Ironie der Geschichte: Ausgerechnet ein ehemaliger Domherrenhof könnte Standort des Hexenbrenner-Museums von Ralph Kloos werden. Die Besitzerin der Karolinenstraße 24 in Bamberg unterstützt die Pläne des Aussteigers und Computer-Freaks.
"Bei uns fließt kein Blut. Bei uns hören Sie keine Todesschreie", verspricht Ralph Kloos. Das braucht es seiner Ansicht nach nicht, um Menschen in sein künftiges Museum zu bringen: Der Bamberger mit Hauptwohnsitz auf den Kanarischen Inseln (Fuerteventura) recherchiert seit Jahren über die Hexenverfolgung, einem der dunkelsten Kapitel des ehemaligen Hochstifts Bamberg.
Ein
virtuelles Hexenbrenner-Museum hat er gemeinsam mit einem 26-köpfigen Team schon geschaffen. Es steht Internet-Nutzern und I-Pad-Besitzern offen, die bereit sind, dafür Eintritt zu bezahlen.
Ein klassisches Museum, in dem freilich modernste Medien eingesetzt werden sollen, ist Kloos' nächstes Ziel. Wie das aussehen könnte, will der 54-Jährige ansatzweise am kommenden Sonntag zum "Tag des offenen Denkmals" in der Karolinenstraße 24 zeigen.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass sich die Realisierung seiner Museums-Pläne ausgerechnet in einem ehemaligen Domherrenhof abzeichnet. Das Anwesen steht seit geraumer Zeit leer und seine Eigentümerin, die Architektin und Denkmalpflegerin Irmgard Belz aus Kühlenfels in der Fränkischen Schweiz, kann sich eine museale Nutzung gut vorstellen. Am Sonntag tritt sie als Mitveranstalterin auf.
Für Kloos wäre das Einzeldenkmal "die Top-Location". Es steht nur einen Katzensprung vom Dom entfernt und damit im Zentrum des früheren Hochstifts Bamberg, dessen Fürstbischöfe in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine gnadenlose Jagd auf angebliche Hexen veranstaltet haben. Über 1000 Menschen wurden angeklagt, gequält, zu falschen Geständnissen gezwungen und schließlich verbrannt.
Einen grauenvollen Höhepunkt erlebte die Hexenverfolgung in Bamberg anno 1627, als eigens ein Hexengefängnis, das Malefizhaus, gebaut wurde.
Ein Kupferstich vom ehemaligen Malefizhaus, der Kloos um die Jahrtausendwende unterkam, weckte seine Neugier für ein Kapitel Stadtgeschichte, das ihm bis dahin unbekannt war. Je mehr er sich mit der Materie befasste, umso größer scheint seine Empörung darüber gewachsen zu sein, dass angeblich niemand in Bamberg sich öffentlich und offensiv mit der Hexenverfolgung auseinandersetzen mochte. Er fordert: "Mit dieser Vertuschung muss endlich Schluss sein!"
Die Themenwochen zu den Hexenprozessen, die städtische Einrichtungen 2012 veranstaltet und die in der Öffentlichkeit großes Interesse gefunden haben, können seiner Meinung nach nur ein Anfang gewesen sein. Er kritisiert, dass Bamberger Kinder in der Schule bis heute nichts über die Rolle der Welterbestadt in der Zeit der Hexenverfolgung erfahren würden und dass das Thema den ungezählten Bamberg-Besuchern verheimlicht würde.
"Muss sich doch keiner schämen"
Die Vorbehalte, auf die Kloos nach eigenen Angaben mit seinem Vorstoß für einen anderen Umgang mit diesem Geschichts-Kapitel bislang stößt, ärgern und wundern den Wahl-Spanier. Einerseits, "dass die eine Mördergrube aus ihrer eigenen Vergangenheit machen, die heute etwas zu sagen haben". Andererseits, weil sich 370 Jahre später von den heute Lebenden "doch keiner schämen muss".
Er zeigte sich im FT-Gespräch wild entschlossen, seine Museumsidee gegen alle Widerstände zu verteidigen und umzusetzen. Bamberg wird seiner Meinung nach sogar wirtschaftlich davon profitieren, weil er glaubt, dass so
eine Ausstellung eine zusätzliche Attraktion wäre.
