Der französische Reifenhersteller will bis Anfang 2021 schrittweise den Standort nahe Bamberg aufgeben. Die Beschäftigten sind entsetzt. Die Gewerkschaft spricht von Vertragsbruch.
Seinen 50. Geburtstag wird das Michelin-Werk in Hallstadt (Landkreis Bamberg) nicht mehr erleben. Seit gestern steht fest: Der Standort wird geschlossen, schrittweise, am 31. Januar 2021 soll Schluss sein. Gestern Mittag informierte die Michelin-Gruppe die 858 Beschäftigten in Hallstadt darüber.
Seit dem Produktionsstart am 5. April 1971 hatten Millionen von Pkw-Reifen von dort den Weg zu Autoherstellern und Reifenhändlern in aller Welt gefunden. Mit der Entscheidung, Hallstadt demnächst zu schließen, verzichtet der französische Reifenhersteller auf eines seiner fünf Werke in Deutschland, die er hier seit Jahrzehnten betreibt. Die anderen Standorte in Karlsruhe, Bad Kreuznach, Homburg und Trier bleiben dem Vernehmen nach erhalten.
Probleme im Premiumsegment
"Die Marktlage für 16-Zoll-Premiumreifen ist schon seit ein paar Jahren rückläufig. Das hat sich jetzt beschleunigt", sagte Cyrille Beau, Generalsekretär Europa Nord von Michelin. Die Leute, die bereit seien, Geld in die Hand zu nehmen, seine inzwischen eher mit 18-Zoll-Reifen aufwärts unterwegs.
Ganz überraschend ist diese Schieflage nicht. Schon Mitte August hatte Michelin die Hallstadter Beschäftigten auf härtere Zeiten eingestimmt und darüber informiert, verschiedene Optionen zur Zukunft des Standorts zu prüfen. Dass es jetzt so kommt, hatte aber niemand erwartet. "Mir fehlen die Worte. Da kommen die mit so einem Brett und schaffen einfach Fakten. Damit habe ich nicht gerechnet", sagte Betriebsratsvorsitzender Josef Morgenroth. Die Mitarbeiter hätten immer wieder im Rahmen der Vereinbarungen zur Standortsicherung Zeit und Geld investiert, zuletzt im Februar 2018. Und jetzt halte man sich nicht an den Vertrag.
Streitpunkt Ausstiegsklausel
"Ich bin stinksauer", sagte dazu Sascha Spörl, Sekretär der Gewerkschaft IG BCE. Es gebe einen bis Ende 2022 gültigen Tarifvertrag mit einer Standortsicherung für alle deutschen Standorte. "Der wurde nicht einmal gekündigt. Michelin ignoriert ihn einfach und versucht so, die Beschäftigten zu entsorgen."
Michelin-Verantwortlicher Beau widerspricht dem. "Wir haben vor, den Vertrag beizubehalten, weil er für alle deutschen Standorte gilt", sagte Beau. Im Falle Hallstadt könne man sich jedoch nicht daran halten, weil die Wettbewerbsfähigkeit nicht gegeben sei. In diesem Fall gebe es im Vertrag mehrere Klauseln zum Ausstieg.
Ob dies so ist, müssen wohl die Juristen klären. "Wir prüfen eine Klagemöglichkeit", kündigte IC-BCE-Vertreter Spörl an. "Was ist so ein Vertragsschluss mit Michelin denn dann noch wert?"
Eine Chance für das Handwerk in der Region, jetzt endlich Handwerker zu finden die vorher als Hilfsarbeiter gearbeitet haben.
Schlagzeilen von inFranken.de aus diesem Jahr:
"Konjunkturelle Gründe: Brose schiebt geplante Erweiterung in Bamberg vorerst auf"
"Tausende Bosch-Mitarbeiter auf Demo in Bamberg: Sorge um Arbeitsplätze wegen Diesel"
Und jetzt die Werksschließung von Michelin.
Hat sich ja richtig gelohnt für die Region Bamberg, sich fast ausschließlich auf die Automobilindustrie zu konzentrieren. Ein Blick in andere Regionen mit größerer Diversifikation (z.B. Coburg mit dem Mix aus Automobil, Maschinenbau, Dienstleistung (HUK) etc.) wäre vielleicht ganz sinnvoll gewesen.