"Mist! Das heißt: Sollte das stimmen, dann hat Bruno Kellner 27 Stimmen der demokratischen Parteien erhalten, 29 Stimmen haben gegen ihn gestimmt. Und erst durch die Stimmen der AfD ist er zum stellvertretenden Landrat gewählt worden", rechnet Bernd Fricke auf Facebook vor und kommt zu dem politischen Ergebnis: "Die demokratischen Parteien haben es nicht geschafft, da nehme ich uns Grüne nicht aus, eine klare Mehrheit jenseits der AfD zu organisieren." Das sei aber zwingend notwendig, sofern man verhindern wolle, dass die AfD in den folgenden Jahren nicht ständig das Zünglein an der Waage spiele. Das Fazit der Grünen: "Deshalb ist es nicht so weit hergeholt, dass Bruno Kellner zurücktritt, die demokratischen Listen noch einmal verhandeln und eine klare Mehrheit organisieren."
Die Argumentation: Während bei Maciejonczyk die Stimmen auch ohne AfD gereicht hätten, brauchte sie Kellner mutmaßlich.
Kellner schließt Rücktritt aus
Was sagt Bruno Kellner dazu? "Ich werde nicht zurücktreten. Ich gehe nicht davon aus, dass ich mit den Stimmen der AfD gewählt worden bin, sonst hätten ja von der anderen Seite eine ganze Menge abspringen müssen", antwortet der stellvertretende Landrat, den die Sache ärgert. Kellner betont: "Wir haben eine klare rote Linie gezogen, eine Zusammenarbeit mit der AfD wird es so nicht geben."
Landrat Kalb erklärt dazu: "Die Gespräche zu den Personalentscheidungen haben die Fraktionsvorsitzenden im Vorfeld geführt. Dabei haben alle Fraktionen eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen." In den Verhandlungen sei unter anderem auch den Grünen/AL die Position einer weiteren Stellvertretung des Landrates angeboten worden. Die Grünen hätten abgelehnt. "Im Ergebnis haben deshalb alle Mitglieder der Fraktionen von CSU und FW/ÜWG vereinbart, in ihrer Koalition und mit ihrer Mehrheit die personellen Weichenstellungen vorzunehmen."
Soll Kellner zurücktreten? "Nein", antwortet Jonas Merzbacher, der Fraktionssprecher der SPD. Er mahnt jedoch: Man habe im Vorfeld fraktionsübergreifend betont, dass ein Ergebnis mit 36 Stimmen oder mehr das Ziel sei, weil es dann irrelevant gewesen wäre, was die AfD macht. "Bruno Kellner hat die Wahl trotzdem angenommen, und damit ist die Sache beantwortet. Das ist seine persönliche Entscheidung gewesen."
Merzbacher und seine SPD hätten sich einen breiteren Konsens gewünscht. Er sagt aber auch: "Ob man der AfD eine Wichtigkeit zugesteht, die sie nicht hat, ist auch eine berechtigte Frage."
Kommentar des Autors:
Die Frage von Jonas Merzbacher ist berechtigt: Wie umgehen mit der Alternative für Deutschland?
Diese Frage muss sich auch eine Zeitung stellen. Der Streit um Kellners Wahl wird bereits in den sozialen Medien geführt, daher berichten wir.
In Thüringen ist im Februar ein bundesweiter Politskandal entbrannt, als sich FDP-Landeschef Thomas Kemmerich kurzzeitig zum Ministerpräsidenten wählen ließ - auch mit Stimmen der AfD. In Höchstadt will die bayerische SPD einen Kommunalpolitiker loswerden, der sich offenbar mit entscheidender Unterstützung der AfD zum zweiten Bürgermeister wählen ließ. Im sächsischen Radebeul gibt es Streit, weil der Stadtrat mutmaßlich mit den Stimmen der AfD einen Kulturamtsleiter gewählt hat. In Unterschleißheim gab es Zoff, weil ein zweiter Bürgermeister beinahe mit AfD-Stimmen gewählt worden wäre.
Und im Landkreis Bamberg? Es war eine geheime Wahl zum stellvertretenden Landrat, die Mehrheit der CSU zusammen mit FW/ÜWG reichte knapp. Für wen hat die AfD gestimmt? Es liegt nahe, dass die Kreisräte nicht rot oder grün gewählt haben - bestätigen lässt sich das nicht. Ist Bruno Kellner in die Thüringen-Falle getappt?
Oder sind die Grünen in die Falle getappt, die von der AfD so provokant gelegt wurde? Sie sendet vergiftete Liebesgrüße, und schon streitet sich das Kreisgremium der Volksvertreter! Und die AfD ist Gesprächsthema. Die fünf Kreisräte bekommen dadurch eine vermeintliche Wichtigkeit, die sie eigentlich nicht haben. Nicht haben sollten.
