In Baunach steht der letzte Bamberger Kugelbirnbaum

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Das Foto von Hermann Schreiweis zeigt die Bamberger Kugelbirne (rechts) und eine ähnlich aussehende Birne der Sorte Mollebusch. Für Laien sind die Unterschiede schwer zu erkennen.
Das Foto von Hermann Schreiweis zeigt die Bamberger Kugelbirne (rechts) und eine ähnlich aussehende Birne der Sorte Mollebusch. Für Laien sind die Unterschiede schwer zu erkennen.
Ausriss aus den "Bayerischen Monatsblättern für Obst- und Gemüsebau" von 1903, in dem die Bamberger Kugelbirne beschrieben ist.
Ausriss aus den "Bayerischen Monatsblättern für Obst- und Gemüsebau" von 1903, in dem die Bamberger Kugelbirne beschrieben ist.
 
Ein Prachtexemplar ist der Bamberger Kugelbirn-Baum, der in einem Privatgarten in Baunach steht. Foto: Uwe Hoff
Ein Prachtexemplar ist der Bamberger Kugelbirn-Baum, der in einem Privatgarten in Baunach steht. Foto: Uwe Hoff
 

Jahrelang suchte der Pomologe Hermann Schreiweis nach der Bamberger Kugelbirne. In Baunach hat er- mit Unterstützung unserer Redaktion - den letzten Baum gefunden, der diese alte Lokalsorte trägt. Jetzt soll sie vor dem Aussterben gerettet werden.

Erst eine DNA-Analyse brachte Hermann Schreiweis die Gewissheit, dass er am Ziel ist: Er hat die Bamberger Kugelbirne entdeckt, besser gesagt wieder entdeckt. Es handelt sich um eine fast ausgestorbene alte Lokalsorte. Der vielleicht letzte Baum steht in der Flur von Baunach und dürfte wenigstens 150 Jahre alt sein. Pomologe Schreiweis forscht seit Jahrzehnten über alte Obstsorten. Die Fränkische Schweiz im weitesten Sinn ist sein Hauptbetätigungsfeld. In der Fachliteratur stieß er eines Tages auf die Lokalsorte Bamberger Kugelbirne.

Einer von zwei Berichten, in denen sie erwähnt wird, stammt von Josef Kindshoven (1873-1951), der Obst- und Gartenbaulehrer in Bamberg war, und erschien in den "Bayerischen Monatsblättern für Obst- und Gartenbau" von 1903. Da heißt es: "Die Bamberger Kugelbirne ist eine Halbbergamotte, mittelgroß, rundlich, grünlich gelb bis gelb, schmelzend, saftig.
Hier wird sie allgemein zum Konservieren sehr gerne gekauft und gut bezahlt." Sie reift erst zwischen Mitte November und Dezember. Das Aussehen des Baums beschreibt Kindshoven so: "..wächst stark, hochkronig, ist in Holz und Blüte hart".

Unbekannte Rarität

Der jetzt bekannte Bamberger Kugelbirnen-Baum in Baunach entspricht ganz diesem Bild. Das Prachtexemplar in Privatbesitz dürfte 15 bis 20 Meter hoch sein. Der Baum steht auf einem Grundstück der Familie von Bürgermeister Ekkehard Hojer und liefert ihr seit Generationen Einmachfrüchte: "Mein Großvater hat immer erzählt, dass der Baum ururalt ist." Um welche Sorte es sich handelt, wusste niemand mehr.

Welche Rarität man mit dem Baum besitzt, hat die Baunacher Familie kürzlich erfahren, als sich Hermann Schreiweis bei ihr meldete. "Meine Mutter hat ihm damals eine Birne geschickt. Dann haben wir lange Zeit nichts gehört," so der Sohn.

Damals - das war über fünf Jahren. Im Fränkischen Tag vom 25. Oktober 2008 hatte die Mutter des Bürgermeisters von den Recherchen des Pomologen gelesen. Aussehen und Beschaffenheit von Baum und Frucht waren so beschrieben, dass Frau Hojer den großen Birnbaum im eigenen Garten darin wieder zu erkennen glaubte. Sie schickte Schreiweis eine Frucht.

Es war schließlich die einzige unter 20 Einsendungen, die sich nicht als Mollebusch entpuppte, berichtet der Experte. Äußerlich und geschmacklich müssen sie sehr verwandt sein, wie Schreiweis der Lokalredaktion schrieb. Zu den äußeren Unterscheidungsmerkmalen für Experten gehört vor allem der Stiel. Bei der Bamberger Kugelbirne ist er schlanker und länger als an der Mollebusch.

Auf dieses Merkmal allein wollte sich Schreiweis nicht verlassen. Er hielt es für möglich, dass die mutmaßliche Bamberger Kugelbirne die Mutation einer Mollebusch war. Deshalb war ihm eine DNA-Analyse wichtig. Die - erschwingliche - Gelegenheit dazu bot sich ihm erst in diesem Winter.

Reiser für Baumschulen

So lange es gedauert hat, bis endgültige Klarheit vorlag, so schnell soll es nun mit der Rettung und Nachzucht der alten Sorte gehen. Die Weichen für ihr Überleben scheinen gestellt.

Hermann Schreiweis hat zwei Baumschulen (die Firma Patzelt in Memmelsdorf, Landkreis Bamberg, und die Firma Schmitt in Poxdorf, Landkreis Forchheim) mit Reisern versorgt, so dass Gartenbesitzer dort vielleicht schon im Herbst 2014 Bamberger Kugelbirnen-Nachwuchs erstehen können. Die Rarität wird erschwinglich sein. In den Baumschulen nannte man auf Anfrage Preise von voraussichtlich 15 bis 40 Euro je Bäumchen, je nach Art der Veredlung.


Kulturgut und Genreservoir

Auch in der Obstsortenanlage des Landkreises, in Lauf bei Zapfendorf, wo schon hunderte andere alte Apfel- und Birnensorten gehegt und gepflegt werden, soll es künftig die Bamberger Kugelbirne geben. Kreisfachberater Uwe Hoff besitzt schon Reiser vom Baunacher Baum.

Man werde versuchen, wie er sagt, diese Lokalsorte in naher Zukunft bei Ausgleichsmaßnahmen im Landkreis zu pflanzen. Denn: "Alte Apfel- und Birnensorten sind ein Stück Kulturgut, sie gehören zu unserer Landschaft".

Ein zweiter, für Hoff freilich nachrangiger Aspekt ist der des Genreservoirs, den alte Sorten darstellen. Er erklärt das am Beispiel der Bamberger Kugelbirne so: "Vielleicht hat sie ja besondere Resistenzen gegen gewisse Birnenkrankheiten. Wenn man zum Beispiel feststellt, dass dieser Baum nicht davon befallen wird, könnte man ihn gezielt einkreuzen. So entstünden neue, widerstandsfähigere Sorten."

Die Bamberger Kugelbirne stellt angeblich keine Ansprüche an den Standort und ihren Besitzer. Sie soll recht pflegeleicht sein. Und sie ist nicht nur eine prima Einweckfrucht; auch zum Mosten und Brennen soll sie bestens geeignet sein. Eine fränkische Brennerei hat beim Entdecker der schon fast ausgestorbenen Sorte schon 70 Bäume in Auftrag gegeben - für einen sortenreinen Schnaps aus Bamberger Kugelbirnen.