Pommes zum Frühstück: Das Zuckerfest ist einer der wichtigsten Feiertage der Muslime. Wir haben eine Bamberger Familie bei den Vorbereitungen zum Zuckerfest besucht und die wichtigsten Informationen zu diesem Fest zusammengetragen.
Etwa 4.000.000 Muslime leben nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Deutschland. Das entspricht rund fünf Prozent der Bevölkerung. Zahlenmäßig ist der Islam nach den beiden christlichen Glaubensgemeinschaften die größte Konfession. Für die Muslime endet mit dem Zuckerfest die Fastenzeit. Bei dem dreitägigen Fest gibt es für die Kinder reichlich Süßigkeiten.
Einen Einblick in diese Tradition gibt ein Besuch bei der Bamberger Familie Güngör - 2010 war unsere Reporterin zu Gast bei der Familie
In der geräumigen Küche des Bamberger Altbaus knetet Hülya Güngör fest einen Fleischteig. Aus dem Teig macht die Mutter Köfte. Ihre jüngste Tochter Sevval blickt gebannt in die blaue Plastikschüssel. "Lass mich mal probieren", fordert die Achtjährige. Hülya bleibt streng. Vor Sonnenuntergang gibt es keine Köfte. "Am Donnerstag ist die Zeit des Fastens vorbei. Das wird mit dem Ramadan-Fest und vielen Süßigkeiten gefeiert", sagt die 37-jährige. Für die Kinder hat Hülya Geschenke gekauft, die sie in weiße Tücher legt. "Was, wird aber nicht verraten!"
Das Telefon im Wohnzimmer klingelt. Hülya läuft hinüber, spricht einige eilige Worte auf Türkisch in den Hörer. "Das war mein Mann. Er will wissen, welche Zutaten er noch kaufen soll", sagt die in Deutschland geborene Muslimin.
Für ihren Mann Senol und den 19-jährige Sohn Firat beginnt das Zuckerfest mit einem Gang in die Moschee. Hülya bleibt mit den Töchtern zu Hause und bereitet das Frühstück vor. "Das ist das Schönste an dem Fest: Endlich dürfen wir wieder zu einer angenehmen Zeit frühstücken." Wenn die Männer vom Gottesdienst kommen, warten Schafkäse, Oliven, Gurken, Tomaten und Knoblauchwurst auf der Tafel. "Für die Kinder gibt es Pommes. Das wünschen sie sich", sagt die Hausfrau und geht zurück in die Küche. Zum Ramadan-Fest beglückwünscht man sich und die Jüngeren geben den Älteren einen Handkuss.
Am Nachmittag besucht die Familie Hülyas Schwester. Süßigkeiten wird es auch hier reichlich geben. "Deshalb ist es besser, morgens salzig zu essen." Das Fest wird drei Tage dauern.
Schulfrei
Fällt es in die Schulzeit, bekommen Kinder in Deutschland mit einer Sondergenehmigung zwei Tage frei.
Im Flur fällt die Tür ins Schloss. Hülyas Mann Senol kommt in die Küche. "Türkische Frauen sind immer sehr fleißig. Die Männer nicht", sagt Senol. Seine Frau lacht. "Ha! Da hat er ganz recht." Das Ehepaar geht ins Wohnzimmer. Auf einem dunkelbraunen Tisch, umgeben von drei roten, türkischen Sofas, steht eine Schüssel mit Gebäck, das die 14-jährige Hilal ihrer Familie von einem Verwandtenbesuch in der Türkei mitgebracht hat. "Wir bekommen das hier einfach nicht so gut hin", sagt Hülya. Nur einmal war sie zum Zuckerfest in der Türkei. "Die Atmosphäre ist eine ganz andere, weil alle mitmachen", sagt Senol.
"Wir wollen unseren Kindern beide Kulturen näher bringen", sagt die Mutter, die ein Piercing an der Nase trägt. "Wir feiern auch Silvester und Ostern." Gebastelte Osterhasen zieren dann die Wohnung. Während des Ramadan kümmerte sich der Vorsitzende des türkisch-islamischen Kulturvereins Bamberg, Mehmet Cetindere, um das abendliche Fastenbrechen.
Türkische Familien, aber auch Alleinstehende und Gäste ohne islamischen Glauben trafen sich im Zelt an der Selimiye Moschee, um nach Sonnenuntergang gemeinsam zu essen.
