Juden in Bamberg spüren Unbehagen

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Juden beim Gebet in der neuen Synagoge in der Willy-Lessing-Straße in Bamberg. Foto: Ronald Rinklef
Juden beim Gebet in der neuen Synagoge in der Willy-Lessing-Straße in Bamberg.  Foto: Ronald Rinklef
Hier stand lange Zeit: "Kauft nicht bei Juden", eine von mehreren antisemitischen Schmierereien in Bamberg. Foto: privat
Hier stand lange Zeit: "Kauft nicht bei Juden", eine von mehreren antisemitischen Schmierereien in Bamberg. Foto: privat
 

Der Schock nach dem Angriff auf eine Synagoge in Halle ist in Bamberg groß. Auch die Domstadt bleibt nicht vom Judenhass verschont.

Als am Mittwoch der rechtsextremistische Angriff auf die Synagoge in Halle geschieht, wird der höchste jüdische Feiertag Jom Kippur auch in der Bamberger Synagoge gefeiert. Vor der Tür ein Polizeiauto, zum Schutz des jüdischen Gemeindehauses. Die Nachricht sickert bei Martin Arieh Rudolph zwischen den Nachmittagsgebeten durch. Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde spricht von einem großen Schock. "Halle hätte auch in Bamberg, Dortmund, Baden-Baden oder Hamburg passieren können", verdeutlicht der 54-Jährige die Gefühlslage. Es zeige sich, dass solche Anschläge nicht nur in den USA geschehen können, sondern eben auch in Deutschland.

Rudolph verdeutlicht dennoch, dass sich die Gemeinde gut geschützt fühle. "Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist sehr gut." So stehe man in engem Austausch, bereits vor dem Angriff von Halle. Die Synagoge wird gerade an den Feiertagen, aber auch darüber hinaus bewacht. Die Gemeinde mit ihren 681 Mitgliedern selbst hat in den letzten Jahren viel Geld in eigene Sicherheitsvorkehrungen investiert - und in naher Zukunft sollen diese noch ausgeweitet werden. Rudolph will diese nicht konkret nennen.

Rabbinerin Antje Yael Deusel von der Liberalen Jüdischen Gemeinde mit 60 Mitgliedern berichtet, dass auch sie am Donnerstag eine Standleitung zur Polizei hatte.

Die Bamberger Dienststelle bleibt bei Aussagen über die genauen Schutzmaßnahmen vage - aus polizeitaktischen Gründen, wie Jens Fischer, Sprecher der Bamberger Dienststelle, sagt. Die Maßnahmen sollen aber nach Halle noch verstärkt werden. Dazu hatte sich auch Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) mit der Polizei in Verbindung gesetzt. "Hass gegen Juden und Rassismus dürfen bei uns keinen Platz haben. Auch wir in Bamberg sind gefordert, die jüdischen Einrichtungen noch besser zu schützen."

Es wird deutlich, dass auch Juden in Bamberg ohne Schutzmaßnahmen nicht sicher leben können: Als die Kultusgemeinde 2005 das Gemeindehaus eröffnet hatte, sollte es offen sein für alle. Das ist es zwar immer noch, beschreibt Rudolph die Situation, doch sei das in dieser Form nicht mehr möglich. So müssen sich die Leute unter anderem ausweisen, wenn sie das Haus betreten.

Schmierereien ein Problem

Einen größeren Vorfall hat es in Bamberg im Zusammenhang mit Antisemitismus in den letzten Jahren laut Polizei nicht gegeben. Doch immer wieder tauchen auch Schmierereien auf, die rassistisch und antisemitisch motiviert sind. Tamara Pruchnow hat in den vergangenen Monaten mit anderen Bürgern eines Netzwerks auf solche Schmierereien hingewiesen und diese der noch neuen Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (kurz: Rias) gemeldet. Die vom bayerischen Sozialministerium geförderte Stelle dokumentiert Vorfälle und bietet Betroffenen Unterstützung (rias-bayern.de).

Die Schmierereien sind laut Pruchnow inzwischen übermalt, doch sei etwa die Parole "Kauft nicht bei Juden" für etwa sechs Monate an der Mauer unter der Löwenbrücke zu lesen gewesen. "Solche Dinge müssen konsequenter von der Stadt entfernt werden", sagt Pruchnow.

Im Rathaus heißt es, bei antisemitischen Schmierereien werde immer auch der Staatsschutz informiert. Die Stadt bemühe sich stets darum, möglichst schnell und konsequent antisemitische und fremdenfeindliche Schmierereien zu entfernen, erklärt Sprecherin Anna Lienhardt. Die Bürger könnten sich, um solche Schmiererein zu melden, unter anderem an die Demokratiestelle der Stadt (demokratie@stadt.bamberg.de) wenden.

Latenter Antisemitismus - Martin Arieh Rudolph spricht zumindest von einem gewissen Unbehagen, wenn er die Situation von Juden in Bamberg beschreibt.

Rudolph spricht auch am Donnerstagabend auf der von der Bamberger Linken organisierten Mahnwache. Etwa 200 Menschen zeigen Solidarität, auch OB Starke. Rabbinerin Antje Yael Deusel sagt in ihrer Rede, jeder sei weiterhin eingeladen, die Gebetsstätten zu besuchen. Auch am heutigen Freitagabend. "Angst zu haben und sich zu verstecken, wäre das falsche Zeichen."

Kommentar von Sebastian Martin: Wir müssen hinschauen

Ein feiges Attentat wie das in Halle zeigt, wie groß die rechtsextremistische Bedrohung inzwischen in Deutschland und damit auch in Bamberg geworden ist. Wohltuend ist zu sehen, wie schnell sich Bürger zu einer Mahnwache einfinden, um Solidarität mit den jüdischen Gemeinden zu zeigen. Doch es muss auch in den Köpfen ankommen, dass jeder Einzelne von uns genau hinschauen muss, egal in welcher Situation im Alltag. Antisemitismus und Rassismus fängt mit scheinbar harmlosen beleidigenden Worten oder Schmierereien an und endet im schlimmsten Fall mit Toten wie in Halle.