In der ehemaligen Flynn Housing Area geben sich die Handwerker die Klinke in die Hand. Bevor am 15. September die ersten Balkan-Flüchtlinge erwartet werden, müssen Büros für eine ganze Reihe von Behörden geschaffen werden.
Ab 27. August wollte Lorenz Schneider eigentlich den Sommer genießen. Kurz entschlossen hat der selbstständige Schreiner seinen Urlaub gestrichen und einen dringenden Auftrag der Regierung von Oberfranken angenommen.
Sie muss in den nächsten zwei Wochen in der ehemaligen Flynn Housing Area ein kleines Behördenzentrum schaffen: Ehe am 15. September an der Birkenallee die ersten Balkan-Flüchtlinge erwartet werden, sollen die Verwaltungsstrukturen stehen und funktionieren. Stichtag für die Büros ist der 10. September.
Für Schneider kam der Auftrag so überraschend wie für alle anderen Firmen und Handwerker, die seit wenigen Tagen auf dem vorher Menschen leeren früheren Kasernengelände arbeiten. Kein Wunder: Auch die Stadt Bamberg weiß noch nicht lang, dass der Freistaat in einem Teil der ehemaligen Warner Barracks ein Ankunfts- und Rückführungszentrum für Asylbewerber mit geringen Aussichten auf Anerkennung einrichten will.
Am 14. August gaben die Minister Emilia Müller und Joachim Herrmann (beide CSU) - nach intensiven Verhandlungen mit Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) - diese Entscheidung bekannt.
Jetzt muss alles ganz schnell gehen. Zehn Mehrfamilienhäuser, die seit dem Abzug der letzten US-Soldaten vor elf Monaten leer stehen sind, müssen binnen vier Wochen bezugsfertig gemacht werden. Vorrang haben für die Regierung die zwei Gebäude, in denen die Verwaltung der Einrichtung untergebracht wird: Erlenstraße (Alder Street) 1, 3, 5 und 2, 4, 6. Alle Verwaltungsschritte, die mit dem Asylverfahren verbunden sind, werden an Ort und Stelle erledigt.
"Die Leute werden mit Bussen gebracht, steigen aus und kommen hier rein", erklärt Baudirektor Christoph Reichl von der Regierung von Oberfranken, als er am Mittwoch mit Medienvertretern im Hochparterre der Erlenstraße 4 steht.
Die ehemaligen Wohnungen rechts und links vom Treppenhaus werden gerade in zentrale Anlaufstellen mit Kapazität für bis zu 25 Ankömmlingen umgestaltet. Die Menschen würden dort registriert und einer ersten medizinischen Untersuchung unterzogen, so Reichl weiter: Sie bekämen auch gleich Dinge des täglichen Gebrauchs wie Handtuch, Seife und Zahnbürste, ehe man ihnen ihre Unterkunft in Nachbargebäuden zuweisen werde.
Große Umbauarbeiten sind nicht zu sehen. Die Häuser befinden sich laut Regierung in einem sehr guten Zustand. Die Wohnungen müssten im Grunde "nur" gründlich gereinigt, mit Lampen, Rauchmeldern und Möbeln ausgestattet werden.
Die größere Herausforderung bestehe darin, aus ehemaligen Wohnräumen in Windeseile funktionstüchtige Büros zu machen und ein leistungsfähiges Datennetz zu schaffen.
Weil die unterschiedlichsten Behörden mit Außenstellen in die Flynn Housing Area kommen, brauche man nicht weniger als 141 verschiedene Datenleitungen nach außen, betont der Baudirektor und stellvertretende Regie
rungs-Sprecher.
Auch viele neue Arbeitsplätze
Niederlassungen richten unter anderen die Regierung, die zentrale Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das Verwaltungsgericht Bayreuth, die Polizei und das städtische Sozialamt ein.
Im Endausbau dürften um die 200 Personen in der Verwaltung der Erstaufnahmeeinrichtung arbeiten, prognostiziert Oliver Hempfling, der Pressesprecher der Regierung in Bayreuth.
Da sind der Sicherheitsdienst und das Catering-Unternehmen, das die Verpflegung der Flüchtlinge sicherstellen soll, nicht mitgezählt.
Die personell größte Außenstelle dürfte das Bundesamt haben. In der Endausbaustufe werde man rund 100 Beschäftigte in Bamberg haben, teilte Natalie Psuja, eine der Bamf-Sprecherinnen, auf Anfrage mit. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden alle Aufgaben rund um das Asylverfahren übernehmen - von der Antragstellung über die Anhörung bis zur Entscheidung."
Am 15. September sollen die ersten 15 Kräfte ihre Arbeit aufnehmen. Die Stellen hat das Banf bundesweit ausgeschrieben.
Auch die Regierung von Oberfranken sucht Hände ringend Personal. Sie braucht Beamte und Verwaltungsfach-angestellte, medizinische Fachkräfte, Sachbearbeiter, Fachinformatiker, Hausverwalter und Hausmeister, die neben der fachlichen Qualifikation und Englisch-Kenntnissen ein hohes Maß an psychischer und physischer Belastbarkeit mitbringen.
