"Saftschubse ist oft einer der harmloseren Begriffe, die an Bord fallen", sagt Flugbegleiterin Claudia Meiszburger.
Nicht jeder macht sich gern auf den Weg in den Urlaub mit ihr. Das liegt aber nicht an Claudia Meiszburger. Es liegt an ihrem Arbeitsplatz.
Menschen mit Flugangst kommen gelegentlich nicht umhin, dieses Transportmittel zu benutzen - sei es, um in die Ferien zu reisen oder zu einem geschäftlichen Termin. Solche Gäste hat die Würgauerin regelmäßig an Bord. "Die müssen wir als Flugbegleiter dann beruhigen und ablenken. Und wenn gar nichts anderes hilft, halten wir ihnen auch mal die Hand."
Die 45-Jährige kann so etwas nachvollziehen. "Denn", gibt sie ganz offen zu, "ich kenne Ähnliches. Ich habe nämlich Höhenangst!" Und das als jemand, der einer Tätigkeit am Himmel nachgeht? "Das ist irgendwie ein anderes Gefühl von Abgrund. Aber ich würde nie rauf auf den Eiffelturm gehen. Nicht mal auf einen Kirchturm."
Nur auf Linienflügen unterwegs
Als Stewardess (wie man sie und ihre Kolleginnen offiziell gar nicht mehr nennt), die ausschließlich bei Linienflügen im Einsatz ist, hat sie zwar auch mit Urlaubern zu tun, in der Mehrzahl aber mit Dienstreisenden. "Man kriegt mit, ob sich ein Gast auf sein Reiseziel freut, trifft auf gestresste Geschäftsleute, denen man anmerkt, dass ein Abschluss nicht so erfolgreich war wie erhofft oder ihnen ein schwieriger Termin noch bevorsteht."
Flugbegleiter müssen nicht nur Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis haben, sie sind auch medizinisch geschult. Claudia Meiszburger hat in all ihren Dienstjahren bei der Lufthansa keinen Todesfall an Bord miterleben müssen.
"Übelkeit und Kreislaufprobleme, manchmal auch schwere, damit haben wir es bei fast jedem Flug zu tun. Da muss man wissen, wie man helfen kann. Es besteht außerdem noch die Möglichkeit, zum Mikrofon zu greifen und zu fragen, ob unter den Fluggästen ein Arzt ist. Und es gibt eine Hotline, wo man sich Rat holen kann."
40 Flugstunden im Monat
Flugbegleiter ist kein klassischer Ausbildungsberuf. "Es gibt Musterschulungen für die einzelnen Flugzeugtypen und Service-Schulungen für verschiedene Kulturkreise. Denn Passagiere aus Japan zum Beispiel reagieren ganz anders als Amerikaner."
Claudia Meiszburger kommt aus der Gastronomie. "Das ist immer eine gute Voraussetzung, wenn man Flugbegleiter werden will. Große Chancen haben auch Leute aus der Reisebranche." Seit 1999 ist sie bei der Lufthansa. Bis 2006 war Nürnberg ihr Einsatzort. Nach der Geburt ihres Sohnes und der Elternzeit startet sie seit 2008 von Frankfurt aus in die ganze Welt.
"Jetzt fliege ich das kleinste Teilzeitmodell mit 51 Prozent - und nur noch Mittel- und Kurzstrecke. Die 40 Flugstunden im Monat sind im Block zusammengefasst. Auf der Kurzstrecke können pro Tag schon mal fünf Flüge zusammenkommen, wenn man als Springer eingeteilt ist. Als Arbeitszeit wird übrigens nur die Rollzeit und die Zeit in der Luft gerechnet."
Fast jeder, der beruflich mit dem Fliegen zu tun hat, bedauert den Wandel vom exklusiven Transport- zum Massenverkehrsmittel. Die Flugbegleiter bekommen das am meisten zu spüren. "Jeder möchte Sicherheit - aber am liebsten ein 19-Euro-Ticket." Und für diesen Preis auch noch drei warme Mahlzeiten? "Mindestens drei warme Mahlzeiten", lächelt Claudia Meiszburger ein bisschen bitter.
Respektlose Fluggäste
"Früher war mehr Respekt da", fügt sie hinzu. Die Gäste werden immer ausfallender. ,Saftschubse' ist manchmal einer der harmloseren Begriffe, die an Bord fallen."
Dennoch liebt sie ihren Job sehr. "Auf längeren Strecken liegen oft 24 bis 48 Stunden zwischen Ankunft und Abflug. Die Lufthansa versucht, ihre Crews in Hotels in den Städten unterzubringen. Man hat dann zwar oft längere Fahrzeiten zum Flughafen, aber auch die Chance, was von der Stadt zu sehen".
"Indien rüttelt mich wach"
Claudia Meiszburger mag in Europa besonders das Baltikum. Doch ihre liebste Destination ist Indien. "Dort werde ich wachgerüttelt. Es ist jedesmal ein kleiner Kulturschock, wenn man hinkommt. Es gibt viele Shopping-Fans unter meinen Kollegen, die darauf brennen, in dieser oder jener Stadt einkaufen gehen zu können. Ich bin da etwas geerdeter."
Deshalb ist auch die Lieblingsbeschäftigung der Würgauerin, die überall in der Welt herumkommt, eine ganz heimatverbundene. "Ich liebe meinen Garten!"