Nachdem wir mehrmals über den vermeintlich unbekannten Krautbraten berichtet haben, ist uns eins klar geworden: Die alten Bamberger kennen ihn, die jungen aber kaum. Wie man alte Gerichte wieder zum Leben erweckt? Wir wollten es wissen. Heraus kam ein Kochexperiment, das zeigt, wie einfach leckeres Essen zuzubereiten ist.
Es duftet nach Deftigem. So muss es wohl auch vor über 200 Jahren gewesen sein in Bamberg. Damals, 1805, als in den bürgerlichen Küchen der Domstadt Krautbraten zubereitet wurde.
So zumindest findet sich das Rezept im Bamberger Kochbuch, das aus dieser Zeit stammt und 1983 erst wieder neu aufgelegt wurde. Nach deftigem Krautbraten riecht es auch im Jahr 2014, aus der Küche von Thomas C. Reiser.
Und das kam so:
Nachdem wir mehrmals nach dem Rezept des Bamberger Krautbratens gefahndet haben, haben sich zahlreiche Leser gemeldet, die ein Rezept in ihren - meist aus den 70er Jahren stammenden - Kochbüchern fanden.
Doch, wie sich herausstellte, ist das Gericht noch viel älter. Im Bamberger Kochbuch von 1805 findet sich dieses bereits, auch ältere Nachweise aus dem 17. Jahrhundert gibt es.
Das Krautbraten-Experiment
Thomas Reiser, ehemaliger Vorsitzender vom Bürgerverein Bamberg-Mitte, kennt sich mit alten Rezepten aus. Der begeisterte Hobby-Koch hat im Jahr 1998 den "Bamberger Topfgucker" mit Rezepten aus der Bevölkerung herausgebracht. Auch darin war der Krautbraten zu finden.
Wir haben also gesagt: Wir müssen den Krautbraten kochen. Thomas Reiser hat sich bereit erklärt, das Gericht nach dem Rezept von 1805 zuzubereiten. Bedingung: Es musste an seinem Herd sein (da kennt er sich aus) und mit seinem Freund Robert Müller, Chef des Bamberger Köchevereins.
Wie es war, gibt's hier im Video.
Das Rezept aus dem Bamberger Kochbuch von 1805
"Gebackenes Kraut oder sogenannter Krauts braten - auf Fast- oder Fleischtage zu kochen" aus dem Bamberger Kochbuch von 1805 "für die herrschaftliche und bürgerliche Küche" (übertragen von Thomas C. Reiser)
Rezept für 12 (!) Personen - (in Klammer die Original-Angaben, wobei 1 Loth = 17,5g)
Zutaten
weißes Brot (für 4 Kreuzer), entspricht zirka 500 g, also 10 bis 12 Semmeln
3 Krautköpfe
210 g (12 Loth) Butter oder Schmalz
3 große Zwiebeln
Muskatnuss
8 Eier
250 g Schmalz (12-14 Loth) - oder eine dick mit Butter ausgestrichene Reine (Backblech)
an einem Fleischtag kommen dazu
250 g Speck, kleingewürfelt
250 g gekochten (abgesottenen) Schinken
Zubereitung
Semmeln in Wasser weichen. Von den Krautköpfen alle Blätter bis auf die Herzen herunterschneiden, Rippen und Strünke (Dorschen) herausschneiden, die Blätter hacken oder recht fein schneiden. Butter oder Schmalz in einer tiefen Pfanne (einem Kastrol oder Tiegel) erhitzen, Zwiebeln hineinschneiden und angehen lassen (ein wenig dünsten), das gehackte Kraut zugeben und alles ganz weich dünsten. Dann salzen und Muskat frisch darüber reiben. Wenn das Kraut weich ist, die eingeweichten und gut ausgedrückten Semmel unterrühren und noch etwas dämpfen. Vom Feuer ziehen, die Eier ("8 ganze Eyer") unterrühren. 250 g Schmalz in einer Reine heiß werden lassen, das Angerührte hineinschütten ("doch ist zu bemerken, daß das Geschirr nicht zu groß seyn darf, damit die Masse zwei starke Finger hoch bleibe"). "Decke es mit einem Deckel zu, lege Kohlen auf denselben, und laß es oben und unten gelb backen." Man kann diese Masse auch in einer mit Butter dick bestrichenen Auflaufform oder kleinen Bratpfanne im Ofen backen.
Zubereitung an einem Fleischtag
Den kleingewürfelten Speck und Schinken - in Thomas Reisers Familienrezept von 1899 ist von "hachiertem Fleisch aus dem Schinken (Schlegel) des Schweins" die Rede - unter die Kraut-Semmel-Ei-Masse rühren.
Beilage
Erbsenbrei mit Bohnenkräutlein und etwas Minze