Das geht sehr klar aus den Stellenanzeigen der Regierung hervor, die am Wochenende unter anderem im "Fränkischen Tag" erschienen sind. Außerdem wird von den Bewerbern die Bereitschaft erwartet, "bei Bedarf auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten Dienst zu leisten".
Dienst nach Vorschrift - der sei auch aktuell nicht möglich, merkt Christoph Reichl an. Um die Herkulesaufgabe in Bamberg-Ost bewältigen zu können, hätten manche Regierungs-Beamte und Angestellte in Bayreuth den Urlaub beendet oder erst gar nicht angetreten. Eine Urlaubssperre gebe es nicht.
Für maximal 1500 Menschen wird in der Flynn Housing Area Platz auf Zeit geschaffen. Das Zentrum soll sich nach und nach füllen. Zunächst sind 400 Betten geordert.
Im Innenministerium geht man von einer kurzen Aufenthaltsdauer der Einzelnen aus. Nach vier bis sechs Wochen soll über das Asylbegehren der Ankömmlinge entschieden sein. Die meisten Menschen werden laut Minister Herrmann von der Flynn Housing Area aus wohl direkt die Rückreise antreten.
Stadtwerke arbeiten unter Hochdruck
So lange sie da sind, sollen die Flüchtlinge ordentlich untergebracht und versorgt werden. Um die Erschließung der Häuser kümmern sich die Stadtwerke. Nur dank guter Kontakte zu "den Firmen, mit denen wir auch sonst zusammenarbeiten", sei es möglich, die Arbeiten mitten in der Urlaubszeit zu meistern. Werke-Sprecher Jan Giersberg: "Das kam doch überraschend."
Die Stadtwerke schaffen neue Gasanschlüsse und Gasheizungen für die einzelnen Gebäude und stellen wieder die Strom- und Wasserversorgung her. Die Verwaltungsgebäude erhalten außerdem eine schnelle Internetverbindung über das kommunale Glasfasernetz.
*Große Umbauarbeiten sind nicht zu sehen. Die Häuser befinden sich laut Regierung in einem sehr guten Zustand. Die Wohnungen müssten im Grunde "nur" gründlich gereinigt, mit Lampen, Rauchmeldern und Möbeln ausgestattet werden* - quelle infranken.de vom 26.08.2015
zuerst war die Häuser verseucht, dann waren sie plötzlich in einem Top-Zustand als die Regierung sie brauchte, jetzt können sogar schon kurzfristig Beamte dort residieren...nur den (kleinen) meist kinderreichen Familien hat man sie nicht gegöhnt....... Schilda läst grüßen
Immer wenn ich bei meinen Spaziergängen an der ehemaligen Flynn Housing vorbeikam dachte ich, da muss man doch etwas sinnvolles daraus machen können und nicht das Gelände den Spekulanten überlassen, die dann nur an der Preisschraube drehen und die Gebäude überteuert an Familien mit Kindern oder ähnlich händeringend eine Bleibe Suchende verscherbeln. Auch der Gedanke, bezahlbare Unterkünfte für Studenten zu schaffen kam mir kurzfristig in den Sinn. - Doch dann viel mir ein wie das ablaufen würde: Studenten, die wahrscheinlich annähernd bis zum dreißigsten Lebensjahr und zig Semestern auf dem Buckel die Häuser belegen würden. - Bis 30 vermutlich keinen Cent Steuern bezahlen und dann Berufe haben mit dessen Gehalt man sich den besten Steuerberater der Stadt leisten kann - um dann erst recht Vater Staat nichts für dessen Haushalt abzudrücken. - Bloß nicht!
Etwas Sinnvolles mußte her- und wer hätte es gedacht, ausgerechnet die aktuelle Flüchtlingswelle mit Millionen Menschen die auf der Flucht vor Terror und Gewalt in Ländern Zuflucht suchen, in denen sie alles bekommen was man zum leben benötigt springt in die Presche.
Hunderte von neuen sinnvollen Arbeitsplätzen werden geschaffen, die Handwerker in der Region können mit Staatsgeldern ein Schmuckstück aus der Housing machen und das Wichtigste: Man kann sich endlich richtig um die Flüchtlinge kümmern. Schnelles Internet über das kommunale Glasfasernetz ist das i- Tüpfelchen- natürlich nur für die Verwaltungsgebäude.
Bei so viel Positivem ist mir aber auch noch ein kleiner Negativposten beim Lesen des Artikels aufgefallen. - nämlich das, so steht es im Text: "der Freistaat in einem Teil der ehemaligen Warner Barracks ein Ankunfts- und Rückführungszentrum für Asylbewerber mit geringen Aussichten auf Anerkennung einrichten will." - Warum gibt da immer noch Menschen, die ernsthaft daran denken, die in ihren Heimatländern oft mit dem Tode bedrohten Flüchtlinge wieder des Landes zu verweisen? Wo sollen die denn bloß hin?
MfG
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Wollte man nicht auch das "Cafe` Sandbad" schließen und den JVA-Neubau in das US-Konversionsgelände verlegen? (Bamberger Onlinezeitung vom 30 04.14) Wäre eine gute Idee