Am Freitag fällt das Urteil im Schwurgerichts-Verfahren gegen einen 49 Jahre alten Forchheimer wegen versuchten Mordes. Der Gutachter geht nicht von einer Affekthandlung aus und glaubt, dass der Angeklagte uneingeschränkt schuldfähig war.
Beging Klaus A. (Name von der Redaktion geändert) einen versuchten Mord oder war es "nur" eine Körperverletzung, als er am 28. Mai 2013 seinem Bauleiter und Nebenbuhler mit einem Hartgummihammer von hinten auf den Kopf schlug?
Die Antwort will die Zweite Strafkammer des Landgerichts als Schwurgericht am Freitag geben: Für 9.30 Uhr kündigte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt das Urteil in einer Hauptverhandlung an, die vom ersten Tag an außergewöhnlich viel Publikumsinteresse fand.
Auch am Donnerstag, Tag drei seit der Neuaufnahme des Ende 2013 zunächst "geplatzten" Prozesses, wohnten zahlreiche Angehörige und Freunde des Angeklagten bei.
Sie hörten die Plädoyers und das mit Spannung erwartete Gutachten von Wolfgang Göbel (Würzburg) zur Schuldfähigkeit des Angeklagten (49) aus Forchheim.
Göbel, Facharzt unter anderem für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalytiker und Psychotherapeut, ließ keinen Zweifel daran: Was sich Klaus A. zu Schulden kommen ließ, war eine "ihm völlig wesensfremde Tat". Hinweise darauf, dass der bis dahin unbescholtene vierfache Vater und Arbeitgeber von seinerzeit 14 Fliesenlegern nicht wusste, was er tat, fand der Sachverständige aber keine.
Auch wenn er am Vortag die Gewissheit erlangt hatte, dass seine Frau ein Verhältnis mit dem Bauleiter hatte: Daraus allein lässt sich laut Göbel keine Affekttat ableiten.
Was A. widerfahren ist, nämlich, dass sich der Ehepartner abwendet, passiere täglich unzähligen Menschen in Deutschland, so Göbel.
Und er gab zu verstehen: Wenn in so einer Situation alle ausrasten würden, "hätten wir ja nur noch Friedhöfe".
Ein Mann wie der beruflich erfolgreiche und laut Gutachten "über Gebühr leistungswillige und -fähige" Angeklagte müsse mit so einer Situation anders fertig werden. Der Facharzt verwies auch auf Urteile des Bundesgerichtshofs, wonach das Scheitern einer Ehe zu den mehr oder weniger normalen "Lebensbelastungen" zähle.
A. stand damals vor dem Scherbenhaufen seines Lebens. Darin waren sich Oberstaatsanwalt Bernd Lieb, die Rechtsanwältin Christine Leuker als Vertreterin des Opfers und Nebenklägers sowie A.s Verteidiger Jochen Dotterweich einig: Seine große Liebe wollte sich endgültig von ihm trennen, er sah das Aus für den Betrieb, in dem die Frau stets mitgearbeitet hatte.
Bei der Bewertung der Fakten, Zeugenaussagen und teils abweichenden Angaben von Täter und Opfer zeigten sich in den Plädoyers jedoch deutliche Unterschiede.
Der Anklagevertreter blieb beim Tatvorwurf des versuchten Mordes und beantragte viereinhalb Jahre Freiheitsstrafe. A. hat seiner Meinung nach den Tod des anderen billigend in Kauf genommen. Ein Werkzeug wie das von ihm eingesetzte sei per se lebensgefährlich. Das habe der Angeklagte ganz genau erkannt. Warum sonst, so fragte Lieb, hätte er den Hammer in den Kanal geworfen?
Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern hatte in einer leeren ehemaligen Ausstellungshalle des Fliesenbetriebs begonnen und sich dann in den Hof verlagert. A. hatte, soweit waren sich die Prozessbeteiligten einig, das Gespräch mit seinem Bauleiter gesucht und ihn schließlich mit dem Vorwurf konfrontiert, Liebhaber seiner Frau zu sein.
Ob dieser Vorhalt vor oder nach dem ersten Schlag kam, blieb strittig.
Verteidiger Dotterweich zog sein Plädoyer an der vergleichsweise glimpflichen Kopfplatzwunde auf, die das Opfer davon trug. Hätte sein Mandant den Kontrahenten töten wollen, hätte er seinen Worten zufolge dazu Gelegenheit gehabt, betonte er: Der Andere habe die Halle verlassen wollen, da hätte A. mit voller Wucht zuschlagen können.
Er habe aber "ohne Vernichtungswillen" gehandelt, dem anderen nur einen Denkzettel verpassen wollen. Deshalb plädierte Dotterweich "nur" für eine Verurteilung wegen Körperverletzung und höchstens zwei Jahre Strafe. Angesichts des tadellosen Vorlebens seines Mandanten beantragte er, sie auf Bewährung auszusetzen.
Christine Leuker plädierte ohne konkreten Strafantrag.
Wie sie sagte, liegt dem Opfer nicht an einer möglichst langen Strafe: "Ihm ist ein möglichst gerechtes Urteil wichtig." Dem Angeklagten hielt sie Selbstmitleid vor und, dass er sich nicht entschuldigt hat. Das sei ihm "hier im Saal" nicht möglich gewesen, erwiderte A. in seinem Schlusswort. Und: "Es tut mir von Herzen leid, dass es passiert ist."