Seit einem halben Jahr müssen sich Radfahrer und Autofahrer durch eine künstlich geschaffene Engstelle in der Langen Straße quetschen. Der erhoffte Gewöhnungseffekt ist offenbar nicht eingetreten, wie eine Umfrage zeigt.
Es hat nicht lange gedauert gedauert, dann war unsere Veröffentlichung voll mit Kommentaren. Die Redaktion wollte auf ihrer Bamberger Facebookseite wissen, wie die Verkehrsregelung in der Langen Straße nach sechsmonatiger Praxis ankommt. Haben sich die Auto- und vor allem die Radfahrer daran gewöhnt, dass sie sich den vielbefahrenen Boulevard an einer Engstelle teilen müssen? Ist der Ärger über die Verbannung der Radler verraucht, der zu vielen bösen Kommentaren und sogar einer Drahteseldemo in Bamberg geführt hatte?
Der Rücklauf von Meinungen lässt eher das Gegenteil vermuten. Unverblümt verurteilten die Leser die Aufhebung eines offenbar funktionierenden Radwegs. Mehrfach ist da die Rede von Schildbürgerstreich. Wenig schmeichelhafte Worte findet etwa B: "Der größte Schwachsinn, der je ausgedacht wurde. Macht die Verkehrssituation nur unnötig gefährlich für Radfahrer."
Dann ist da dieser Satz zu lesen: "Es ist eine Zumutung, einen vorhandenen Radweg mit Blumenkübeln zuzustellen und nur zu warten, bis der erste schlimme Unfall passiert."
Manchmal sind Rathausentscheidungen schwer vermittelbar: Als die Mehrheit im Umweltsenat im Mai die neue Regelung nach dem Reißverschlussverfahren und mit Dutzenden auf den Asphalt gepinselten Piktogrammen bekräftigte, da gab es am Maxplatz tatsächlich noch Hoffnung, dass sich die Bamberger Verkehrsteilnehmer daran gewöhnen würden...
Doch ein halbes Jahr nach dem Auftauchen der Radfahrer abweisenden Blumenkübel stellt sich die Sicherheitsfrage in der Langen Straße wie am ersten Tag. Und nicht nur bei denen herrscht Unsicherheit, die selbst in die Pedale treten. Auch Udo Skrzypczak, Leiter der Bamberger Polizeiinspektion, kann seine Skepsis gegenüber der zwangsweisen Zusammenführung von über 9300 Autofahrern und 4200 Radfahrern am Tag auf einem kaum vier Meter breiten Straßenstück kaum verhehlen. Selbst wenn es noch nicht zu einem schweren Unfall gekommen ist: "Es gibt hier eine gewisse Gefährdung, die uns nicht gefällt", sagt Skrzypczak. Eine Verbesserung wäre aus Sicht der Polizei sinnvoll. "Wir wollen ja nicht warten, bis etwas passiert."
"Gefahrenlage beenden"
Erst im Oktober hatte die grüne Fraktion in einem Antrag gefordert "die Gefahrenlage Lange Straße umgehend zu beenden". Die GAL reagierte damit auch auf einen Antrag der CSU vom Juni, die Kurzzeitparkplätze auf der gegenüberliegenden Seite durch ein eingeschränktes Halteverbot zu ersetzen - ein ungewöhnliches Signal, nachdem die CSU stets gegen den Abbau von Parkplätzen votiert hatte. Würde es dazu kommen, entfielen 14 Stellplätze, die bei Handel, Dienstleistung und Gastronomie hohen Stellenwert genießen.
Wer sich die Situation vor Ort ansieht, stellt aber schnell fest, dass auch ohne Parkplätze die ventilartige Verengung der Langen Straße nicht aus der Welt geschafft wäre. Sie entstand Anfang des Jahres durch eine von der Hellerstraße weit in die Lange Straße hineinreichende Aufpflasterung. Damals wurden einem Plan aus dem Jahr 2012 folgend die Bordsteinkanten vorgezogen und der Gehweg verbreitert, ohne dass freilich ein erkennbarer gestalterischer Nutzen damit verbunden wäre. Wer heute der gedanklichen Linie des vormaligen Radwegs folgt, wird unsanft vom Bordstein und einer Reihe von Fahrradständern gebremst, die Einfahrt der Hellerstraße erscheint überdimensioniert.
Helmut Müller (CSU) hatte diesen Missststand schon im Mai erkannt und für eine schnelle Verbesserung plädiert - die Absenkung der frisch verlegten Bordsteinkanten. Nicht einmal seine eigene Fraktion folgte ihm.
Auch im Winter 2015 sieht es nicht nach rascher Abhilfe aus. In der Stadt hat sich quer über alle Fraktionen zwar eine Arbeitsgruppe "Lange Straße" formiert. Doch die berät über die langfristige Neugestaltung der Einkaufsstraße mit eventueller Verkehrsberuhigung und höhengleichem Ausbau ab 2017. Hintergrund: Nächstes Jahr soll mit dem Bau der Handelsquartiers "an der Mauer" begonnen werden und auch das frühere Easy Living sieht einer Sanierung entgegen.
