858 Jobs nach Michelin-Schließung in Hallstadt in Gefahr: Politiker suchen nach Lösungen

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Hubert Aiwanger, Melanie Huml und Johann Kalb im Gespräch mit Beschäftigten des Michelin-Werkes Hallstadt Fotos: Daniel Löb/Landratsamt
Hubert Aiwanger, Melanie Huml und Johann Kalb im Gespräch mit Beschäftigten des Michelin-Werkes Hallstadt Fotos: Daniel Löb/Landratsamt
 
 
 
 
 
 
 

Landrat Johann Kalb informierte sich zusammen mit fünf Kabinettsmitgliedern vor Ort über die Situation der Beschäftigten und des Michelin-Werkes Hallstadt.

Auf der Liste der Unterstützer der Beschäftigten des Michelin-Werkes Hallstadt stehen seit Montagabend auch fünf Kabinettsmitglieder. Die Staatsminister Hubert Aiwanger, Kerstin Schreyer, Melanie Huml, Thorsten Glauber und Staatssekretär Thomas Silberhorn informierten sich auf Einladung von Landrat Johann Kalb vor Ort über die Situation der Beschäftigten und des Werkes. Sie sicherten zu, den anstehenden Transformationsprozess aktiv mitzugestalten.

 

Kabinettsmitglieder, Kommunalpolitik, Unternehmensleitung, Mitarbeitervertretung und die Spitzen von Kammern und Arbeitsverwaltung stimmten erste Unterstützungsmaßnahmen ab, wie es in der Mitteilung aus dem Landratsamt heißt. Sie seien sich darüber einig gewesen, dass zunächst alles getan werde, um die Beschäftigung der Michelin-Mitarbeiter zu sichern. "Hier ist zuvorderst Michelin in der Verantwortung. Wir wollen, dass jeder Mitarbeiter eine Beschäftigung findet", so Landrat Kalb. Parallel dazu wird an einer Wiederbelebung, an einer Revitalisierung des Standortes gearbeitet. "Wir wollen, dass hier eine Keimzelle für Mobilitätstechnologien der Zukunft wie zum Beispiel Wasserstoff entsteht."

Neue Unternehmen auf dem Gelände ansiedeln

"Wir stehen zur Verfügung, für die Beschäftigten und für die Region gute Lösungen zu erarbeiten", so Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Er empfahl allerdings den Beschäftigten, einen alternativen Arbeitsplatz anzunehmen, wenn er adäquat bezahlt werde. Auf der anderen Seite gehe es darum, hier auf diesem Grund neue Betriebe anzusiedeln, neue Geschäftsideen zu entwickeln. Das könne mit Michelin-Mitarbeitern geschehen.

"Als gebürtige Hallstadterin hat mich die Entscheidung von Michelin sehr getroffen", sagte Staatsministerin Melanie Huml. "Ich bin froh, dass wir heute besprechen konnten, wie es für die Mitarbeiter weitergehen kann. Zweitens ist es dann auch wichtig zu klären, was mit dem Gelände geschieht, so dass wir hier wieder Beschäftigung schaffen können."

Emotionale Geschichte

Hallstadts Bürgermeister Thomas Söder sagte: "Die Werksschließung ist für uns eine emotionale Geschichte. Hallstadt ist mit Michelin groß geworden. Wir haben in der Vergangenheit immer sehr gut mit Michelin zusammengearbeitet, werden dies auch weiterhin tun und Michelin bei der Entwicklung von nachhaltigen Anschlusskonzepten für die Mitarbeiter und das Firmengelände unterstützen. Da unsere Stadt von der Automobilindustrie abhängig ist, befürchten wir nun einen Dominoeffekt anderer - der Automobilindustrie nahe stehender - Betriebe."

Der Erfolg der Revitalisierung wird nach den Worten von Staatssekretär Thomas Silberhorn stark davon geprägt sein, wie flexibel Michelin bei der Bereitstellung des Geländes ist. "Das Wichtigste ist aber zunächst, gemeinsam Lösungen für alle Beschäftigen zu finden", sagte Silberhorn. Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke forderte, dass die Beschäftigten ihren Abfindungsanspruch auch dann behalten, wenn sie selbst kündigen, weil ein Ersatzarbeitsplatz gefunden werden konnte. Der Sprecher der Michelin-Gruppe, Cyrille Beau, sagte dies daraufhin grundsätzlich zu.

An einem Strang ziehen

"Michelin fühlt sich dem Umfeld seines Standorts und dem wirtschaftlichen Wohlergehen der Region um Hallstadt bei Bamberg verbunden. Unsere oberste Priorität ist es, für jeden unserer Mitarbeiter zufriedenstellende Zukunftsperspektiven zu finden", versicherte Cyrille Beau, Generalsekretär Nordeuropa von Michelin.

Für das Unternehmen machten außerdem Remi de Verdilhac, Generalsekretär der Michelin Gruppe, Jerome Monsaingeon (Corporate Public Affairs) und Jens Schlemmer, Direktor des Werkes Bamberg, deutlich, dass man froh darüber sei, mit Partnern aus der Politik an einem Strang zu ziehen. Man werde so schnell wie möglich an nachhaltigen Lösungen für die Mitarbeiter arbeiten und den Wandel aktiv mitgestalten. Man habe hier bereits Erfahrungen sammeln können. Remi de Verdilhac zeigte sich besonders beeindruckt von der Professionalität, der Würde und dem Pflichtbewusstsein der Beschäftigten. "Alle sind nach der Bekanntgabe der Schließung wieder zur Arbeit erschienen."

Enttäuschung und Wut

"Es herrscht Enttäuschung und Wut gegenüber der Konzernzentrale." So beschrieb Betriebsratsvorsitzender Josef Morgenroth die Stimmung in der Belegschaft. Man habe mit dem Schlimmsten gerechnet - aber erst mit Ablauf der für ganz Deutschland geltenden Standortsicherungsvereinbarung zum Ende 2022. Morgenroth war zuversichtlich, dass aus dem Revitalisierungskonzept ein Erfolgsmodell werden könne. "Dafür brauchen wir jedoch sicher mehr Zeit."

Landrat Kalb informierte über den Fahrplan der nächsten Tage. Bereits am gestrigen Dienstag sollten sich die Wirtschaftsförderung des Landkreises, die Personalverwaltung von Michelin, die IHK und die Agentur für Arbeit abstimmen, welche Lösungen es für die neun Auszubildenden gibt, die erst vor wenigen Wochen bei Michelin gestartet sind. Am 7. Oktober wird der Runde Tisch zur Revitalisierung des Standortes erstmals tagen. Dort soll besprochen werden, welche Zukunftsthemen auf dem Areal umgesetzt und neue Beschäftigung geboten werden kann. Für den 9. Oktober hat Kalb zu einem Wirtschaftsbündnis eingeladen. Am 14. Oktober tagt die Task Force. Dort geht es im Wesentlichen darum, Arbeitsplätze für die 860 Michelin-Mitarbeiter zu finden.

Michelin hatte am 25. September die 858 Beschäftigten des Hallstadter Werkes informiert, dass die Produktion Anfang 2021 eingestellt werden soll. Das Unternehmen nannte als Gründe eine sinkende Nachfrage nach 16-Zoll-Reifen sowie die Konkurrenz aus Asien.