Der Luftraum über Bamberg ist zum Transitkorridor für große Verkehrsmaschinen nach Asien geworden. Das fällt besonders in den ruhigen Nachtstunden auf.
"Wahnsinn", schreibt die Frau. "Da ist ja mehr Verkehr als auf einer Bundesstraße." Das Bild, das Brigitte Schmitt der Redaktion geschickt hat, zeigt den "Himmel über
Bamberg an einem ganz normalen Nachmittag. Da ist, muss man sagen, ordentlich was los 10 500 Meter über der Domstadt. Kondensstreifen neben Kondensstreifen überziehen das ansonsten ungetrübte Himmelsblau. Scharf definiert die einen, ausgefranst die anderen.
Das Bild ist alles andere als ein Zufallsprodukt. Man könnte es bei günstigen Wetterbedingungen jeden Tag machen: Die Wasserdampfstreifen mit kurzer Lebensdauer frieren die Flugzeugbewegungen kurz ein. Sie halten einen Moment lang fest, was es bedeutet, in einem Land zu leben, über dem sich einer der verkehrsreichsten Lufträume der Welt erstreckt. Genau genommen sind es knapp 10 000 Flugzeuge, die jeden Tag ihre Bahnen über Deutschland ziehen wie man bei der Deutschen Flugsicherung weiß und anhand der Apps von "planefinder" oder "flightradar" leicht nachvollziehen kann - ein irrwitzig dichtes Strichmuster über einem dicht besiedelten Land. Kaum ein Punkt ist ausgenommen. Und dennoch: Es gibt Fadenkreuze im Netz der Luftstraßen, die besonders oft überflogen werden. Hier gibt es niemals Ruhe.
Ist Bamberg eines davon? Die sensible Eva (55) glaubt zu wissen, dass der Fluglärm über Bamberg in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat. Häufig beim Einschlafen oder am Morgen nimmt sie das dauerhafte Dröhnen ferner Verkehrsflugzeuge wahr, die den Himmel über Bamberg durchschneiden. "Es sind mehr geworden, da bin ich mir sicher", sagt sie.
Rainer Lux ist Fluglärmschutzbeauftragter beim Luftamt in Nordbayern. Er hat seinen Dienstsitz im Tower am Flughafen Nürnberg und kennt die Verhältnisse im fränkischen Himmel wie wenige andere. Lux verweist auf zwei widersprüchliche Sachverhalte. Da gibt es die Statistik, die für die Gesamtzahl der Flugzeugbewegungen seit 2002 zumindest kein galoppierendes Wachstum aufweist. So stieg ihre Zahl in Deutschland in 15 Jahren von 2,5 auf 3,1 Millionen. Ein eindeutigeres Bild legt die Dokumentation der Deutschen Flugsicherung "Der Himmel über Deutschland - Flugspuren eines Tages" nahe. Sie zeigt, dass der Raum nordwestlich Nürnberg in Bayern der meist frequentierte Kreuzungspunkt von Fluglinien ist.
Überflug im Minutentakt
Wie stark der Himmel über Bamberg von internationalen Linien mit Zielen in Asien in Anspruch genommen wird, zeigt der Blick auf die Details. Zum Beispiel der 9. Dezember 2016. Zwischen null und 24 Uhr haben 172 Großraumflugzeuge einen etwa 20 Kilometer breiten Korridor über Bamberg überflogen. Die Liste aller Überflieger belegt: Bamberg liegt an einer Transitstrecke von Westeuropa nach Asien. Etwa ein Drittel der Flieger waren in London gestartet. Zwischen Mitternacht und 1 Uhr überflogen englische Maschinen Bamberg gewissermaßen im Minutentakt. Das ist völlig legal, wie hinzugefügt werden muss, denn nach dem Luftverkehrsgesetz ist die Benutzung des Luftraums frei.
Viele Maschinen am 9. Dezember überflogen Bamberg aus Paris, Brüssel oder Amsterdam kommend, während Jets aus Frankfurt, Düsseldorf, Leipzig oder München nur eine untergeordnete Rolle spielten. Gemeinsam ist: Die meisten steuern Ziele im mittleren Osten an, allen voran Dubai und Doha, beliebte Drehkreuze für den Weiterflug Richtung Asien.Vor allem die Nachtmaschinen gehen ausnahmslos nach Asien.
Freilich: Die exotischen Ziele werden jene nur wenig trösten, die sich vom Lärm der in zehn Kilometern Höhe befindlichen Verkehrsmaschinen gestört fühlen. Wohl auch nicht die Tatsache, dass man die Flugzeuge nur dann wahrnimmt, wenn das Umfeld still geworden ist - in den Abend- und Nachtstunden, wie auch Eva weiß: "Es gibt kaum noch Zeiten, in denen nicht geflogen wird."
Endlich wird dieses leidige, und sich permanent verschlimmernde Thema einmal thematisiert! Es ist ja beileibe nicht nur der permanente, und längst nicht nur für "hörsensible" wahrnehmbare Lärm, sondern auch eine riesige Menge an Abgasen, die Tag für Tag in den Bamberger Himmel geblasen werden. Und ja, die Minimallösung einer Verlegung der Flugruten in deutlich weniger dicht besiedelte Gebiete nur wenige Kilometer weiter nördlich wäre durchaus möglich und sicher nicht die Schlechteste aller Lösungen, wenn man schon nicht Ganz auf das unnötige Herumgefliege verzichten will...