Ist mir gar nicht klar @Charley, denn Sie dürfen nicht vergessen, dass die AfD-Leute auch von irgendjemanden gewählt wurden und ich wiederhole das Stichwort dazu "Demokratie". Solange die AfD nicht verboten wird kann man die Wählerstimmen nicht einfach so ignorieren. Welche Wege könnten das denn sein, die die Verantwortlichen Ihrer Ansicht nach finden müssten ? SIE kennen diese anscheinend bereits, also bitte - wie schaut IHRE Lösung aus, oder die von Herrn Fricke.
Die AFD darf natürlich abstimmen und kann wählen, was und wen sie wollen. Da bin ich ganz bei Ihnen. In diesem Fall spielen sie aber das Zünglein an der Waage und kosten dies auch genüsslich aus. Da sollte man nicht auf das Pöstchen schielen, sondern Haltung zeigen und sich nicht von einer Partei ins Amt heben lassen, in der Faschisten ihre politische Heimat haben. Das sehen nicht nur die Grünen so. Der Landrat kann da gerne mal seinen Parteivorsitzenden fragen.
Die Lösung wäre gewesen, sich auf einen Kandidaten einzulassen, der eine breitere Unterstützung erfahren hätte, so dass die Entscheidung der AFD keine Wirkung gehabt hätte.
p.s. Es ist sicher hypothetisch, aber ich bin mir da absolut sicher: Ein Andreas Schwarz z.B. hatte ganz klar und eindeutig Rückgrat gezeigt und eher auf das Pöstchen verzichtet als sich mit AFD-Hilfe wählen zu lassen.
Mit AFD-Stimmen kann man sich nicht wählen lassen. Das sollte inzwischen doch jedem klar sein.
Da müssen die Verantwortlichen andere Wege finden. Und die gibt es auch. "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" kann doch nicht die die Devise sein. Da hat der Fricke schon Recht.
Die gewählten Vertreter all dieser Parteien sollten sich zusammensetzen und vernünftig und parteiübergreifend zum Wohle der Bürger in ihrem Wahlkreis zusammenarbeiten. Das erwarte ich von mündigen und erwachsenen Menschen: vernünftige Beschlüsse und Gesetze, die uns alle voranbringen. Vielleicht sollte man einfach mal versuchen, mit den gewählten AfD-Vertretern zusammenarbeiten - in dubio pro reo. Letztendlich wurden diese von einer doch nicht gerade unerheblichen Anzahl von Wählern ins Amt gewählt. Und wer jetzt argumentiert, viele hätten doch nur aus Protest die AfD gewählt, sollte sich nicht wundern, wenn diese Art von gewollten Ausschluss dazu führt, dass evtl. künftig noch mehr aus Protest gewählt wird. Vielleicht sollten die Vertreter der anderen Parteien bzw. die Bürger einmal darüber nachdenken, dass ihr Friseur, Arzt, Verkäuferin, Nachbar u.U. die AfD gewählt haben, dies aber aus bekannten Gründen nicht preisgeben.
Ich bin Lichtjahre weit davon entfernt, der AfD bei irgendeiner Wahl meine Stimme zu geben.
Trotzdem stelle ich seit der Thüringen-Wahl fest, dass besonderes Augenmerk von den etablierten Parteien darauf gelegt wird, keinesfalls ein Amt zu erhaschen, welches durch eine Stimme der AfD erlangt wurde.
Hier muss ich einhaken, denn wenn jede Wahl nun deswegen für ungültig erklärt, weil auf das Wahlergebnis Stimmen der AfD Einfluss hatten, erhebe ich Einspruch. Entweder die AfD ist eine in Deutschland zugelassene politische Partei, dann zählen deren Stimmen ebenso viel wie die Stimmen aller anderen Parteien und im Sinne der Demokratie wäre das von den anderen auch hinzunehmen.
Selbst bei den Wahlen zum Bamberger Landrat, wo jetzt die Grünen aufbegehren und Bruno Kellner zum Rücktritt auffordern, handelt in dem Fall die Grüne Partei undemokratisch.
Auch der zweite Bürgermeister von Höchstadt hat gut daran getan, seine Partei zu verlassen und seine Ämter zu behalten.
Da kehren neuerdings Sitten ein in unserem Lande, die ich aus demokratischer Sicht nicht für in Ordnung befinde. Das hat auch nichts mit der AfD an sich zu tun sondern es geht mir ums Prinzip.
Und trotzdem wähle ich keinen AfD-Kandidaten, auch aus Prinzip.