Abgeordneter Andreas Schwarz als Praktikant im Gaustadter Seniorenheim

3 Min
Aushilfe im Seniorenheim: MdB Andreas Schwarz schenkt einer Bewohnerin ein. "Sie sagen stopp", meint er. Foto: Matthias Hoch
Aushilfe im Seniorenheim: MdB Andreas Schwarz schenkt einer Bewohnerin ein. "Sie sagen stopp", meint er.  Foto: Matthias Hoch

Der Abgeordnete Andreas Schwarz hat einen Vormittag lang als Praktikant in St. Josef, einem Caritas-Seniorenheim, mitgeholfen.

Kaffee einschenken, Obst schnippeln, Tische abwischen, zuhören. Da hat MdB Andreas Schwarz (SPD) bei seinen Sommertouren in diversen Einrichtungen schon anders ranklotzen müssen als im Caritas-Seniorenheim St. Josef. Dafür hat ihm hier eine resolute 92-Jährige pointiert gesagt, was es in der Pflege generell braucht und in der Gaustadter Einrichtung ganz konkret: Mehr Geld, gerade für außergewöhnliche Heime, die ihren Bewohnern beispielsweise eine Grünoase bieten, aber Unterstützung für deren Pflege brauchen.

Gleich nach dem Kindergarten am Sylvanersee und in Richtung Schützen liegt die Caritas-Einrichtung mit 55 Bewohnern, die in fünf Hausgemeinschaften leben und von 58 Kräften versorgt werden. Die Besonderheit: Indische Schwestern, acht Franziskanerinnen, die auch im Gebäude leben, wie Barbara Blecha (Caritas-Fachberatung, Bereich Trägereigene Einrichtungen) erklärt. "Wir wohnen im dritten Stock", merkt dazu freundlich Schwester Salini an, stellvertretende Pflegedienstleitung.

Bevor's zur Sache geht, wird dem prominenten Praktikanten in der gemütlichen Sitzecke Cappuccino serviert. Zusammen mit einer kleinen Auswahl an Lebensgeschichten. Weil viele Bewohner aus dem Landkreis kommen, sind dem früheren, langjährigen Strullendorfer Bürgermeister etliche Bewohner noch persönlich bekannt. Dass hier biografieorientiert gearbeitet wird, begrüßt er ausdrücklich. "Da habe ich schon ganz anderes gesehen."


Großteil der Bewohner dement

Es dauert, bis ein passendes Praktikanten-Hemd gefunden ist. Dann darf Andreas Schwarz in der Tagespflege ran. 80 Prozent der in der Einrichtung stationär oder ambulant Betreuten sind dement, lässt Barbara Blecha wissen, die hier selbst zwölf Jahre lang gearbeitet hat.

Viele Hände schüttelt Andreas Schwarz mehr oder weniger fest. Er stellt sich der Runde als Bundestagsabgeordneter vor, der heute Praktikant ist. Wer damit wirklich etwas anfangen kann, lässt sich nicht sagen. Kaffee, Milch, Zucker da, ein paar Gläser Saft dort. "Hier kommt die Milch, Sie sagen stopp." Der große Blonde huscht dienstbeflissen hin und her. Ein älterer Herr erklärt, dass er schlecht hört und schlecht sieht und deswegen nicht so unter die Leute kommt. Schwarz nickt, legt ihm mitfühlend die Hand auf die Schulter.

Dann ist Gottesdienst in der Hauskapelle. Auf dem Weg dorthin befindet sich der ältere Herr einer der Wohngemeinschaften. Er kennt Schwarz - "einen Bleistift habe ich mal von Ihnen gekriegt" - entschuldigt sich und entschwindet.

In den beschützenden Bereich kommt man nur mit Zahlencode. Hier wohnen Menschen, die "irgendwo hinlaufen wollen", erklärt Beate Schmee, gerontopsychische Fachkraft, dem Praktikanten. Wie bei jeder Hausgemeinschaft im Heim spielt sich der Alltag rund um die zentral gelegene, offene Küche ab. Angrenzend zwei große Tische und im Anschluss daran eine Art Wohnzimmer. Der Gottesdienst flimmert über den Fernsehschirm. Frau D. ruft nach ihrer Anna. Immer wieder.

Auf dem Herd köcheln Kartoffeln vor sich hin, es duftet nach Sauerkraut. Nachtisch: Obstsalat, verheißt die Tageskarte auf der Tafel. Eine prima Aufgabe für Frau G., findet Beate Schmee. Denn in diesem Heim darf jeder das einbringen, was er noch kann. Und genau das soll möglichst lange so bleiben, ergänzt Barbara Blecha.


Es braucht mehr Geld

Doch je mehr einer kann, desto niedriger die Pflegestufe. Freilich ist gerade der Erhalt der Fähigkeiten zeitintensiv. "Der Aufwand schlägt sich nicht im Pflegeschlüssel nieder", fasst die Fachfrau zusammen. "Ich verstehe", notiert Schwarz sich gedanklich im Bereich Pflegereform. Es braucht also mehr Geld. Was die Praktiker von der Generalisierung in der Ausbildung (also die gleiche für Kranken- und Altenpflege) halten, interessiert Schwarz, während er weiter an der Seite von Frau G. schnippelt. "Wir wissen nicht, was auf uns zukommt," antwortet Barbara Blecha.

Frau G. ist fix im Schnippeln, gibt Schwarz ihr anerkennend zu verstehen. Zu jedem Schnitz Apfel, Pfirsich, Traube ein Stück Lebensgeschichte. Vom Akkord in der Fabrik, dem tödlichen Unfall von Mann und Tochter. Hinten ruft Frau D. immer noch nach Anna. Eindrücke, die sich eingraben.

Dann ist Zeit für die Gesprächsrunde in einem zentralen Raum im Parterre. "Ich mache meine Besuche immer, um zu erfahren, greift das, was wir tun und um zu merken, wo fehlt es", leitet Schwarz ein. Er bekommt die prompte Erwiderung von der 92-jährigen Dame ihm gegenüber. Schwarz kennt sie als politische Pionierin aus der Nachbargemeinde. Hilfe bei der Gartenarbeit, die der Hausmeister nicht auch noch leisten kann. "Da muss die Regierung bei der Pflegesatzverhandlung kulanter sein", folgert der Praktikant.


Abwechslung und Einblicke

Und weiter geht es in einem anderen Wohnbereich, wo er weitere Senioren trifft und das Personal bei der Mittagsarbeit unterstützt: Essen auftragen, Tische abwischen und immer wieder ein persönliches Wort. Der Arbeitsvormittag geht zu Ende mit Abwechslung für die Bewohner und Einblicken für den Praktikanten. Das Pflegerhemd lässt Andreas Schwarz da. Die Anliegen jedoch nimmt der Bundestagsabgeordnete, wie er zusichert, mit.