Dass die Flugbewegungen im Luftraum über Bamberg zugenommen haben, vor allem seit der Eiserne Vorhang mit samt seinen Luftkorridoren gefallen ist, liegt auf der Hand. Gott sei Dank sind die modernen Flugzeuge aber „Flüsterriesen“ im Vergleich mit den Düsenmaschinen der 50er und 60er Jahre. Von mehr Fluglärm über Bamberg kann wohl nur der reden, der so wohnt, dass er das Grundrauschen jener 75000-Einwohner-Stadt nicht zu hören bekommt. Und vor allem: weit weg von der Memmelsdorfer Straße, dem Berliner Ring sowie der Bahnstrecke. Der nächtliche Güterzugverkehr ist sicher eine viel größere Lärmquelle. Die Kondensstreifen am Himmel verderben allerdings schöne Bilder vom blauen Himmel über Bamberg und sie sind schlicht Verbrennungsprodukte von Kerosin, Kohlendioxid, Rußpartikel und Wasserdampf. Bei Wikipedia finden sich interessante Informationen auch zur Klimaschädlichkeit der Kondensstreifen und das sollten Vielflieger ruhig mal zur Kenntnis nehmen. Der Rußausstoß der stark zunehmenden Kreuzfahrtriesen ist auch nicht von Pappe (sondern vom Schweröl).
Wer über den Lärm von 10 bis 13 Kilometer hoch fliegenden Maschinen jammert, hat noch nicht im Umfeld eines Flughafens gelebt. Zum Beispiel ist der Flughafen Köln/Bonn (interkontinentales Frachtflugdrehkreuz) der einzige in Deutschland ohne Nachtflugbeschränkung. Anflug- und Startkorridore verlaufen voll über bewohntes Stadtgebiet. Da machen macht man nur ein paar Tage Urlaub, dann freut man sich auf die paar Überflieger von der Breitenau.
Und noch etwas: Kochen wir das Thema Fluglärm nicht hoch, denn der Raum Bamberg ist immer noch kein Tieffluggebiet für trainierende Nato-Jets und auch Ansbach-K(n)atterbach ist weit weg. Der Kenner schweigt und genießt!
Ich gebe Ihnen hier vollkommen recht, mit einer kleinen Korrektur auch der Flughafen Leipzig-Halle hat keine Nachtflugbeschränkung, seit dem Umzug von DHL von Köln nach Leipzig 2008 hat sich der Frachtumschlag dort verzehnfacht.
Neue Maschinentypen die heute auf den Flughäfen vorherrschen wie z.B. A320neo, A330, A350, A380, B737max, B787, B777, B747-8 sind über 90 % leiser als die älteren Flugzeugtypen, der sogenannte Geräuschteppich (das ist die Fläche auf der der Fluglärm deutlich leiser als früher am Boden in normaler Reiseflughöhe zu hören ist) ist nur 1/100 so groß wie bei älteren Maschinen, jeder Schnake nachts im Schlafzimmer ist lauter..
Nur zur Info: von München nach Bamberg braucht eine Maschine bei 270 km/h Startgeschwindigkeit und ständiger steigender Geschwindigkeit bis auf ca. 850 km/h mit zunehmender Höhe ca. 25 Min, d.h. sie hat über Bamberg ihre Reiseflughöhe normalerweise so gut wie erreicht.
Und bei den Luftstraßen handelt es sich um 10 nautische Meilen breite Korridore, die in der Regel immer über Verkehrsflughäfen führen, da es dort für hochfliegende Maschinen am sichersten ist.
Es ist halt Zufall das Bamberg gerade an der Kreuzung von Frankfurt, München, Stuttgart, Leipzig liegt.
Um einigermaßen richtige Daten zu erhalten, sofern die Aufzeichnungen bei Flightradar24 stimmen, habe ich gerade einen Flieger aus München "verfolgt" auf seinem Weg nach San Francisco, der zwar nicht direkt über Bamberg aber ein paar Kilometer weiter östlich unterwegs unser Gebiet überflog, Litzendorf - genauer gesagt. Die Flugzeit seit dem Start in München betrug bis dahin 20 Minuten, die Geschwindigkeit lag bei 436 Knoten und der Flieger, ein Airbus A 340 der Lufthansa, befand sich auf 29.000 Fuß; das ist bei Weitem nicht die Reisehöhe, die bei 39.000 Fuß liegt.
Ein Airbus A 320 von Frankfurt nach Budapest überflog gerade Bamberg in einer Höhe von 28.000 Fuß und war (wohl dank Rückenwind) seit 15 Minuten unterwegs. Geschwindigkeit bereits über 500 Knoten.
Die Angaben sind natürlich ohne Gewähr, aber mit kleinen Abweichungen sollten die schon der Realität recht nahe kommen.
Ein interessantes Thema ist es allemal.
@newsticker
Du überrascht mich immer wieder, oft "na ja" aber manchmal auch wirklich positiv. Habe vor vielen Jahren in Düsseldorf, die haben da eine sehr schöne Freiluft-Aussichtsterrasse, eine alte 737 starten sehen, als dieser Flugzeugtyp noch die langen Triebwerke besaß, da sind einem beim Start trotz weiter Entfernung bald die Ohren weg geflogen. Eine 747, die 10 Minuten später abhob, war dagegen ein Flüsterjet und brauchte dazu noch ein ganzes Stück weniger Startbahn zum Abheben. Dürfte so in etwa Mitte der 80er Jahre gewesen sein.
Mein Kommentar wurde leider gesperrt weil ich hier jemanden beleidigt haben soll,
das habe ich mit keinem Wort getan. Ich hab nur hinterfragt warum man solche schlecht recherierten Berichte veröffentlicht. Leider macht der FT alles um seinen mittlerweile nicht mehr guten Ruf zu festigen.
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