In Reckendorf tobt ein Streit am "Todesstreifen"

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Über die Mauer des Nachbarn hat eine Reckendorferin Stacheldraht gezogen. Direkt an der Wand hinter dem Tor, hat sie auch ein Gewehr zur Abschreckung platziert. Foto: S. Martin
Über die Mauer des Nachbarn hat eine Reckendorferin Stacheldraht gezogen. Direkt an der Wand hinter dem Tor, hat sie auch ein Gewehr zur Abschreckung platziert.  Foto: S. Martin

Eine Mauer mit Stacheldraht, ein Schreckschussgewehr und viel Aufregung: In Reckendorf findet ein Nachbarschaftsstreit seinen eigenartigen Höhepunkt.

Nicht nur Manfred Deinlein denkt bei diesem Anblick unweigerlich an etwas, das längst überwunden schien: "Die Anlage erinnert sehr stark an den Todesstreifen - und das soll sie wohl auch", sagt der Bürgermeister von Reckendorf. Zwischen zwei privaten Grundstücken steht eine Mauer, wie sie viele Grundstücke in Deutschland trennt. Doch der Stacheldrahtzaun, der über die Mauer gezogen wurde, und die "Selbstschussanlage" wecken grausige Erinnerungen.

Eine 45-Jährige trägt so ihren Kampf gegen die Nachbarn aus. Und gegen die Ämter, von denen sie sich im Schatten der 2,40 Meter hohen Mauer nicht ernst genommen fühlt. So formuliert es die Bild-Zeitung, die die Frau auf der Freitags-Titelseite mit Schreckschusspistole und Dogge an der Leine abgelichtet zeigt. Im Hintergrund ist ein Gewehr zu sehen - eine Attrappe, die abschrecken soll. Keiner soll das Grundstück ohne Erlaubnis der Besitzerin betreten dürfen.
Vor dem Haus war sie am Freitag nicht anzutreffen.

Presserummel in Reckendorf

Doch wegen der Anlage war die Polizei am Freitag nicht extra mit einer Streife zum "Brennpunkt" gefahren, vielmehr wegen der Medienmeute, die den Ort am Vormittag heimsuchte. "Die Kollegen haben wegen des Presserummels geschaut, dass alles in Ordnung ist", sagt Alexander Czech, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken. Die Provinz-Posse zieht ihre Kreise.

Das martialische Auftreten der Frau hat auch einige Ängste ausgelöst. Czech: "Die Kollegen haben die Waffen überprüft." Es handle sich dabei um Softair-Waffen, die strafrechtlich nicht relevant seien. Auf dem Grundstück dürfe die Frau diese tragen, solange sie damit nicht aus ihrem Grundstück heraus auf Passanten schieße.

Der Grund ihres Auftretens: Die Mauer, die der Nachbar an der Grundstücksgrenze gebaut hat, sei zu hoch. Die Mauer ist laut Bürgermeister Manfred Deinlein tatsächlich höher als im Bebauungsplan für das Wohngebiet vorgegeben. Allerdings habe die Verwaltung überprüft, ob eine Befreiung vom Bebauungsplan möglich sei. "Vergleichbare Präzedenzfälle gab es bereits, wir sahen deshalb keine Möglichkeit, die Befreiung zu verweigern", sagt Deinlein. Das heißt: Die Höhe ist von Seiten der Gemeinde nicht zu beanstanden. Allerdings stehe noch eine bauordnungs- und sicherheitsrechtliche Überprüfung an.

Landratsamt wird nicht tätig

Auch das Landratsamt Bamberg hat die vorgebrachten Einwände der Frau rechtlich geprüft und mehrere Termine vor Ort vorgenommen, heißt es von der Landkreisverwaltung. "Nach entsprechender Prüfung hat sich das Landratsamt gegen ein Tätigwerden entschieden, da die Mauer die zulässige Höhe nur um zwölf Zentimeter an der Grundstücksgrenze (...) und um 24 Zentimeter zur öffentlichen Straße überschreitet", schreibt eine Sprecherin.

Das will die Frau aber nicht auf sich sitzen lassen. Ein Stacheldrahtzaun war die Antwort, eine Flutlichtlampe und die "Selbstschussanlage" ebenso. Sie müsse zeigen, dass sie wie am Todesstreifen leben muss, weil sie von den Ämtern nicht ernst genommen werde, sagt sie gegenüber der "Bild". Die Nachbarn von nebenan äußern sich nicht, beziehungsweise waren am Freitag ebenso vor Ort nicht zu sprechen.

Deren Grundstück wird von einem kleinen Gartenzaun umgrenzt. Nur zur Nachbarin steht die vor einigen Jahren erbaute Mauer. Ein Teil davon ist noch höher als der Rest: Es ist die Rückseite eines Gartenhauses. Die Mauer soll an der Stelle eine Höhe von 3,75 Meter haben. Die Frau habe bereits dagegen geklagt und recht bekommen, heißt es in der Boulevardzeitung. Doch der Nachbar entferne die Mauer nicht, sagt die Betroffene, die deshalb die Mauer zum "Todesstreifen" machte.