Die Gemeinde ließ für diese Zeit extra einen Koch aus der Türkei einfliegen. In einer Holzhütte neben der Moschee bereitete er jeden Abend ein Menü zu. "Der Koch verrät aber nie vorher, was es gibt." Die Kosten übernimmt immer ein anderer Sponsor. "Teilen ist das Motto im Fastenmonat. Wir essen gemeinsam und teilen unsere Gefühle miteinander."
Verzicht bis Sonnenuntergang
Außer um äußeren Verzicht geht es im Ramadan auch um gutes Benehmen, Rücksicht und Hilfsbereitschaft. "Man sollte sehr fromm sein und gut miteinander umgehen." Das ist nicht immer einfach: "Häufig sind die Nerven sehr gereizt. Das Fasten verlangt einem körperlich viel ab." Gefastet wird von Einbruch der Morgenröte bis zum Sonnenuntergang. Im Islam bedeutet das nicht nur, auf Essen zu verzichten, sondern auch auf Trinken, Rauchen und Körperkontakt zum anderen Geschlecht. Verboten ist also nicht nur Sex, sondern auch Küsse und Umarmungen.
Cetindere erklärt, dass ein typischer Tag im Ramadan eine Stunde vor Sonnenaufgang mit dem Frühstück beginnt. "Das Sahur sollte leicht verdaulich sein." Und viel Zeit ist dafür nicht, denn eine halbe Stunde später wird schon das Frühgebet gesprochen. "Danach geht man wieder schlafen oder macht sich auf den Weg zur Arbeit."
Die meisten Muslime lesen während des Fastenmonats täglich ein Kapitel im Koran: Die 600 Seiten sind in 30 Kapitel unterteilt.
"Für die Kinder ist das Ramadan-Fest wunderbar", sagt Cetindere und lächelt. Er hat selbst Kinder. "Sie freuen sich immer sehr auf das Ende der Fastenzeit." Zuckerfest werden die Feiern zum Ende des Ramadan manchmal auch genannt, wegen der vielen Süßigkeiten für die Kinder.
Fidya schützt vor bösen Dingen
Für manche Muslime ist das Fasten aber noch nicht vorbei: Wer krank war oder besonders schwer körperlich gearbeitet hat, und deshalb nicht teilnehmen konnte, sollte die versäumten Tage nachfasten oder freiwillig eine finanzielle Abgabe zahlen. Die Fidya beträgt ungefähr fünf Euro am Tag. Das Geld wird an Hilfsbedürftige weitergegeben, zum Beispiel an Flutopfer in Pakistan.
"Das Fasten oder die Fidya soll uns vor Unfällen, Krankheiten und bösen Dingen schützen." Kinder verzichten nicht wie Erwachsene auf Nahrung. Sie werden langsam darauf vorbereitet. "Wenn sie wollen, dürfen sie mit sieben Jahren auch schon mal einen halben Tag fasten und ausprobieren, wie es sich anfühlt." Die Dauer steigert sich bis zur Pubertät. Dann ist es Pflicht.
Für dieses Jahr ist das Fasten zu Ende. Die Kinder werden tagelang von den Süßigkeiten zehren, während bei den Eltern der Alltag in die Küchen zurückkehrt. Der türkische Koch wird bald in seine Heimat zurückfliegen.
Dauer
Der Fastenmonat Ramadan begann in diesem Jahr am 18. Juni und dauert bis zum 16. Juli. Muslimische Feiertage orientieren sich am islamischen Mondkalender. Ein Jahr hat nur 354 Tage und acht Stunden, somit fehlen elf Tage gegenüber dem gregorianischen Sonnenjahr. Daher verschieben sich die Festtage um zehn Tage pro Jahr: der Monat Ramadan wandert beispielsweise alle 36 Jahre einmal komplett durch das Sonnenjahr. Nach dem islamischen Mondkalender ist jetzt das Jahr 1436.
Zuckerfest
Das Zuckerfest ist hinter dem Opferfest der zweitwichtigste Feiertag im Islam und wird am Ende des Fastenmonats Ramadan drei Tage lang gefeiert. Die Familien besuchen sich gegenseitig. Gemeinsam mit Freunden und Verwandten werden Süßigkeiten gegessen.