Humor als Überlebensstrategie

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Hazel Brugger in den Haas-Sälen Fotos: Barbara Herbst
Hazel Brugger in den Haas-Sälen Fotos: Barbara Herbst
 
 
 
 

In ihrem ersten Soloprogramm "Passiert" bietet Hazel Brugger nihilistische Welterklärung und absurden Spaß.

Björn Höcke müsste nur jeden Morgen in Ruhe seinen Schnäbi betrachten. "Dann", sagt Hazel Brugger, "würde die Welt zu einem besseren Ort werden." Schnäbi so heißt in der Schweiz der nicht erigierte Penis. Und so wie der aussehe, sei das ein Beweis, sagt Brugger, dass Gott Humor habe: "Wie ein kleiner, kleiner Mann, der eine Geschichte erzählt, die nicht gut ist."

Der Schnäbi sei mithin auch der Grund dafür, dass Männer mehr Humor hätten als Frauen. "Sie sind jeden Tag mit dem lustigsten Bild der Welt konfrontiert." Als offensichtlich lustige Frau bezeichnet Hazel Brugger sich selbst als Ausnahme. Und überhaupt, der Humor: "Niemand", sagt sie, "der normal ist, braucht Humor." Humor ist für Brugger so etwas wie eine Überlebensstrategie. Sie möchte im Publikum die Gefühle hervorrufen, die sie selbst nicht empfinden könne.

In den Haas-Sälen gelingt ihr das am Mittwochabend sehr gut. Die 23-jährige Kabarettistin, unter anderem bekannt aus der Heute-Show im ZDF, ist mit einem seltsam unfränkisch-vorlautem Publikum konfrontiert. Es gibt sogar übermütige Zwischenrufe. Aus der Schweiz sei sie, aufgewachsen im Zürcher Unterland, das nicht gewohnt: "Dort klatschen die Menschen sogar schriftlich."

Aber vielleicht hat sie die Bamberger auch einfach ein wenig wachgerüttelt durch die kleinen Provokationen und Sticheleien zum Anfang, die sicherlich jede Stadt, die sie betourt ertragen muss. "Bamberg", sagt sie, "ist voll okay. Wenn man so am Fluss entlang läuft und kurz vergisst, dass man in Bamberg ist." Und: "In New York merkt man erst mit 30, dass es sich lohnt, sich umzubringen, in Bamberg schon mit fünf."


Schonungslos

Hazel Brugger ist - aber über welchen guten Kabarettisten würde man das nicht sagen? - schonungslos. Immer bösartig, manchmal schmutzig. Sie bietet nihilistische Welterklärung und stilisiert sich selbst als durch und durch neurotische Menschenfeindin. "Transsympathisch", nennt sie das: "Eine sehr, sehr nette Person, gefangen im Körper einer sehr unsympathischen."

Es geht daher an diesem Abend naturgemäß viel um den Tod. Sie habe Angst, sagt sie, nach dem Tod vergessen zu werden. Wahrscheinlich stellt sie sich deshalb auf die Bühne. Die klassische Idee davon, dass es etwas übrig bleibt, von der Kunst, die man fabriziert. Um die Realität des Todes zu relativieren, bedient sich Brugger eines Mantras, das eigentlich von Snoopy stammt: "Eines Tages stirbt man, aber davor stirbt man immer wieder nicht." Der Tod sei demnach statistisch gesehen absolut zu vernachlässigen.


Rasierte Tiere

So pendelt das erste Soloprogramm von Hazel Brugger schön ausgewogen zwischen fast philosophisch-düsterem und absurdem Spaß. Um zu relaxen stelle sie sich gern rasierte Tiere beim Sport vor, erzählt sie. Und Katzenmumien im ägyptischen Museen sehen so aus wie die Pfeffermühle, die man der ungeliebten Schwägerin zu Weihnachten schenkt. In einem sehr alten Schlafanzug.

Hazel Brugger ist zweifellos eines der größten Talente der deutschen Comedy, ganz einfach, weil sie klüger ist als die meisten anderen, die auch für Geld auf Bühnen stehen und Witze machen: keine Merkelfrisur-Witze, keine Baumarkt-Witze, keine Anstalt-mäßige politische Besserwisserei; sehr angenehm und selten. "Ich würde auch dann noch auftreten", sagt sie, "wenn keiner mehr käme. Aber das wäre dann eine psychische Störung."