Mergner, Leiter des Forstbetriebs Ebrach, rechnet vor, dass in den Ebracher Wäldern in den vergangenen sechs Jahren jährlich über 40 000 Festmeter Holz weniger entnommen wurden als nachgewachsen seien. Dies werde durch die Ergebnisse der Forstinventur 2010 eindrucksvoll bestätigt: "Unser Holzvorrat ist von 270 auf 304 Festmeter pro Hektar gewachsen.
"Außerordentlich schonend"
Freilich, räumt Mergner ein, könne der Eindruck, der sich entlang einer Forststraße biete, über die tatsächlichen Verhältnisse leicht hinwegtäuschen: "Wir bearbeiten ja eine ganz große Fläche am Stück." Wer sich genauer im Bestand umsehe, müsse erkennen, dass es um den ökologischen Zustand der Ebracher Wälder, gerade auch in der Abteilung Rabenbrunnen, sehr gut bestellt sei. Der dortige Hieb sei außerordentlich schonend gewesen.
Doch wird dies von Wanderern oder Radfahrern im Wald nicht immer so empfunden. Die erste Klage über das Schicksal vieler Starkbuchen im Forstrevier Schmerb kam auch in Ebrach nicht von Naturschützern, sondern von einem zufälligen Waldbesucher. Beschwerden, dass in Bayerns Wäldern stärker und intensiver als in den vergangenen Jahren abgeholzt wird, kennt auch Hubert Weiger, Chef der Naturschutzorganisation BN, zur Genüge. "Das hören wir überall. Der Staatsforstbetrieb reagiert auf die steigende Nachfrage und die höheren Preise für den Rohstoff Holz ganz offensichtlich mit verstärktem Einschlag. Und es sind gerade auch ältere Bäume, die häufig genutzt werden."
Eine politische Entscheidung
Was den Vorfall in Ebrach aus der Sicht des Naturschutzexperten bemerkenswert macht, ist die Tatsache, dass ein Gebiet, für das ein großes Naturschutzverfahren läuft, durch die Holzentnahmen direkt in seiner Qualität verschlechtert wird. Denn es sind vor allem die alten Bäume, die den ökologischen Wert eines Waldes ausmachen.
Den Forstleuten vor Ort macht der BN-Chef aber keinen Vorwurf: "Das ist eine politische Entscheidung, die das Landwirtschaftsministerium treffen muss. Wir fordern, dass die Entnahme von alten Bäumen auf der beantragten Schutzfläche eingestellt wird, solange die Entscheidung noch nicht getroffen ist."
Das zuständige Forstministerium zeigt sich gegenüber Vorschlägen, die Nutzung einzuschränken, und sei es auch nur für ein Moratorium, reserviert. Ein offizieller Antrag auf Unterschutzstellung von Waldflächen im Bereich der Staatsforsten liege gar nicht vor und dürfe auch nicht ohne Zustimmung des Eigentümers umgesetzt werden, teilt Presseprecher Martin Hecht vom Forstministerium auf unsere Anfrage mit. Das Forstministerium stehe auf dem Standpunkt, dass der Staatswald in allen Forstbetrieben der Staatsforsten pfleglich und naturnah bewirtschaftet werde. Damit kämen die Betriebe ihrem gesellschaftlichen Auftrag nach. "Neuen großflächigen Flächenstilllegungen steht die Staatsregierung ablehnend gegenüber", sagt Hecht.
Von dem nicht allzu überraschenden Gegenwind aus München lässt sich der Bamberger Landrat Günther Denzler nicht abschrecken. Er verfolgt weiter das Ziel, alle Chancen für ein Weltnaturerbe Steigerwald zu nutzen. Dass in Ebrach wertvolle Waldgebiete in ihrer ökologischen Qualität verschlechtert werden, noch während bei der Regierung in Bayreuth ein Verfahren läuft, diese Wälder unter Schutz zu stellen, bringt den Landkreischef auf die Palme: "Das Gebiet, um das es hier geht, ist weltnaturerbeverdächtig, und ich finde es verantwortungslos, wenn ausgerechnet hier die alten Bäume abgehackt werden. Der Staatsforst könnte auch die jüngeren Bäume nutzen. Dagegen hätte niemand etwas einzuwenden."
Doch auch diesen Vorhaltungen wird vom Staatsforstbetrieb heftig widersprochen. Nach Angaben von Betriebsleiter Ulrich Mergner sind es vor allem die dicken Buchen, die in den letzten Jahren im Forstbetrieb Ebrach zahlenmäßig zugenommen haben. Nach Festmetern bemessen hat sich die Menge der Stämme mit einem Durchmesser von über 60 Zentimetern auf 355 000 Festmeter mehr als verdoppelt. In Bäumen ausgedrückt sind das 40 000 mehr als vor 15 Jahren.
Greenpeace fordert Sofortschutz
Dass die Debatte um den Steigerwald abebbt, ist vorerst nicht zu erwarten. Schon in Kürze treffen sich in Bamberg Vertreter des Forstministeriums mit Landrat Denzler. Neue Unterstützung erfährt der Naturschutzgedanke auch durch die Forderung von Greenpeace, in Deutschland zehn neue Buchenwald-Nationalparks einzurichten. Deutschland müsse endlich ernst machen mit dem Waldschutz, den die Bundesregierung 2007 im Rahmen der Nationalen Biodiversitätsstrategie beschlossen habe.
In einer Buchenwald-Studie der Umweltorganisation wird bemängelt, dass die Bundesregierung noch immer kein Konzept habe, wie sie Lebensräume schützen will, für die sie weltweit besondere Verantwortung hat. Greenpeace fordert drei neue Nationalparks alleine in Bayern: im Steigerwald, im Spessart und im Ammergebirge.