Das Museum zu finanzieren ist nach Auskunft des 54-Jährigen kein Problem. Angeblich gibt es "finanzstarke Leute im Hintergrund, denen das (Museum,
die Red.) 'was wert ist".
Aus eigener Tasche könnte Kloos das Projekt nicht stemmen. Er verdient seine Brötchen auf Fuerteventura als Computer-Freak, bezeichnet sich als "selbstständig". Grinsend fügte er im Redaktionsgespräch hinzu: "Schreiben Sie ,sehr selbstständig'!"
Dass sein Museums-Projekt ein Rachefeldzug gegen seine Heimatstadt Bamberg sein könnte, nennt Ralph Kloos ein Gerücht. Ja, sagt er, er habe sich 1992 nach Spanien abgesetzt, weil ihm damals eine Freiheitsstrafe drohte. Aber ihm nachzusagen, er wolle Bamberg schaden, indem er dieses unrühmliche Stück der Stadtgeschichte ans Tageslicht holt - das sei abwegig.
Mehr Infos gibt es auf der Website des
Hexenbrenner-Museums Bamberg.
Auf iTunes finden Sie das
E-Book "Hexenbrenner" von Ralph Kloos.
Dass Herr Kloos behauptet, das Thema Hexenverfolgung werde den Bamberg-Touristen verheimlicht, macht ihn und seine ganze Absicht unglaubwürdig. Jeder Tourist, der sich im Internet über das Angebot von Stadtführungen informiert, erfährt von der Tour "Von Truden und dem Hexenbrenner" (jeden Freitag und Sonntag). Auch bei einer Reihe anderer Touren kommt das Thema zur Sprache. Touristen, die erstmals oder einmalig nach Bamberg kommen, wollen sich nicht hauptsächlich mit dem dunkelsten Kapitel des späten Mittelalters beschäftigen.
Auch die Behauptung, dass Bamberger Schulkinder nichts über das Thema Hexenverfolgung in ihrer Stadt in der Schule erführen, hält einer Prüfung sicher nicht stand: Vielleicht steht es nicht in den Lehrplänen (die nicht von der Stadtverwaltung oder dem Domkapitel festgelegt werden), aber dass kein Lehrer je darauf zu sprechen kommt, würde ich nicht behaupten. Kann Kloos seine These beweisen? Kinder kennen das Thema Hexenverbrennung üblicherweise aus dem Märchen; es dann geschichtliche Realität werden zu lassen, das muss man sich als Lehrkraft gut überlegen. Wie alt und reif sollten Kinder sein, um diesen Teil der Stadtgeschichte zu verkraften?
Und dann kommt vielleicht die kindliche Gegenfrage: War das nur in Bamberg? Antwort: Leider nein. Es gab in Europa noch weit schlimmere Exzesse gegen Hexen. Außerdem: Hoch verehrte Gestalten der Menschheitsgeschichte forderten die Hexenverfolgung. Zum Beispiel Martin Luther: "Die Zauberinnen sollen getötet werden, weil sie Diebe sind, Ehebrecher, Räuber, Mörder … Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.“ (lt. Wikipedia aus Luthers Predigt vom 6. Mai 1526), Auch lutherische Landesfürsten haben sich dann in der Sache ereifert...
Heute daraus - wie Herr Kloos meint - eine einträgliche Attraktion machen zu wollen, ist verwerflich. Bamberg braucht kein kommerzielles Gruselkabinett.
Den Täter zieht es immer an den Ort seiner Tat zurück.
In diesem Fall mit tatkräftiger Unterstützung des Fränkischen Tages.
Hat man sich hier schon mal Gedanken über die Tat des Herrn Kloos und seiner damaligen spektakulären Flucht gemacht? Weiß man wie sich heute die Opfer bzw. Geschädigten des Herrn Kloos fühlen?Hat dieser wirklich so einen "großen Bahnhof" im FT für seine Selbstdarstellung verdient?
Was hat er denn gemacht? Muss man den kennen?