Ein 77-Jähriger wollte seine ahnungslose Frau mit in den Tod nehmen. Sein Plan scheiterte. Jetzt wurde er wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung vom Landgericht Bamberg verurteilt.
Auf den ersten Blick erscheint die Strafe ungewöhnlich mild: Ein Mann versucht seine Ehefrau mit einem Stromkabel zu töten und kommt mit dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe davon.
Das Urteil steht freilich am Ende eines ungewöhnlichen, ja tragischen Falls, für den selbst Oberstaatsanwalt Christoph Rosenbusch "nur" vier Jahre Freiheitsentzug beantragt hat.
Beim Angeklagten Rudolf K. (Name von der Redaktion geändert) handelt es sich um einen schwer kranken Mann, der sich in den 77 Jahren seines Lebens nichts zu schulden kommen ließ.
Was er am 14. Januar 2015 getan hat, sei nahezu unstreitig, sagte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt am Freitag, als er das Urteil der Zweiten Strafkammer am Landgericht verkündete. Die Frage nach dem Warum habe der Prozess jedoch nur unzureichend beantworten können: "Die tiefen Motive haben wir nicht wirklich herausgefunden."
Angehörige wollten nicht aussagen
Mehr hätte das Gericht wohl erfahren, wenn die Ehefrau und Kinder ausgesagt hätten. Die Angehörigen hatten aber von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. So waren die Prozessbeteiligten auf die Angaben des Bambergers angewiesen, der sich von Anfang zu seiner Tat bekannt hat.
Es war ein erweiterter Suizid, den K. am Morgen des 14. Januar 2015 begehen wollte. Allerdings war seine 72 Jahre Frau nach Ansicht des Gerichts nicht eingeweiht. Sie sei ahnungslos und arglos gewesen, als er ihr von hinten ein Stromkabel um den Hals legte und zuzog, während sie am Frühstückstisch saß und Zeitung las.
Das sei auch keine Sache von wenigen Sekunden gewesen, betonte Schmidt. Er verwies auf das Gutachten eines Rechtsmediziners, wonach die Verletzungen des Opfers eine längere und erhebliche Gewalteinwirkung voraussetzten.
Nachdem der Mord an der Gegenwehr seiner Frau gescheitert war, versuchte sich K. selbst das Leben zu nehmen: Polizeibeamte fanden ihn bewusstlos auf dem Dachboden.
Der Mann war zur Tatzeit einem psychiatrischen Sachverständigen-Gutachten zufolge nur eingeschränkt schuldfähig. Er habe eine "depressive Episode" durchlebt, in der er die Probleme mit Nachbarn und mit seiner Frau wohl als ausweglos empfand.
Deshalb wollte er aus dem Leben scheiden und sie mitnehmen. Er habe wohl geglaubt, die 72-Jährige käme nicht ohne ihn zurecht, so der Vorsitzende Richter während der mündlichen Urteilsbegründung.
Am ersten Verhandlungstag hatte K. ausgesagt, er hätte sie auch der Familie wegen nicht allein zurück lassen wollen: "Aber dann hätten meine Kinder sie am Hals gehabt mit den gleichen Problemen."
Link zum Bericht: 77-Jähriger wollte Ehefrau in Bamberg mit Kabel erdrosselnDas Opfer hat nach dem Dafürhalten seines Rechtsanwalts Thomas Drehsen inzwischen die Entschuldigungen des Ehemanns angenommen: K. bat sie zunächst schriftlich und im Gerichtssaal persönlich um Verzeihung.
Die Frau hegt laut Drehsen keinerlei Rachegedanken, lege keinen Wert auf eine hohe Strafe. Sie suche vor allem eine Antwort auf die Frage nach dem Warum. Zumal K. sagte, er liebe seine Frau weiterhin.
Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Andreas Dräger, hatte - auch mit Rücksicht auf das Alter und den schlechten Gesundheitszustand des 77-Jährigen - eine Strafe beantragt, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Das hätte höchstens zwei Jahre bedeutet. Angeblich hätte der Mann beim Sohn unterkommen können, hätte er das Landgericht am Freitag als freier Mann verlassen können.
K. nahm das Urteil mit gesenktem Kopf und äußerlich regungslos zur Kenntnis. Während seines Schlusswortes war es mucksmäuschenstill im Sitzungssaal gewesen.
Er sagte, es sei ja "bald egal, wo man stirbt. Aber für meine Angehörigen wäre es, glaube ich, untragbar, wenn ich in der JVA sterbe".
"Aber für meine Angehörigen wäre es, glaube ich, untragbar, wenn ich in der JVA sterbe". Geht's noch?? Aber seine Frau hätte nach seinem Willen ruhig sterben können, durch ihn mit dem Elektrokabel stranguliert! Das wäre für die Angehören noch viel, viel untragbarer gewesen!!!
Also auch wenn mein Partner eine depressive Erkrankung hat, wünsche ich nicht, ermordet zu werden! Zur Bewährung, geht's noch?