In der Zwischenzeit müssen sich Rad- und Autofahrer mit einem Provisorium abfinden, das bei vielen auf Ablehnung stößt: "Extrem gefährlich diese neue Regelung, einmal nicht aufgepasst und der Radfahrer kommt unter die Räder", schreibt uns der Bamberger M.
Zu dem unsagbaren Blödsinn, den Radweg in der Langen Straße zu verbarrikadieren, mag ich mich gar nicht mehr äußern. Auf WESSEN Mist ist das eigentlich gewachsen?
Sonst macht Bamberg es wie alle andren (noch) charmanten Städte. Immer mehr 0815-Ketten statt Vielfalt. Herausstauben von PKWs. Denkt jemand an die Menschen, die drauf angewiesen sind (Patienten z.B., Kunden, die etwas verladen müssen).....die klugen Geschäftsleute gehen schon lange raus in die Peripherie.
Und wenn das so weiter geht, haben wir bald ein Museum. Fehlt nur noch die Eintrittskarte und ein innerstädtisches Touristen-Bummelbähnchen. Statt gewachsnem Leben/schönen Traditionen künstliche Events (Wackel-Lauf, Zaubern und Co.); Gärtnermuseum statt lebendiger Gartentradition.....während die letzten Idealisten ums Überleben ringen. Betonwüste statt Marktplatz.
Bamberg folgt hier einem allgemeinen Trend (Wandel); ich weiß nicht, ob es wirtschaftlich anders ginge, aber man könnte es versuchen? Für mich (hier geboren und aufgewachsen) ist die innerstädtische Entwicklung nur noch ein Trauerspiel.
Die Engstelle selbst stellt keine Gefährdungsursache dar - hier unterstelle ich aus der Erfahrung heraus auch der Polizei, daß sie dieses "Argument" vorschiebt, tatsächlich aber nicht akzeptieren will, wenn Autofahrer "wegen" der Radler ihr Tempo zurücknehmen und Rücksicht üben müssen.
Die Gefahrenquelle liegt in der Querschnittsverengung und dem hierdurch erzwungenen Spurwechsel der Radfahrer, verbunden mit der fehlenden Akzeptanz des Reißverschlußverfahrens seitens vieler Autofahrer. Des weiteren verleiten die (rechtlich bedeutungslosen) Fahrradpiktogramme zu gefährlichem Verhalten: Sie "drängen" die Radler an den rechten Fahrbahnrand (gemäß Rechtsprechung sollten sie etwa einen Meter Abstand halten) und erwecken den Eindruck, Autofahrer könnten dann überholen. Den (ebenfalls von der Rechtsprechung vorgegebenen, aus Sicherheitsgründen unverzichtbaren) Überholabstand von mindestens 1,5 m, ggf. auch mehr, kennen sehr viele augenscheinlich gar nicht.
Eine der Grundregeln für sichere Führung des Radverkehrs ist Stetigkeit - und damit Berechenbarkeit. Diese ist (nicht nur) im vorliegenden Fall auf das Sträflichste mißachtet worden - vorsätzlich, sehenden Auges.
Die frühere Radverkehrsführung war nicht das Gelbe vom Ei. Neben den allgemein bekannten Gefahren (Konflikte mit Fußgängern, Risiken an Einmündungen) war die Fahrspur viel zu eng. Doch die Benutzungspflicht war längst aufgehoben, die Radler konnten wählen, ggf. vorsichtig am Autostau vorbeiziehen. Es wäre allerdings Aufgabe der Polizei gewesen, ein Auge auf die (nicht wenigen) Autofahrer zu werfen, welche das legale Radeln auf der Fahrbahn nicht akzeptieren wollten und zu gefährlich nötigenden Fahrmanövern griffen. Doch auf dem Auge ist die Ordnungsmacht offensichtlich blind - wie auch die Staatsanwaltschaft, die entsprechende Anzeigen mit fadenscheinigsten "Begründungen" zurückwies (Beispiel: keine Verkehrsgefährdung erkennbar, wenn der Radfahrer vorsätzlich bis in die Bushaltebucht abgedrängt wird).
"...entfielen 14 Stellplätze, die bei Handel, Dienstleistung und Gastronomie hohen Stellenwert genießen."
Wie hoch ist denn dieser Stellenwert bezogen auf die Kaufkraft bei Kurzzeitparkplätzen tatsächlich?
Generieren oben Genannte in 20 Minuten tatsächlich durch potentielle Kurzzeitparkplatzbenutzer soviel Umsatz?
Gibt es diesbezügliche (unabhängige) Erhebungen (vgl. Kreuzfahrttouristen Umsatz/ Tourist hier Umsatz/ Parkplatzbenutzer), welche den gebetsmühlenartig gepredigten Erhalt der Parkplätze rechtfertigen würden?
Hält die hohe automobile Frequentierung evtl. sogar potentielle Kunden ab, welche ob des angenehmeren Ambientes eher in der Fußgängerzone shoppen (Aufenthaltsqualität = Kaufkraft)?
Ist derjenige, welcher vehement und teils polemisch für den Erhalt der Parkplätze plädiert und den Handel auf Grund seiner Funktion als Citymanager eigentlich stärken sollte ob seiner o.g. Position A mitverantwortlich für den Niedergang des qualitätsvollen Handels in der Langen Straße und B für die jetzige Verkehrssituation?