Kiff-Verbot auf der Sandkerwa? Die Stadt Bamberg hat andere Drogenprobleme!

2 Min
Ein Kommentar von Robert Wagner

"Bambergs unabhängige Bürger" fordern in einem Dringlichkeitsantrag ein Kiff-Verbot auf Bambergs-Festen bis spät in die Nacht. Es gehe ihnen um die Ordnung und Gesundheit von Familien. Der wahre Grund dürfte ein anderer sein, so die Meinung unseres Redakteurs.

Mit einem Dringlichkeitsantrag will die Wählergruppe "BuB - Bambergs unabhängige Bürger" die Stadt Bamberg dazu bringen, mittels Allgemeinverfügung ein "Kiff-Verbot während aller Feste und Veranstaltungen" zu erlassen - und zwar weit über das sowieso in der Innenstadt bis 20 Uhr bestehende Verbot hinaus. Denn: "Die beliebten Bamberger Feste werden traditionellerweise von Familien und Kindern gleichermaßen bis in die späten Abendstunden besucht", wie Klaus Stieringer erklärte.

Gemeint sind neben "Bamberg zaubert" auch das "Blues- und Jazzfestival" und vor allem die "Sandkerwa". Um "die öffentliche Ordnung zu wahren und die Gesundheit der Bürger zu schützen", brauche es da klare Regeln für den Konsum von Cannabis

Weg vom Populismus: Bei der Sandkerwa gibt es andere Probleme als das Kiffen

Für mich stellt sich die Frage: Geht es der BuB-Stadträtin Daniela Rheinfelder und ihrem Kollegen Klaus Stieringer tatsächlich um die öffentliche Ordnung und die Gesundheit der Bürger - oder stecken doch populistische Motive hinter der Forderung? 

Um hier gleich Missverständnissen vorzubeugen: Ich mag die Sandkerwa und gehe gerne auf Feste in Bamberg. Ich will niemanden das Bier in der Sandstraße verbieten oder das Rauchen im Freien einschränken. Aber mal ehrlich: Wer angesichts der häufig vorkommenden Alkoholexzesse im Rahmen der Sandkerwa wirklich Angst vor ein paar Kiffern hat, der scheint der Wirklichkeit ein gutes Stück entrückt.

Jedes Jahr berichtet die Polizei von zahlreichen Vorfällen im Rahmen der Sandkerwa und anderer größerer Veranstaltungen. Vorfälle wie Körperverletzungen, sexuellen Belästigungen oder auch verbale und tätliche Angriffe auf Polizeibeamte stehen dabei sehr häufig im Zusammenhang mit übertriebenem Alkoholkonsum. Außerdem hat Alkohol schon bei geringen Mengen schwere gesundheitliche Folgen. Man muss daraus nicht ableiten, dass man Alkohol verbieten sollte - aber dass Alkohol auch zu Problemen führt, ist eindeutig. Dies gilt umso mehr in einer Bierstadt wie Bamberg.

Welche realen Gefahren gibt es wirklich?

Der Umgang mit dem Thema Cannabis-Legalisierung ist Bayern mittlerweile beinahe lächerlich. Die vorgebrachten Bedenken lösen sich bei näherer und sachlicher Betrachtung vielfach in Luft auf: Die Fremdschädigung durchs Kiffen entsteht praktisch ausschließlich durch den verbrannten Tabak – "passiv bekifft" zu werden ist faktisch ausgeschlossen, selbst in einem kleinen, geschlossen Raum wie eine Studie schon 2010 belegte. Das Rauchen von Zigaretten wollen die BuB-Politiker aber nicht verbieten – dabei sind die schädlichen Folgen des passiven Tabakkonsums gut erforscht

Apropos Rauchen: Woran erkennt ein, sagen wir, 10 Jahre altes Kind überhaupt, ob da jemand eine Zigarette oder einen Joint raucht? Eine Antwort bleiben die Bedenkenträger an dieser Stelle schuldig. 

Vor allem aber stört mich die Art, mit der vor den dramatischen Folgen des Cannabis-Konsums gewarnt wird und oft unbegründete Ängste geschürt werden – wohl nur, um politisches Kapital daraus zu schlagen. Nochmal: Ich will niemanden Alkohol verbieten und trinke selbst gerne ein gutes Bamberger Bier. Aber wer in einer Stadt, in der man selbst unter der Woche tagsüber nicht durch die Sandstraße gehen kann, ohne um frische Haufen Erbrochenes manövrieren zu müssen, ausgerechnet vor den schlimmen Folgen und dem schlechten Beispiel des Cannabis-Konsums warnt, muss sich dem Vorwurf der Heuchelei gefallen lassen. Hier wird ganz klar mit zweierlei Maß gemessen.

Mehr Erziehung - weniger Verbote!

Kiffen ist für Kinder und Jugendlich verboten - so wie auch der Konsum von Alkohol oder das Rauchen. Aber an Verbote halten sich erfahrungsgemäß nicht immer alle Menschen. Ich hoffe und glaube, dass die Eltern, die die Sandkerwa mit ihren Kindern "bis in die späten Abendstunden" besuchen, ihren Jüngsten erklären, was es mit Alkohol auf sich hat.

Dass sie ihren Kindern erklären, warum sich Menschen nach ein paar Bier manchmal seltsam verhalten und warum Kinder noch keinen Alkohol trinken dürfen. Und dass sie auch ihren älteren Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol beibringen.

Denn für den richtigen, weil verantwortungsvollen Umgang mit (Freizeit-)Drogen ist Aufklärung, Erziehung und das vorgelebte, gute Beispiel der Eltern wichtigkeine staatlichen und städtischen Verbote. Das gilt für Tabak, Alkohol - und natürlich auch Cannabis. Wohl bekomm’s!

Vorschaubild: © Daniel Krüger/Fabian Sommer/dpa