Kontenklärung: Lästig - aber wichtig

3 Min
Ein vollständiger Versicherungsverlauf kann später bares Geld bedeuten. Dokumente über Schul- und Studienzeiten beschafft man sich am besten frühzeitig. Foto: Matthias Hoch
Ein vollständiger Versicherungsverlauf kann später bares Geld bedeuten. Dokumente über Schul- und Studienzeiten beschafft man sich am besten frühzeitig. Foto: Matthias Hoch

Wer wissen will, wie viel Rente er eines Tages bekommt, sollte bei seinem Versicherungskonto genau hinsehen. Oft fehlen Zeiten, die für die Rente wichtig sind. Eine sogenannte Kontenklärung empfiehlt sich schon in jungen Jahren.

Von einer Kontenklärung hat Redakteur Stephan Großmann bisher noch nichts gehört. Der 34-Jährige bekommt seit einigen Jahren jährlich eine Renteninformation. Das zweiseitige Schreiben der Deutschen Rentenversicherung guckt er kurz an und heftet es ab. Rente? Die ist noch weit weg. Viel zu weit, um sich jetzt schon ausführlich damit zu beschäftigen.

Seine älteren Kollegen, Fotograf Matthias Hoch (46) und Redakteur Matthias Litzlfelder (45), sind da schon etwas weiter. Litzlfelder hatte im vergangenen Jahr von sich aus eine Kontenklärung bei der Behörde beantragt, nachdem ihm bei seinem Versicherungsverlauf aufgefallen war, dass Studienzeit und auch die Gymnasialzeit nach dem 17. Geburtstag nicht aufgeführt waren. Hoch wurde schon vor einigen Jahren von der Rentenversicherung angeschrieben. Es seien bestimmte Zeiten nicht geklärt. "Ich habe denen damals mein Studienbuch von der Uni Bamberg im Original geschickt", erinnert sich der 46-Jährige. "Das kam prompt zurück. Ich sollte es innerhalb einer Frist von sechs Wochen beglaubigen lassen."

Das Problem: Hoch war zu dem Zeitpunkt für drei Monate im Ausland, versäumte die Frist. "Diese Zeiten können Ihnen nicht angerechnet werden", hieß es. "Seitdem habe ich nichts unternommen", berichtet Hoch. Und auch Litzlfelder war mit einer Frist konfrontiert worden, obwohl er von sich aus die Kontenklärung beantragt hatte: "Falls Sie nicht innerhalb von sechs Kalendermonaten bei der Kontenklärung mitwirken, wird der Bescheid aufgrund der im beiliegenden Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erteilt", stand im Begleitbrief zum Kontenklärungsformular V0100. Fehlzeiten unverzüglich nachweisen oder diese sind futsch für die Rente?

Zeiten, die niemand meldet

"Nein", beruhigt Katja Braubach, Pressereferentin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin. "Wir erteilen nur einen Bescheid über die vorliegenden Zeiten." Der Versicherte habe vielmehr jederzeit die Möglichkeit, Versicherungszeiten noch bis zum Schluss, also bis zum Rentenbeginn, klären zu lassen.

Empfehlenswert ist das nicht, so lange zu warten. Meist sind Schul- und Studienzeiten nicht erfasst. Wer dann als 60-Jähriger losziehen muss, um sich derartige Bescheinigungen zu besorgen, die 40 Jahre und älter sind und die er trotz mühsamer Suche in seinen Unterlagen nicht mehr findet, wird wenig begeistert sein. "Das sind Zeiten, die von keinem Arbeitgeber gemeldet werden", sagt Braubach.

Es ist also sinnvoll, solche Zeiten so früh wie möglich ein für allemal im Versicherungsverlauf festschreiben zu lassen. "Wir versuchen natürlich, die Versicherten zu animieren, sich frühzeitig zu kümmern", berichtet Braubach. "Wir schreiben auch Jüngere an. Ein Anschreiben zur Kontenklärung erhalten inzwischen Versicherte, die in den 80er Jahren geboren wurden." Ausgewählt haben diese nicht die Kollegen von Braubach, sondern eine Maschine, die jahrgangsweise vorgeht.

Wer sein Konto geklärt hat, erspart sich nicht nur das spätere Beschaffen von Immatrikulationsbescheinigungen oder Schulnachweisen. Für ihn ist auch seine jährliche Renteninformation aussagekräftiger. So eine Information bekommen alle Rentenversicherten ab dem 27. Lebensjahr. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass zuvor mindestens fünf Jahre Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt worden sind.

Formloser Antrag

Der ersten Renteninformation liegt in der Regel ein Versicherungsverlauf bei. Hier zeigt sich schon, ob Schul- oder Studienzeiten fehlen. Wer möchte, kann bereits dann eine Kontenklärung beantragen. Das ist formlos möglich beim Rentenversicherungsträger: für Versicherte in der Region entweder die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern mit Hauptsitz in Bayreuth oder die Deutsche Rentenversicherung Bund in Berlin (hinzu kommt noch die Knappschaft-Bahn-See für Arbeitnehmer der Bahn, der Seeschifffahrt oder im Bergbau). Wer zuständig ist, steht oben rechts auf der Renteninformation. Beantragt werden kann eine Kontenklärung jederzeit. Unabhängig davon besteht laut Rentenversicherung auch sonst jederzeit die Möglichkeit, sich einen aktuellen Versicherungsverlauf zuschicken zu lassen.

Sieben Zahlen auf dem Infoschreiben

Wer das DIN-A4-Blatt der jährlichen Renteninformation - ab dem 55. Lebensjahr gibt es alle drei Jahre eine etwas ausführlichere Rentenauskunft - liest, findet stets sieben Zahlen vor: drei auf der Vorderseite und vier auf der Rückseite. Der aussagekräftigste und interessanteste Wert ist sicher der auf Seite eins in der Mitte: Hier werden die bereits verdienten Ansprüche angezeigt und die daraus resultierende Rente, wenn nicht weiter eingezahlt wird. Darüber steht der aktuelle Rentenanspruch im Falle einer vollen Erwerbsminderung. Darunter der hochgerechnete Betrag, den der Rentner erhalten würde, wenn bis Rentenbeginn weiter Beiträge wie im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre gezahlt werden. Auf der Rückseite erklären sich die ersten drei Zahlenwerte von selbst. Es sind die Beiträge, die der Versicherte, der Arbeitgeber und öffentliche Kassen bisher an die Rentenversicherung abgeführt haben.

Dynamischer Wert - aktuell 33,05 Euro

Spannend ist der letzte Wert mit vier Stellen hinter dem Komma: die sogenannten Entgeltpunkte. Hier wird der Bruttoverdienst des Versicherten mit dem statistischen Verdienst aller Arbeitnehmer verglichen. Dieser Durchschnittsverdienst aller Versicherten liegt aktuell bei 38 901 Euro. Wer beispielsweise genau das verdient hätte, bekäme einen Rentenpunkt. Wer etwa das Doppelte auf dem Gehaltszettel hätte, erhielte zwei Rentenpunkte. Im Einzelfall wird das bis auf vier Stellen nach dem Komma berechnet. Diese jeweiligen Entgeltpunkte werden mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert - heraus kommt die bislang erreichte Rentenanwartschaft. Bei 33,05 Euro (alte Bundesländer) liegt dieser Wert. Er wird jedes Jahr am 1. Juli angepasst und verleiht der Rente die nötige Dynamik.