"Kitas vor dem Aus": Fränkischer Träger schlägt Alarm - und übt scharfe Kritik an Söder-Regierung

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"Kitas vor dem Aus": Fränkischer Träger schlägt Alarm - und übt scharfe Kritik an Söder-Regierung
Das AWO-Kinderhaus am Hauptsmoorwald in der Bamberger Gartenstadt. Die Arbeiterwohlfahrt sorgt sich um die Finanzierung von Kitas in Bayern – und schlägt diesbezüglich Alarm.
"Kitas vor dem Aus": Fränkischer Träger schlägt Alarm - und übt scharfe Kritik an Söder-Regierung
AWO Bamberg

Die AWO Ober- und Mittelfranken sieht Kitas in Bayern von der Schließung bedroht. Die Rede ist von einem "System vor dem Zusammenbruch". Der Verband ruft die Regierung um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zum sofortigen Handeln auf.

  • AWO in Ober- und Mittelfranken weist auf mögliche Kita-Schließungen hin
  • "Bedroht Existenz": Verband mit klarer Forderung an Politik
  • Kritik an bayerischer Staatsregierung - "Hilferufe bislang nicht erhört"

Der AWO-Bezirksverband Ober- und Mittelfranken sieht Kindertagesstätten in Bayern in ihrer Existenz bedroht - und schlägt deswegen Alarm. Der regionale Ableger der Arbeiterwohlfahrt mit Sitz in Nürnberg spricht von einem "System vor dem Zusammenbruch". Auch der AWO-Kreisverband Bamberg weist zum Start des neuen Kita-Jahrs auf die "Problematik" hin. Die Ursachen für die aktuelle Lage sind demnach verschiedener Natur. 

"Kindertagesstätten von Schließung bedroht": Fränkische AWO schlägt Alarm

"Höhere Löhne, Inflation und fehlende Förderung", hält die AWO in einer am Dienstag (29. August 2023) verschickten Pressemitteilung fest. "Die freien Träger der Kinder- und Jugendarbeit stehen vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen. Kindertagesstätten sind von der Schließung bedroht - verbunden mit einschneidenden Auswirkungen auf die bayerische Wirtschaft."

Der Verband prangert zugleich Versäumnisse vonseiten der Politik an. Dem Kabinett um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wirft die fränkische AWO Untätigkeit vor. "Wann, in welcher Form und ob überhaupt finanzielle Hilfen kommen, ist nicht absehbar", heißt es in der Mitteilung. "Hilferufe der AWO in Ober- und Mittelfranken an die bayerische Staatsregierung, die Fördersumme schnellstmöglich anzupassen, wurden bislang nicht erhört."

Laut Schilderung der AWO setzt sich die Finanzierung der Kindertagesstätten in Bayern aus unterschiedlichen Bausteinen zusammen. Hauptbestandteile sind demnach die von den Trägern erhobenen Kita-Beiträge sowie die Betriebskostenförderung über das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz. "Verbleibende Personal- und Sachkosten können als freiwillige Leistungen der Kommunen getragen werden." Darüber hinaus gebe es weitere Fördergelder - wie etwa den 2023 in Kraft getretenen Personalbonus.

Kitas gefährdet? Verband fordert sofortige Anpassung der Fördersumme

Entstanden ist die "Lücke in der Finanzierung" laut Auffassung der AWO im Wesentlichen durch einen zu gering festgelegten Basiswert in Hinblick auf den staatlichen Förderbetrag pro Kind. Letzterer setze sich aus Basiswert, Buchungszeitfaktor und Gewichtungsfaktor, wie beispielsweise körperliche Beeinträchtigungen oder Migrationshintergrund der Kinder, zusammen. "Das Problem: Der für dieses Bewilligungsjahr festgelegte Basiswert (1320,10 Euro pro Kind im Monat) reicht bei weitem nicht aus", bemängelt der Verband. Die durch die gewerkschaftlich erwirkten Tariferhöhungen gestiegenen Personalkosten seien diesbezüglich nicht einbezogen worden, so die Kritik. 

Verschärft werde das Problem durch die gestiegenen Anforderungen an die Betreuung von Kindern. "So ist die durchschnittliche Buchungszeit von fünf auf mittlerweile sieben Stunden gestiegen, die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund hat sich seit 2006 vervierfacht und auch der Verwaltungsaufwand hat deutlich zugenommen", konstatiert der AWO-Bezirksverband Ober- und Mittelfranken. "Ein großer Anteil der Betriebskosten, ungefähr 40 Prozent, müsste inzwischen von den Kommunen als freiwillige Leistung getragen werden. Dies ist aber - insbesondere in finanzschwachen Gegenden - nicht der Fall."

Die Forderung: Um die tatsächlichen Betriebskosten zu decken, müsste der Basiswert nach AWO-Angaben "erheblich und vor allem so schnell wie möglich" erhöht werden. Die Träger gingen derzeit "in erheblichem Maße" in Vorleistung und könnten nicht auf eine Anpassung im Rahmen der Endabrechnung warten, so der Verband. 

Auswirkungen für Eltern: Kita-Beiträge müssen laut AWO oft steigen

Wie die AWO weiter berichtet, stünden zahlreiche Träger von Kindertagesstätten vor der Entscheidung, die von den Eltern zu zahlenden Kita-Beiträge anzuheben - oder hätten dies bereits getan. "Die Folge: Eltern können sich die Betreuung nicht mehr leisten, reduzieren Buchungszeiten oder nehmen ihre Kinder ganz aus der Einrichtung." Da die Fördergelder direkt an die Buchungszeiten der Kinder geknüpft sei, werde die Finanzierungslücke immer größer. "Wenn die Kostensteigerungen nicht zeitnah refinanziert werden, sind die Träger gezwungen, Öffnungszeiten zu verkürzen beziehungsweise einzelne Gruppen oder gar ganze Kindertagesstätten zu schließen", warnt die AWO. 

Nach AWO-Abgaben fehlen schon jetzt für das Jahr 2023 fast 62.000 Kita-Plätze in Bayern, gemessen am Betreuungsbedarf. Die "Kita-Fehlfinanzierung" richte somit auch an anderer Stelle Schaden an. "Wenn Eltern ihre Kinder selbst betreuen, weil der Kita-Platz zu teuer ist oder es schlichtweg - trotz Rechtsanspruch - keinen gibt, verschärft sich der Fachkräftemangel in allen Bereichen der bayerischen Wirtschaft.

Die AWO in Ober- und Mittelfranken fordert die bayerische Staatsregierung auf, den Basiswert umgehend an die gestiegenen Kosten anzupassen "oder anderweitige Ausgleichszahlungen" in die Wege zu leiten. "Das bereits vorgebrachte Argument, dass es sich um überplanmäßige Ausgaben handeln würde, wird nicht akzeptiert", heißt es in der Pressemitteilung. "Die immensen Vorfinanzierungen und das Warten auf Gelder müssen ein Ende haben." Weitere Nachrichten aus Bamberg gibt es in unserem entsprechenden Lokalressort. Nachrichten aus Nürnberg gibt es im dortigen Lokalressort.